In Deutschland hat es Bezahlfernsehen schwer. Der Branchenprimus nimmt mit Sky Go einen neuen Anlauf, um Erlöse zu steigern und Abonnenten zu verwöhnen. Warum der Sky-Ansatz funktionieren und den Markt der Videoportale aufmischen könnte, hat DIGITALFERNSEHEN.de untersucht.
Das neue Geschäftsmodell ist schnell erklärt: Mit Sky Go erhalten Abonnenten des Pay-TV-Senders für zusätzliche 12 Euro pro Monat einen zweiten Empfänger samt Smartcard und den Zugriff auf eine riesige Online-Mediathek (DIGITAL FERNSEHEN berichtete). Das Zweitabo unter dem alten Namen „Multiroom“ gab es schon früher, der Reiz von Sky Go liegt klar bei den zusätzlichen Internetangeboten.
Sky-Vorstandchef Brian Sullivan zeigte am Donnerstagabend in Berlin vor der versammelten Fachpresse und zahlreichen Prominenten, was Sky Go ab Sommer auf dem iPad von Apple kann. Bisher haben Abonnenten dort lediglich Zugriff auf die Sportkanäle des Anbieters – das soll sich bald ändern. Unter den Schlagworten „Smart“, „Social“ und „Seamless“ will man alle modernen Kommunikationswege miteinander verknüpfen.
So werden wie selbstverständlich auch die Filmangebote in die App intergriert. Auf Knopfdruck können Kunden dann zusätzlich ohne weitere Abrufkosten auf die riesige Mediathek des Senders zugreifen und sich Blockbuster wie „Avatar“ mal eben am iPad anschauen. Verknüpfungen zu Twitter und Facebook sollen Nicht-Abonnenten den Mund wässrig machen, wenn der Nutzer mal eben „Schaue gerade Avatar bei Sky Go“ zwitschert.
Die präsentierte Vorabversion der App ist mächtig, lädt den Abonnenten geradezu zur längeren Nutzung ein. Die Startseite ist auf den Kunden zugeschnitten. Er wird persönlich begrüßt und es werden Informationen zu den jeweils abonnierten Paketen angezeigt. Verknüpfungen ins Social Web motivieren zur Kommunikation mit Freunden. Ohne Probleme können Livestreams oder Wiederholungen gestartet werden.
Wer einfach mal „nur so“ in der App stöbert, kann zum Beispiel seinen derzeitigen Gemütszustand auswählen und bekommt gleich eine Liste mit passenden Spielfilmen serviert. Diese stehen dann ohne Zusatzkosten bereit. Hintergrundinformationen zu Filmen leiten den Nutzer immer tiefer ins Archiv. Ein Klick beispielsweise auf Schauspieler oder Regisseur bringt weitere Fakten und Verlinkungen zu anderen Filmen im Archiv.
Wer als Abonnent bisher schon „Listenpreis“ für sein Abo bei Sky zahlt, ist mit nur 12 Euro Mehrkosten recht günstig dabei. Schließlich erhält man das Zweitabo inklusive und kann hiermit das Schlafzimmer oder die Großeltern ausstatten. Sky Go ist damit ein ordentlicher Bonus und soll die vielen Schnäppchenabos uninteressanter werden lassen. In den letzten Monaten jagte wieder eine Aboaktion der Münchner die andere und ließ Bestandskunden mit „teuren“ Verträgen alt aussehen. Wer jetzt Sky Go haben möchte, muss auf die regulären Preise aufstocken und sein Abo mit 12 Monaten Laufzeit neustarten.
Unter dem Strich setzt Sky damit alles auf eine ordentliche Erhöhung des ARPU, also den durchschnittlichen Erlös pro Kunden, der durch Rabattaktionen und Sonderverträgen immer wieder unter Druck gerät. Mit einem weinenden Auge werden Videoportale das neue Sky Go sehen, welche zum Teil die gleichen Filme gegen Gebühr zum Abruf im Internet anbieten.
So ist selbst Apple mit seinem Apple TV betroffen, auf dem auch eine reichhaltige Bibliothek mit Spielfilmen, Serien und TV-Sendungen abrufbar ist. Und das ist noch nicht das Ende: Sky-Chef Sullivan machte am Donnerstag deutlich klar: „Wir stehen mit Sky Go am Anfang und werden das Angebot noch viel weiter ausbauen“. Auch der neue 24-Stunden-Sportsender Sky News HD soll in die App integriert werden.
Pay-TV hat es in Deutschland schwer und Sky setzt jetzt noch stärker auf das Internet. Dass es irgendwann auch Abos nur für Sky Go geben könnte, ist nicht unwahrscheinlich, denn genau wie bei Telefonanschlüssen könnte auch der Bedarf an Sat- und Kabel-TV zurückgehen und die mediale Versorgung nur noch über das Internet erfolgen. Bislang ist die Nutzung allerdings fix an ein reguläres Sky-Abonnement gekoppelt. Wie gesagt: noch!
[Florian Pötzsch/ar]
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