Mit großen Ambitionen ist der neue Spartensender ZDF Kultur vor einer Woche auf Sendung gegangen und wollten ein verändertes Lebensgefühl auf den Bildschirm bringen. ZDF-Kultur-Koordinator Daniel Fiedler zieht im Interview eine erste Bilanz.
Herr Fiedler, seit vergangenem Samstag ist der Digitalkanal ZDF Kultur auf Sendung. Sind Sie ihren Ansprüchen gerecht geworden, Hoch- und Popkultur miteinander zu verbinden?
Daniel Fiedler:Der Start mit den Beastie Boys war ja auch programmatisch: Make some noise. Es ist auf Anhieb aufgefallen, dass das ZDF mit einem ganz neuen Kulturbegriff an den Start geht. So etwas hat man uns schlichtweg nicht zugetraut. Wir haben die Welt gerne mit ZDF Kultur überrascht.
Welche Zuschauerreaktionen gab es? Haben sich Fans des bisherigen ZDF-Theaterkanals beschwert?
Fiedler:Wir haben aus dem Stand heraus unglaubliche Reaktionen. Unsere Facebook-Seite steuert nach wenigen Tagen auf 3 000 Fans zu. Und wir werden überhäuft mit Lob, mit Kritik, mit Anregungen. Der Dialog, der uns so wichtig war, er läuft. Und die bisherigen Theaterkanalzuschauer haben mit den Nachmittagen und dem Donnerstagabend ein reichhaltiges Programmangebot. Und das finden sie auch.
Ist das tägliche 15-minütige Kulturmagazin „Marker“ schon gelungen? Das ist ja ein wichtiger Baustein des Kanals – dort sollen Alltagsthemen aus einer besonderen Perspektive beleuchtet und dabei auch Social-Media-Foren genutzt werden.
Fiedler:Der „Marker“ hat gleich zu Beginn besonders viele Fans gefunden. In der ersten Woche moderierte Lukas Koch den Marker, Jo Schück und Rainer Maria Jilg haben die beiden Premieren-„Marker“ am vergangenen Wochenende präsentiert. Wir sind uns sicher: Hier ist uns was ganz Besonderes gelungen, das sich weiter entwickeln wird.
Vor Beginn wurde kritisiert, dass das ZDF zwölf Millionen Euro in diesem Jahr für einen Sender mit kaum messbaren Einschaltquoten ausgibt. Wie waren die Zuschauerzahlen in der ersten Woche – und ist es gelungen, vor allem Jüngere anzusprechen?
Fiedler: ZDF Kultur wird von der Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung noch nicht detailliert ausgewiesen. Die ersten Tendenzen zeichnen sich jedoch ab: Wir haben mehr und jüngere Zuschauer, als sie der Theaterkanal hatte.
Sie wollen sich ja keinem Quotendruck beugen…
Fiedler: …Sowieso nicht. Wir sind in der Launch-Phase, da geht es darum, ZDF Kultur überhaupt zu etablieren und unsere selbst gesteckten Ziele zu erreichen: Spielerisches und junges Kulturfernsehen zu machen.
Gibt es nicht zu viel Kultur im deutschen Fernsehen und zum Beispiel zu wenig Sendungen für Jugendliche?
Fiedler: Also, zu viel Kultur kann es im Fernsehen gar nicht geben. Und dass wir jung sein können, das haben wir in den vergangenen Tagen mit ZDF Kultur ja wohl bewiesen.
In den ersten Tagen ärgerten sich Zuschauer über ein Retro-Design alter Klassiker mit einem schwarz-grünen Rahmen. Was hat es damit auf sich?
Fiedler: Der Rahmen visualisiert die Sehgewohnheiten der 80er. Alte Serien in 4:3 auf dem Plasmaschirm zu gucken, das ist unnatürlich. So sahen sie nämlich nie aus. Der Rahmen bringt uns die Optik des guten, alten Röhrenfernsehers zurück – so sah man „Dalli Dalli“ eben früher. Wir haben also keinen Knall, sondern sind hier ganz traditionsbewusst. Ein Fernsehexperiment mit dem Blick zurück.
Werden Sie nach der ersten Woche etwas verändern? Gab es zum Beispiel zu viel unkommentierte Live-Musik? Was ist besonders gut gelungen, was soll besser werden?
Fiedler: Zu Änderungen sehen wir keinen Anlass, wir haben ja noch nicht mal alle Formate an den Start gebracht, die in der Entwicklung sind. „TV Noir“, „zdf@bauhaus“, „Die Welt von Vice“, das kommt ja alles noch. Und die Musikprogramme erweisen sich wirklich als Magnet.
[Rolf Westermann]
Bildquelle:
- Inhalte_Fernsehen_Artikelbild: Destina - Fotolia.com