Peter Jacksons „Herr der Ringe“-Verfilmng hat eines klargemacht: Ernste und intelligente Fantasy weitab ab von Knuddeldrachen, trotteligen Zauberern und singenden Elfen ist wieder salonfähig. Das dachte sich auch der US-Sender HBO und setzte sich an die Verfilmung eines weiteren Fantasybestsellers – „Game Of Thrones“.
Machtspiele
Verwegene Machtspiele, aufwändige Settings, detailverliebte Kostüme, eine bedrohliche Atmosphäre und Sean Bean. Fehlt eigentlich nur noch Peter Jackson im Regiestuhl. Der dreht aber derzeit den „Hobbit“-Zweiteiler in Neuseeland. Sean Bean hatte hingegen Zeit und konnte mit seiner Verkörperung des Boromir in Jacksons epochaler „Herr der Ringe“-Trilogie die besten Fantasy-Referenzen vorweisen.
Damit war Bean auch für den amerikanischen Pay-TV-Sender HBO die erste Wahl und zugleich Zugpferd der kostspieligen und mit viel Aufwand betriebenen Verfilmung von „Game Of Thrones“. Von den Fans der Buchreihe des amerikanischen Autors George R.R. Martin kritisch begutachtet, hat sich der Sender dem 1996 erschienenen ersten Buch der Fantasy-Saga „Ein Lied von Eis und Feuer“ angenommen.
Ein einfaches Unterfangen ist es nicht, einen multiperspektivischen, dicht verwobenen und epischen Stoff wie „Das Lied von Eis und Feuer“ zu verfilmen. Immerhin ranken sich auf dessen fiktiven mittelalterlichen Kontinent Westeros gleich sieben Adelshäuser um die Vorherrschaft. Mit ihren politischen Intrigen, Mordanschlägen und Komplotts stürzen sie Westeros immer wieder in kriegerische Auseinandersetzungen und bürgerkriegsähnliche Zustände.
Doch nicht nur von Menschenhand geschürte Gefahren bedrohen das Land, sondern auch die übernatürlichen Wesen des Nordens und feuerspeienden Drachen des Ostens, die beide bereits seit vielen Jahren als ausgestorben galten. Neben den auf dem Festland lebenden Adelsfamilien buhlen zudem zwei im Exil lebende Königskinder um den Thron. Gut, dass sich der erste Band der Saga und damit auch die erste Staffel der Verfilmung zunächst auf drei Adelshäuser konzentriert.Inhalt und Charaktere
Schon die düstere Eröffnung der ersten Episode „Der Winter naht“ zeigt sich wenig zimperlich und versetzt Fantasyjünger in die richtige Stimmung. Hinter einer Jahrtausend alten gigantischen Mauer aus Eis, welche die Einwohner des Kontinents vor den dahinter lebenden Wilden schützen soll, muss ein Bruder der Nachtwache mit ansehen, wie seine beiden Mitstreiter blutig ermordet werden. Wieder auf der anderen Seite angelangt, gilt er als Deserteur und wird von Lord Eddard Stark, Wächter des Nordens und Oberhaupt der Adelsfamilie Stark, exekutiert.
Währenddessen stirbt in der Hauptstadt Kings Landing der engste Berater des herrschenden Königs Robert Baratheon. Kurzerhand begibt dieser sich auf die Reise in den Norden zu Eddard Stark, mit dem er seit seiner Jugend eng befreundet ist und dem er den Posten der neuen Hand des Königs anbietet. Die aus dem Hause Lannister stammende Königin zeigt sich davon wenig begeistert, denn sie verfolgt mit ihrem am Hof lebenden Bruder eigene Pläne und scheint in den Tod des früheren Beraters verwickelt zu sein.
Zur gleichen Zeit versucht der im Exil lebende einzig noch lebende Sohn der ehemaligen Königsfamilie Targaryenden den Thron zu erobern, wofür er zu allem bereit ist. Die Ereignisse spitzen sich zu, als Starks zehnjähriger Sohn Zeuge von etwas wird, das er nicht hätte sehen sollen. Und während die intreganten Machenschaften zunehemen, bricht über Westeros langsam der Winter herein und mit ihm weitere Gefahren.
