Entertaining-Reality-Formate verkaufen sich gut, vor allem wenn die Kandidaten äußerst peinlich agieren. Dabei sind die Methoden der Kandidatensuche höchst fragwürdig, wie eine ehemalige Casterin berichtete.
So sei es die Aufgabe der Castingagenturen-Mitarbeiter die Kandidaten herauszusuchen, von denen man denkt, dass sie vom Schicksal gebeutelt seien, meldete die Online-Ausgabe der „Süddeutsche Zeitung“ am Montag nach einem Gespräch mit einer ehemaligen Casterin. Die Bewerber mussten demnach einen bestimmten Katalog mit Fragen zu Gewicht oder schicksalsbestimmenden Todesfällen beantworten. Passten die Antworten in das Profil der Show, kamen die Bewerber eine Runde weiter, so das Blatt.
Die Casterin machte im Gespräch mit der „Süddeutschen“ deutlich, dass der Sendern kein Interesse daran hätte, allen zu helfen. So gehe es einzig um die Vorführung von Kandidaten im Fernsehen, am besten von Personen, die sich stark von den gesellschaftlichen Normen unterscheiden. Um dies zu betonen, würden die Produktionsfirmen die peinliche Momente der Kandidaten mit entsprechenden Effekten verstärken.
Nach dem Ende der Sendungen hätten die Verantwortlichen kein Interesse mehr für ihre Kandidaten, außer die Zukunft lasse sich quotenträchtig ausschlachten, wie etwa eine Hochzeit oder eine Schwangerschaft, so die Casterin. Als besonders beschämend empfand die Mitarbeiterin die Kandidatensuche vor Ort. So recherchierten die Agenturen in verschiedenen Dörfern und wandten sich dabei an den Gemeinderat oder an den Bürgermeister.
Vor allem in den letzten Monaten sind Entertaining-Reality-Formate kritisiert worden. Im Juli entfaltete sich in den Medien ein Skandal um die Dreharbeiten für die RTL-Sendung „Mietprellern auf der Spur“. In der entsprechenden Folge geht es um eine angeblich bettlägrige Frau, die mit ihrem 17-Jährigen Sohn zusammen wohnt. Dieser besucht eine Schule für geistig Behinderte. In der ausgestrahlten Sendung scheint es als gebe der Junge sein Einverständnis, dass Moderatorin Vera Int-Veen in der Wohnung filmen darf. Ein veröffentlichtes Video des Rohmaterial zeigt jedoch, dass die Aussagen des Jungen nicht korrekt zusammen geschnitten wurden und er nicht damit einverstanden war, dass in der Wohnung gefilmt wird (DIGITALFERNSEHEN.de berichtete).
In der RTL-Sendung „Die Super Nanny“ standen Kameramann und Redakteur daneben, als ein Mutter ihre fünfjährige Tochter mehrfach schlug und beschimpfte. Nach Jürgen Brautmeier, Direktor der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM), sei dies ein Verstoß gegen die Menschenwürde. Auf Geheiß der Kommission Jugendmedienschutz verhängte die LfM deshalb ein Bußgeld gegen RTL in Höhe von 15 000 Euro. [frt]
Bildquelle:
- Inhalte_Fernsehen_Artikelbild: Destina - Fotolia.com