Am „Dschungelcamp“ scheiden sich die Geister – jedes Jahr aufs neue. Die Show wird dabei auch 2016 wieder für große Diskussionen sorgen. Unser Kolumnist über den Reiz von „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus“.
Dieses „Dschungelcamp“ wieder. Eines dieser niveaulosen Formate, das nur darauf aus ist andere Menschen vorzuführen, sie schlecht zu machen und Instinkte in einem selbst zu wecken, auf die man nicht unbedingt stolz sein kann. Dieses jährliche Format, das „angeblich“ aus Australien kommt, aber in Wirklichkeit aus dem Greenscreen in Köln. Die Kandidaten werden selbstverständlich am Abend abgeholt und ins Hotel gebracht, wo sie ihr 5-Gänge-Menü gemeinsam in schönem Ambiente zu sich nehmen.
Es sind diese Gedanken, die auch 2016, also im Grunde wie jedes Jahr, in den Raum geschmissen werden. Der Dschungel polarisiert und provoziert. Das will er aber auch. Mit aller Macht.
Natürlich: Eine Doku auf Arte ist anspruchsvoller, aber das „Dschungelcamp“ will unterhalten, nicht mehr, nicht weniger. Für RTL ist #ibes jedes Jahr ein absoluter Quotengarant. Keiner guckt es offiziell, dennoch sprechen alle darüber. Das „Dschungelcamp“ ist so sehr Mainstream, wie kaum ein anderes Format in Deutschland.
In den gut zwei Wochen, in denen der RTL-Dschungel läuft, gibt es in der Medienwelt kaum ein anderes Thema. Es ist so, als wenn alle den Atem anhalten und gebannt nach Australien schauen. Auch Branchendienste und normale News-Redaktionen werden „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus“ intensiv beobachten, Schnipsel und Tweets heraussuchen, ihre Zeitungen damit füllen. Es ist die Zeit im Jahr, in dem der Dschungel die Medien beherrscht.
Was aber macht den Dschungel eigentlich so beliebt bei den Massen? Es ist eine Mischung aus vielen Dingen. Die Moderationen von Sonja Zietlow und Daniel Hartwich (zuvor der verstorbene Dirk Bach) sind legendär. Die Autoren Jens Oliver Haas und Micky Beisenherz werden auch diesmal wieder versuchen, so lustig und so böse zu texten, wie es nur geht. Es ist ein eingespieltes Team, welches über die Jahre gelernt hat, was die Zuschauer wollen. Eine gewisse Aktualität, Bissigkeit, aber auch mal sanfte Töne, wenn es sein muss.
Durch die Kulisse in Australien sowie die Gruppendynamik, die in fast jeder Staffel unberechenbar war und uns in der Vergangenheit unglaublich unterhalten hat, ist ein weiterer Faktor, der dieses „tägliche“ gucken so interessant macht.
Viele klammern sich zu sehr an die Dschungelprüfungen. Dabei sind diese im Grunde nur ein kleiner Teil, der den Erfolg in Gänze ausmacht. Klar: Mehr oder wenige bekannte Promis leiden zu lassen, hat schon seinen Reiz, ist vielleicht auf gewisse Weise auch verwerflich, aber die Kandidaten wissen, worauf sie sich einlassen. Sie machen es für Geld oder um ihre Karriere zu retten.
Natürlich wird teilweise mit Notsituationen einiger Menschen gespielt. Für viele Promis ist es eine Möglichkeit, vielleicht ein letzter Ausweg, wieder einen positiven Schritt nach vorne zu gehen. Und doch muss jeder selbst entscheiden, ob es ihm das wert ist, auf einmal wieder so in der Öffentlichkeit zu stehen, was wiederum die Möglichkeit eröffnet, das weitere, vielleicht auch schlimme Geheimnisse desjenigen ans Tageslicht kommen.
Gerade was die Promis und die Beweggründe angeht, ist das sicherlich ein Thema, welches man ausführlich diskutieren kann, vielleicht auch muss. Trotz allem: Es wird niemand gezwungen, in den Dschungel zu gehen.
Für uns Zuschauer, ist das „Dschungelcamp“ aber vor allem eines: großartiges Entertainment. Mehr als zwei Wochen werden die Zuschauer unterhalten, haben etwas zu diskutieren, können sich auch online im sogenannten „Second Screen“ mit vielen anderen über das Camp austauschen.
Der Dschungel bringt viele Menschen zusammen. Er ist eines der letzten großen TV-Lagerfeuer überhaupt. Alleine deshalb hat es seine Berechtigung. [Eine Kolumne von Florian Hellmuth]
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