„Barbie“-Star Margot Robbie in einem Drama nach wahren Begebenheiten: „I, Tonya“ über die skandalumwitterte Eiskunstläuferin Tonya Harding läuft am Mittwoch im Free-TV.
Wer sich in den 1990er Jahren auch nur entfernt für Sport interessiert hat, hat dieses Bild noch vor Augen: Eine junge Frau in einem engen weißen Kleid sitzt weinend auf dem Boden und hält sich das Knie. Sie schreit um Hilfe, fragt auf Englisch alle um sie herum kreischend nach dem Warum: „Why?“. Mehr als 30 Jahre ist es inzwischen her, dass am 6. Januar 1994 das Bein der Eiskunstläuferin Nancy Kerrigan mit einer Eisenstange zertrümmert wurde.
Später stellte sich heraus, wer mutmaßlich hinter diesem Anschlag steckte: Tonya Harding, Teamkollegin und Widersacherin der glorifizierten Kerrigan. Harding, mit blonden Haaren und aus einfachen Verhältnissen im Süden des Landes, wurde von den Medien
stets mit einem dicken Pinselstrich Proletentums gezeichnet. Sie war in der öffentlichen Erzählung das perfekte Gegenstück zu ihrem Opfer,
dem dunkelhaarigen, filigranen und als liebenswürdig beschriebenen „All American Girl“ aus dem wohlhabenden Nordosten der USA. Die böse Satire „I, Tonya“ rollte 2017 den wohl schlagzeilenträchtigsten Sportskandal der USA mit exzellenten Schauspielern neu auf, sie läuft am Mittwoch um 20.15 Uhr auf Arte.
„I, Tonya“ wurde Oscar-prämiert
Schnell ist dabei klar, dass der Film von Craig Gillespie (Regisseur des charmanten Indie-Hits „Lars und die Frauen“) nicht um die
Herkunft Hardings herumredet. Die Protagonistin, fantastisch gespielt von Margot Robbie („Barbie„), sitzt zu Beginn in Cowboystiefeln am heimischen Küchentisch, Zigarette in der Hand und eine riesige Tasse neben sich. Mit großem Eifer erzählt sie in getürktem Doku-Stil ihre Geschichte direkt in die Kamera: „Für eine Weile wurde ich geliebt. Dann wurde ich gehasst. Dann war ich nur noch eine Lachnummer.“
Auf die gleiche Art werden zu Beginn die anderen Charaktere eingeführt, die im Film wie in der wahren Geschichte eine Rolle
gespielt haben. Hardings Liebhaber Jeff (Sebastian Stan), der schließlich den tumben Attentäter Shawn (Paul Walter Hauser)
anheuert, um Kerrigan zu verletzen, bekommt genauso seine Chance, die Geschichte zu erzählen, wie Journalisten und ehemalige Trainer. Das Set-up funktioniert gut als dramaturgischer Kniff, um die Frage danach zu stellen, wer über Wahrheit und Lügen in der eigenen Biografie bestimmen darf.
Niemand überzeugt jedoch so sehr wie Allison Janney als Hardings fürchterlich ehrgeizige Mutter LaVona Golden. Egal, ob an der
Eisfläche, als Aufpasserin beim ersten Date im Diner oder auf der heimischen Couch mit Papagei auf der Schulter, den sie trotz mehrerer
Ehen als „einzige wahre Liebe ihres Lebens“ bezeichnet. Die in den USA vor allem als TV-Schauspielerin vergötterte Janney gewann dafür
zurecht den Oscar als beste weibliche Nebendarstellerin.