Thomas Gottschalk muss gehen. Das Experiment einer Show vor der 20-Uhr-„Tagesschau“ ist nach nur wenigen Monaten gescheitert. Die ARD beendet „Gottschalk Live“ zur Sommerpause. Gottschalk selbst streifte das Thema in seiner Show am Mittwochabend nur am Rande.
Grund sei die geringe Publikumsresonanz, begründete die ARD-Geschäftsführung die Entscheidung zur Einstellung am 7. Juni offiziell. Die Show des 61-jährigen Entertainers Thomas Gottschalk war am 23. Januar mit mehr als vier Millionen Zuschauern gestartet, hatte dann aber stark nachgelassen und zuletzt kaum mehr als eine Million Zuschauer. Der Marktanteil von rund fünf Prozent lag ungefähr halb so hoch wie erhofft.
In der Sendung, die kurz nach der Nachricht über das Aus am späten Mittwochnachmittag aufgezeichnet wurde, ging Gottschalk kaum auf die Entscheidung der ARD-Oberen ein. Bei der Diskussion über die Frauenquote mit Komikerin Anke Engelke und Gloria von Thurn und Taxis sagte er lediglich: „Ich geb‘ meinen (Job) frei demnächst. Ich gehe mit gutem Beispiel voran (…) Ich mache hier bis 6. Juni, und dann soll aber ’ne Frau hier sitzen. Ich gehe nur, wenn hier ’ne Frau kommt; ein Kerl, das kann ich selber.“ Ansonsten: keine Ansprache ans Studiopublikum, keine Abschiedsrede, kein trauriger Augenaufschlag, sondern business as usual.
Dieses Business wird demnächst also beendet, dabei hatte es in den vergangenen Wochen mehrere Versuche gegeben, die Show noch zu retten. So wurde der erfahrene Magazinmacher Markus Peichl als Redaktionsleiter verpflichtet, das Studio in Berlin-Mitte wurde umgebaut und Publikum zugelassen, außerdem wird die Show seit kurzem nicht mehr live gesendet, sondern kurz vor der Ausstrahlung aufgezeichnet. Es half aber alles nichts, die Quoten blieben im Keller.
Am Mittwoch dann zogen die Intendanten der öffentlich-rechtlichen Länderanstalten der ARD in einer telefonischen Schaltkonferenz die Reißleine. „Ich finde es schade, dass „Gottschalk Live“ beim Publikum nicht den Zuspruch gefunden hat, den wir diesem Format alle gewünscht haben“, sagte die ARD-Vorsitzende und WDR-Intendantin Monika Piel am Mittwoch.
Gottschalk wurde von der ARD mit den Worten zitiert: „Ich nehme diese Entscheidung der Intendanten mit Bedauern zur Kenntnis, habe aber volles Verständnis dafür.“ Der frühere „Wetten, dass..?“-Moderator war erst Anfang des Jahres vom ZDF zum „Ersten“ gewechselt und wurde dort als Hoffnungsträger und Quotenbringer gehandelt.
Wie es jetzt mit dem Entertainer im „Ersten“ weitergeht, ist völlig offen. Schon öfter wurde über große ARD-Abendshows spekuliert, aber kurzfristig ist damit wohl nicht zu rechnen. Dabei hatte der 61-Jährige bei seinen letzten „Wetten, dass..?“-Shows im Herbst 2011 noch einmal Traumquoten fürs ZDF geholt und gezeigt, dass er auf die große Samstagabendbühne gehört.
Doch sein Entschluss stand unumkehrbar fest: Der schwere Unfall des Wettkandidaten Samuel Koch im Dezember 2010, und dass Koch gelähmt blieb, ließ es für Gottschalk unmöglich erscheinen, einfach so weiterzumachen. Also wagte er – im Frührentner-Alter – noch einmal den Sprung ins kalte Wasser und in die von ihm so bezeichnete „Todeszone“ Vorabend – und scheiterte grandios.
Für die ARD bedeutet das Aus für Gottschalk auch ein Versagen bei der im Herbst 2011 gestarteten groß angelegten Renovierung des Vorabendprogramms zwischen 18 und 20 Uhr. Die neuen Regionalkrimis unter der Dachmarke „Heiter bis tödlich“ laufen nur mäßig, ebenso wie Kai Pflaumes Freitags-Quizshow „Drei bei Kai“; und die Soap „Verbotene Liebe“ hatte auch schon mal bessere Einschaltquoten.
Nun wird – während der Fußball-Europameisterschaft, die am 8. Juni beginnt, und den Olympischen Spielen – der Kabarettist Dieter Nuhr den Sendeplatz von Gottschalk um 19.20 Uhr übernehmen. Immer dann, wenn in der ARD kein Sport läuft, heißt es dann „Null gewinnt“. [Patrick T. Neumann/ar]
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