Hauptprotagonist des ersten Bandes und damit der ersten Staffel istEddard „Ned“ Stark (Sean Bean), Lord von Winterfell und Wächter desNordens sowie angehende Hand des Königs. Der Vater von fünf ehelichenKindern und einem Bastardsohn steht für Ehre und Gerechtigkeit, nichtsist im verhasster als Verrat, Intrigen und Geheimniskrämerei. Der tiefim Glauben an die alten Götter verwurzelte Eddard zweifelt amnatürlichen Tod seines Vorgängers, Lord John Arryn und will dieHintergründe seines Todes aufklären. Dafür begibt er sich an den Hof desKönigs, dem Ort, an welchem bereits sein Vater und sein Bruder Opferpolitischen Verrats wurden. Das Wappen der Starks ziert einSchattenwolf.
Seine Frau Catelyn Stark (Michelle Fairley), die ursprünglich seinenBruder heiraten sollte, bevor dieser auf Befehl Königs Aerys II.Targaryen ermordet wurde, ist gegen Eddards Entscheidung, Hand desKönigs zu werden, fügt sich aber dessen Wunsch. Während Eddards ältesteTochter Sansa (Sophie Turner) den Königssohn heiraten soll, um damit diebeiden Adelshäuser Baratheon und Stark zu vereinen, hat die rebellischeArya (Maisie Williams) ganz andere Ambitionen und übt sich imSchwertkampf. Derweil verlässt der uneheliche Sohn Starks Winterfell, umsich den Brüdern der Nachtwache anzuschließen.
König Robert vergnügt sich im Wissen seiner Frau Cersei (Lena Headey)mit anderen Bettgespielinnen und scheint seinen Pflichten als Herrscherzunächst kaum nachzukommen. Die Königin stammt aus dem Hause Lannisterund bereitet den gemeinsamen Sohn Joffrey (Jack Gleeson) auf seinezukünftigen Aufgaben vor – nicht ohne Eigeninteresse. Geimeinsam mitihrem Bruder Jaime (Nikolaj Coster-Waldau), der gleichzeitig ihrLiebhaber ist, plant sie ein Komplott gegen den König, in das auch ihrzweiter Bruder, der scharfzüngige und zwergenwüchsige Tyrion (PeterDinklage), verwickelt zu sein scheint.
Durch das Meer vom Hauptkontinent getrennt, leben die einzig nochlebenden Kinder des ehemaligen Herrschers König Aerys II., TochterDaenerys (Emilia Clark) und Thronerbe Viserys Targaryen (Harry Lloyd),im Exil. Mit einer politisch motivierten Heirat seiner Schwesterversucht Viserys, dem ihn seiner Meinung nach rechtmäßig zustehendenThron zurück zu erobern, wobei er auf die Gefühle Daenerys’ keinerleiRücksicht nimmt. Doch das Blatt scheint sich zu wenden, als sichDaenerys ihrer durch die Zwangsheirat mit dem Pferdelord Khal Drogo neuerlangten Position und ihrer Bedeutung im Ranken um den Königsthronbewusst wird.Darsteller und Filmcrew
Sean Bean hatte bereits in der „Herr der Ringe“-Trilogie die Fantasywelt von Mittelerde mit seinem schauspielerischen Können bereichert. Der in Sheffield geborene wandlungsfähige Darsteller war damit bestens für seine Rolle als Lord Eddard Stark gewappnet. Bean mimte bereits den Bösewicht in „James Bond – Goldeneye“ und spielte an der Seite von Robert De Niro im Actionstreifen „Ronin“. Außerdem stand er für Robert Schwentkes „Flightplan“ neben Jodie Foster vor der Kamera.
