„Der König der Löwen“ ist zurück im Kino. Disney hat ihn mit 3D-Effekten aufpoliert. Die Story über das Erwachsenwerden des kleinen Löwen Simba wurde nicht zuletzt durch die oscarprämierte Musik von Hans Zimmer (54) zum Welterfolg. Im Interview verriet der deutsche Filmkomponist und Hollywoodauswanderer, wie er seine Filmmusiken komponiert und warum er etwas gegen weitere Oscarnominierungen hat.
Guten Tag, Herr Zimmer!
Hans Zimmer: Hallo, ich bin der Hans.
Ich soll „Du“ sagen?
Zimmer: Ja, klar.
Gut, dann – Hans, „Fluch der Karibik“ – das ist im Moment vielleicht Deine bekannteste und erfolgreichste Filmmusik. In diesen Tagen beginnt eine große Konzerttour durch Deutschland und Österreich. Findest Du persönlich auch, dass diese Musik eines Deiner Meisterwerke ist?
Zimmer: Nee, gar nicht. Das war einfach ein Jux und verrückt, weil wir es so schnell gemacht haben. Soviel an dem ganzen Film war improvisiert. Wir haben da zum Beispiel mal eine Filmszene ablaufen lassen, ich hab‘ dazu ein bisschen auf dem Klavier rumgespielt und dann musste das irgendein Armer hinterher orchestrieren und einen Sinn draus machen. Oder das aus meiner Sicht beste Thema – das Liebesthema aus dem dritten Teil – da habe ich um 2 Uhr nachts am Klavier rumgeklimpert und wollte es gerade wegschmeißen. Da lief Regisseur Gore Verbinski auf dem Korridor vorbei, kam rein und sagte: „Hey, das klingt ziemlich gut!“ Und ich: „Wirklich??“ Ohne ihn wäre das einfach im Müll gelandet.
Stimmt es, dass Du es teilweise gar nicht mochtest, für die „Fluch der Karibik“-Fortsetzungen Musik zu schreiben?
Zimmer: Am zweiten Teil hatte ich keinen Spaß. Das war das erste Mal, dass ich eine Fortsetzung von etwas gemacht habe. Ich dachte, ich nehme einfach die Musik vom ersten Teil und arbeite das ein bisschen um. Aber dann war es wirklich harte Arbeit, dabei mag ich viel lieber die Erfindung. Aber immerhin – ein gutes Thema ist mir im zweiten Teil gelungen. Weil im ersten, das merken die Leute nur nicht so ganz, hat Johnny Depp alias Jack Sparrow kein eigenes Thema. Das habe ich dann erst im zweiten geschrieben.
Für die Musik zu „Der König der Löwen“ hast Du 1995 Deinen bisher einzigen Oscar gewonnen, obwohl Du mittlerweile schon neunmal nominiert warst. Liegt das vielleicht daran, dass Du mal öffentlich erklärt hast, keinen weiteren Oscar mehr zu wollen?
Zimmer: Nein, nein, nein – das stimmt so nicht ganz. Es ist so – ich habe eine Menge zu tun. Und wenn die Oscarsaison anfängt, mit diesen ganzen Partys der Nominierten, das stört einfach. Entweder sitze ich als seriöser Musiker in meinem Zimmer und schreibe. Oder ich geh auf diese Partys, beides kann nicht machen. Ich habe jetzt zum Beispiel die „Dark Knight“-Fortsetzung vor mir und plane etwas mit Guillermo del Toro. Da möchte ich jetzt nicht auf Partys gehen müssen.
Du hast 2009 auch Musik für ein Computerspiel (aus der „Call of Duty“-Reihe) komponiert – war das nur eine Fingerübung nebenbei oder werden Computerspiele dem Kino ebenbürtiger?
Zimmer: Das war damals nur „just for fun“ – weil ich noch nichts von Computerspielen verstanden habe. Aber inzwischen weiß ich – die Technologie hat sich sehr weiterentwickelt und die Macher sind wirklich daran interessiert, eine Geschichte zu erzählen. Das Problem für mich ist allerdings: Wenn ich Musik für einen Film schreibe, weiß ich, wer der Hauptdarsteller ist. Bei einem Game kenne ich den nicht. Und eigentlich ist ja auch der Spieler der Hauptdarsteller. Trotzdem finde ich es interessant, wie sich das im Moment ganz schnell weiterentwickelt.
Wenn Du mal wie jetzt für einen kurzen Besuch in Deutschland bist – kommen da Heimatgefühle auf?
Zimmer: Ich vermisse Deutschland schon. Du hättest mich nach meiner Ankunft hier hören sollen, da konnte ich gar nicht mehr richtig Deutsch. Nach zwei, drei Tagen funktioniert es dann wieder. Und dann fühle ich mich zu Hause. Ich lebe in Amerika, weil da meine Arbeit ist. Diese ganzen Vorschläge, man könnte doch per Internet aus der Ferne arbeiten, das funktioniert nicht. Man muss mit den Leuten im selben Raum sein. Die Ideen kommen, wenn wir alle zusammen sind.
Was genau vermisst Du denn an Deutschland?
Zimmer: Weihnachten zum Beispiel – ist hier natürlich viel schöner. Ich werde dieses Jahr zu Weihnachten in Los Angeles sein. Mit schöner Sonne zwar, aber das ist nicht ganz dasselbe.
Vielen Dank für das Gespräch. INTERVIEWs im Überblick
[Interview Ronny Thorau]
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