„Himmel oder Hölle“: Fernsehen auf dem absoluten Tiefpunkt

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Bild: Destina - Fotolia.com
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In seiner neuen Unterhaltungsshow „Himmel oder Hölle“ schickt ProSieben die Kandidaten auf einen Höllentrip – und die Zuschauer gleich mit. Fernsehen auf dem moralischen Tiefpunkt.

Erinnert sich noch Jemand an den Film „Free Rainer- Dein Fernseher lügt“ von 2007? In einer Sequenz des Streifens durchlebt die Hauptfigur Rainer, gespielt von Moritz Bleibtreu, einen albtraumhaften Trip durch die Abgründe des Trash-Fernsehens. Mir jedenfalls wurde die Erinnerung an den Film am Wochenende wieder ins Gedächtnis gerufen, als ich mir die neue ProSieben-Show „Himmel oder Hölle“ zu Gemüte führte.

Zugegeben, mit meiner Manöverkritik dazu bin ich jetzt eigentlich schon etwas spät dran aber auch nur deshalb, weil ich die Erstausstrahlung am Samstagabend verpasst hatte. Dass mir dabei offensichtlich etwas entgangen war, wurde mir spätestens am Sonntagnachmittag klar, als das Format bereits allgemeines Gesprächsthema zu sein schien. Der Tenor war dabei, gelinde gesagt, etwas verhalten. Meine Neugier wurde dadurch jedenfalls geweckt. Mediathek und Smart-Receiver sei Dank, spielen Erstausstrahlungen heutzutage ohnehin nicht mehr die ganz große Rolle und so konnte ich mir „Himmel oder Hölle“ am Sonntagabend dann doch noch zu Gemüte führen.
 
Das Konzept der Show ist schnell erklärt: Mehrere Kandidaten treten in einer Quizshow an, die zunächst frappierend an „Wer wird Millionär“ erinnert. Allerdings gibt es keine Joker und es spielt auch generell keine große Rolle, wenn ein Kandidat eine Frage nicht so recht beantworten kann, denn dann wird dieser in die Hölle geschickt und das eigentliche Spektakel beginnt. In dieser Spielrunde kommt es nicht mehr auf das Wissen an und auch sonst auf keinerlei Talente. Weiter kommt hier, wer bereit ist, sich vor der Kamera und den Augen der Zuschauer demütigen zu lassen.
 
Das begann noch relativ harmlos damit, dass dem ersten Kandidaten René von Moderatorin Evelyn Weigert ein Teil seiner Haarpracht mit dem Elektrorasierer abrasiert wurde. Schon wenige Fragen später musste der gleiche Kandidat jedoch im Rahmen seiner Höllenprüfung die Hosen runter lassen – im wahrsten Sinne des Wortes – während ihm ein Bekannter mit einer Fliegenklatsche den nackten Hintern versohlte. Ziel dieser Challenge war es, beim Schlag auf den Hintern den Lautstärkepegel von 100 Dezibel zu durchbrechen. Spätestens an dieser Stelle hatte ich von der Show eigentlich schon genug, doch die Sendung ging noch gut zwei Stunden weiter.
 
Später trank besagter Kandidat noch eine Flüssigkeit, mit welcher er selbst zuvor eine Nasenspülung durchgeführt hatte, zudem durfte Kandidatin Hanna mit ihrer Zunge einen Ventilator anhalten und Kandidat Jan-Erik musste einen Mann einen 15-sekündigen Zungenkuss geben, nachdem dieser einen ziemlich unappetitlich aussehenden Döner verspeist hatte. Dies waren nur einige der „Prüfungen“, die dem Publikum im laufe der Sendung serviert wurden.
 
Doch warum löste die Show bei mir solches Unbehagen aus? Schon nach den ersten 30 Minuten der drei-stündigen Sendung gelang es dem Format nicht mehr, seinen waren Charakter zu verschleiern: Ja, es wurden Quizfragen gestellt und ja, die ein oder andere wurde von den Kandidaten auch tatsächlich richtig beantwortet, wodurch diesen eine Höllenprüfung erspart blieb. In Wahrheit war dies jedoch nichts als billige Staffage für das Zur-Schau-Stellen der Teilnehmer bei Challenges, die im besten Falle einfach nur niveaulos, im schlimmsten Falle jedoch regelrecht widerwärtig waren. Praktiziert wurde das Prinzip „Dschungelcamp“ ohne B-Promis und ohne jede Selbstironie, denn diese ging dem Moderatorengespann Jochen Schropp und Evelyn Weigert, wie auch dem Format an sich, völlig ab.
 
Sympathie für die Kandidaten mochte bei mir dabei ebenfalls nicht aufkommen. Menschen, die bereit sind, sich für ein paar tausend Euro öffentlich demütigen zu lassen, sind aber zugegebenermaßen auch keine prädestinierten Sympatieträger. Doch für Sympathie jedweder Art war im Konzept der Sendung offenbar ohnehin kein Platz mehr. Dieser war gefüllt mit Schadenfreude und Sadismus. Geboten wurde Fernsehen auf dem moralischen Tiefpunkt.
 
Gut, man könnte an der Stelle fragen, was man denn von einer Sendung mit dem Titel „Himmel oder Hölle“ bestenfalls erwarten darf. Ich jedenfalls erwarte mir deutlich mehr als das, was die Show am Ende lieferte. Bei ProSieben mag man sich über die ordentlichen Quoten für das neue Format freuen, gleichzeitig sollte man sich jedoch auch ernsthaft einmal die Frage stellen, was solche Sendungen für den Ruf eines Senders bedeuten.
 
Im Film „Free Rainer“ wacht die Hauptfigur aus ihrem Albtraum auf und setzt es sich anschließend zum Ziel, die Qualität des Fernsehprogramms zu verbessern. Man kann nur hoffen, dass es auch in der Realität in Zukunft noch den ein oder anderen Rainer geben wird. [Kommentar von Patrick Schulze, Redakteur]

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28 Kommentare im Forum
  1. AW: "Himmel oder Hölle": Fernsehen auf dem absoluten Tiefpunkt und los gehen die munteren Kommentare .............. :-)
  2. AW: "Himmel oder Hölle": Fernsehen auf dem absoluten Tiefpunkt Kurz reingeschaut. Regeln nicht verstanden und wieder weg.
  3. AW: "Himmel oder Hölle": Fernsehen auf dem absoluten Tiefpunkt Schlimm ist eher, dass die Quoten sogar sehr gut waren für Pro7 Verhältnisse.
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