Zu seinen jüngsten Produktion gehören das Mittelalter-Drama „Black Death“ und die 2012 in die Kinos kommende Videospieladaption „Silent Hill: Revelation“. Außerdem wird er im nächsten Jahr in einem der beiden konkurrierenden Schneewittchen-Verfilmungen, in diesem Fall die Version von Regisseur Tarsem Singh („The Fall“, „The Immortals“), als König zu sehen sein.
Michelle Fairley („The Others“) spielt seine Frau Catelyn Stark, die ursprünglich seinen Bruder heiraten sollte, bevor dieser auf Befehl Königs Aerys II. Targaryen ermordet wurde. Fairley ist den Zuschauern unter anderem aus dem Gruselstreifen „The Others“ bekannt und agierte in einer Vielzahl von TV-Produktionen.
Die intrigante Königin Cersei aus dem Hause Lannister wird verkörpert von der Britin Lena Headay, die bereits im Actionspektakel „300“ die Königin gab. Zu ihren weiteren Erfolgen zählt die Rolle der Sarah Conner im TV-Ableger „Terminator: The Sarah Connor Chronicles“ und die Genre-Streifen „The Broken“ und „Tell-Tale“.
Ihren kleinwüchsigen aber nicht minder kalkulierenden Bruder Tyrion spielt Peter Dinklage, der für seine Leistung in „Game Of Thrones“ den Emmy erhielt. Der Film- und Theaterdarsteller beeindruckte Kritiker und Filmfreunde im Indie-Hit „Station Agent“ und war im US-Quotenerfolg „Nip/Tuck“ zu sehen. Neben Sean Bean bringt auch Peter Dinklage Fantasy-Erfahrung mit, denn der gebürtige Amerikaner spielte in „Die Chroniken von Narnia: Prinz Kaspian“ den Zwerg Trumpkin.
Für die Rolle des Königs Robert Baratheon konnten die Produzenten ein weiteres bekanntes britisches Gesicht gewinnen: Mark Addy. Der vielseitige Schauspieler war die reale Variante von Fred Feuerstein in „Die Flintstones in Viva Rock Vegas“und entledigte sich in der Erfolgskomödie „Ganz oder gar nicht“ hemmungslos seiner Sachen. Außerdem war er in „Ritter aus Leidenschaft“ und zuletzt im Drama „Barney’s Vision“ zu sehen. 2012 wird er neben Gillian Anderson („Akte X“) in einer TV-Neuverfilmung des Charles Dickens Romans „Große Erwartungen“ mitwirken.
Doch damit ist das Kontingent an englischen Schauspielern noch nicht ausgeschöpft. Iain Glen steht als im Exil lebender Ser Jorah Mormont im Dienste der verbliebenen Mitglieder des Hauses Targaryen. Glen fühlt sich ebenfalls auf der Theaterbühne zu Hause und übernahm Rollen in den TV-Serien „Spooks“ und „Doctor Who“. Außerdem war er als Priester in Sönke Wortmanns „Die Päpstin“ sowie in den Sci-Fi-Streifen „Resident Evil: Extinction“ und „Resident Evil: Apocalypse“ zu sehen.
In weiteren Rollen sind Alfie Allen (Theon Greyjoy), Nikolaj Coster-Waldau (Jaime Lannister), Aiden Gillen (Petyr Beilish), Kit Harington (Jon Snow), Isaac Hempstead Wright (Bran Stark), Jason Momoa (Khal Drogo), Richard Madden (Robb Stark).
Entwickelt wurde „Game Of Thrones“ von David Benioff und D. B. Weiss. Benioff ist der Autor des Bestsellers „25 Stunden“ und schrieb auch das Drehbuch zur gleichnamigen Filmadaption von Spike Lee. Außerdem verfasste er die Scripts zu den Filmen „Stay“, „X-Men Origins: Wolverine“ und „Drachenläufer“. Mit Branchenneuling Weiss arbeitete er an den Drehbüchern zu „Game Of Thrones“. Beide agierten auch als ausführende Produzenten der Serie. Der Erschaffer des „Das Lied von Eis und Feuer“-Universums, George R. R. Martin, war ebenfalls als ausführender Produzent an der filmischen Umsetzung seiner Fantasysaga beteiligt. Für die Regie griff HBO auf Stammpersonal zurück und verpflichtete Regisseure der Erfolgsserien „Die Sopranos“, „Deadwood“ und „Rome“.Hintergrund
Die der Verfilmung zugrunde liegende und auf sieben Bände ausgelegte Buchvorlage umfasst derzeit fünf Bücher: „A Game Of Thrones“, „A Clash Of Kings“, „A Storm OF Swords“, „A Feast For Crows“ und „A Dance With Dragons“. Geplant sind die Bände „The Winds Of Winter“ und „A Dream Of Spring“. Neben den Hauptbänden gibt es mehrere Novellen.
In Deutschland herrscht ein Veröffentlichungswirrwarr, da jeder Band in zwei Bücher aufgeteilt wurde. Lediglich die auf 1000 Exemplare limitierten gebundenen Ausgaben („Eisenthron“, „Königsfehde“, „Schwertgewitter“, „Krähenfest“ und „Drachenreigen“) orientieren sich an den aoriginalen Veröffentlichungen. Um die Leser weiter zu verwirren, basieren die 2010 erschienenen Taschenbücher auf einer neuen Übersetzung, in welcher unter anderem Charakternamen eingedeutscht wurden.
Bereits 2007 kaufte der amerikanische Pay-TV-Sender HBO die Rechte an den Romanen, doch aufgrund des Autorenstreiks 2007 und 2008 kam die Produktion vorerst ins Stocken. Im Juli 2010 begannen dann endlich die Dreharbeiten, die vorwiegend in Schottland und Malta stattfanden. Die Serie wurde zwischen April und Juni 2011 bei HBO ausgestrahlt und in mehr als 80 Länder verkauft. Für die Produktion der ersten Staffel stand den Produzenten ein Budget von rund 60 Millionen Dollar zur Verfügung.
Bereits nach der Ausstrahlung der ersten Folge, bei der inklusive Wiederholungen 4,2 Millionen Zuschauer dabei waren, wurde die zweite Staffel offiziell bestätigt, welche voraussichtlich ab April 2012 in den USA zu sehen sein wird. Die neuen Folgen widmen sich dem zweiten Buch der Serie – „A Clash Of Kings“.
Das Warten der deutschen Fans hat am 2. November ein Ende, denn dann strahlt der Bezahlsender TNT Serie das Fantasy-Epos „Game Of Thrones“ immer mittwochs um 20.15 Uhr als deutsch TV-Premiere aus. Der Sender bestätigte bereits, auch die zweite Staffel auszustrahlen.
Der Winter kann kommen.
„Game Of Thrones“ in Kürze
Originaltitel: „Game Of Thrones“| Produktionsjahr: 2010 – 2011 | US-Erstausstrahlung: 17. April 2010 (HBO) | dt. TV-Erstausstrahlung: 2. November 2011 (TNT Serie) | Folgen: 10 in 1 Staffel | Genre: Fantasy, Drama, Abenteuer | Schauspieler: Sean Bean, Peter Dinklage, Lena Headey, Michelle Fairley, Iain Glen, Mark Addy u. a. | Inhalt: Auf dem mysteriösen Kontinent Westeros kämpfen sieben Adelsfamilien um den Thron und spinnen dabei ein Netz aus Intrigen und Gewalt. Doch nicht nur durch menschliche Machenschaften droht Unheil, sondern auch von bisher ausgestorben geglaubten Mächten.
DIGITAL FERNSEHEN stellt Ihnen an dieser Stelle immer am Sonntagvormittag die aus Sicht der Redaktion interessanteste TV-Serie vor, die innerhalb der kommenden sieben Tage im deutschen Fernsehen anläuft.
Serienstarts im Überblick
[Rayk Hoppe]
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