Legendär ist sein Streit mit Gerhard Schröder bei der Elefantenrunde 2005: Nikolaus Brender lässt nicht gerne locker. Der damalige ZDF-Chefredakteur kann ab dem heutigen Donnerstag wieder kritische Fragen stellen – in einer Interviewrunde am Spätnachmittag auf N-TV.
Bei seinem Abgang schlugen die Wogen hoch: Als der ZDF-Verwaltungsrat im November 2009 entschied, den Vertrag von Nikolaus Brender nicht zu verlängern, nutzte aller Protest nichts. Trotz einer glänzenden Laufbahn war der ZDF-Chefredakteur den Konservativen im Gremium ein Dorn im Auge, die ihm schwache Quoten in die Schuhe schieben wollten. Brender verabschiedete sich einige Monate später, der Mann mit dem prominenten Schnauzbart verschwand von der Mattscheibe – bis zu diesem Donnerstag (2. Februar). Dann meldet sich Brender um 17.10 Uhr mit einer eigenen Interviewsendung im Nachrichtenkanal N-TV zurück.
„Bei Brender!“ – nach dem Vorbild des amerikanischen TV-Klassikers „Meet The Press“ will der Journalist einmal im Monat mit drei Kollegen von anderen Medien einen Entscheider aus Politik oder Wirtschaft zum aktuellen Geschehen befragen. Es sei eine Interviewrunde und kein „Talk“, betonte Brender im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.
Seine Zwangspause vom Fernsehen hat Brender vor allem dazu genutzt, sich um seine Familie und um sich selber zu kümmern. Vor seiner Zeit im ZDF war Brender ARD-Korrespondent für Südamerika und WDR-Chefredakteur. Im Jahr 2000 wechselte er zum ZDF – wo er bis 2009 als Chefredakteur für die Informationsangebote des Senders verantwortlich war. Im Zorn blicke er auf seinen Abschied aus Mainz keineswegs.
„Ich wäre mit meiner Zeit schändlich umgegangen, hätte ich deswegen zu Hause gesessen und mich in die Tischkante verbissen“, sagt der 63-Jährige. Und es ist ja auch nicht so, dass Brender untergetaucht wäre. Er schreibt regelmäßig für die „Zeit“-Beilage „Christ & Welt“, jetzt arbeitet er an einem Buch über die Pressefreiheit in Europa.
In Deutschland sei der Einfluss der Politiker auf das öffentlich-rechtliche Fernsehen viel zu groß. „Die parteipolitisch gesteuerte Einmischung der Politik ist für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk heute nicht weniger bedrohlich“, sagt er. „Anders als in Österreich, wo die Einmischung der Politik im besten Alpenbarock offen zelebriert wird, versteht man es in Deutschland, Einmischung und Verquickungen besser zu verbergen.“
Nichts dazu gelernt hätten die Staatskanzleien in den vergangenen Jahren, wie am Beispiel der Besetzung des MDR-Intendantenpostens deutlich geworden sei, sagt Brender. Deswegen hofft er auf das Bundesverfassungsgericht. Die Klage der Landesregierung von Rheinland-Pfalz soll prüfen, ob in den ZDF-Gremien die Parteien eine zu starke Rolle spielen.
Auch mit den Medien geht Brender ins Gericht. „Es fällt auf, dass sich wirklich gut recherchierte Storys in immer weniger Zeitungen, Radio- und Fernsehsendungen finden. Zu viele schielen auf die Schlagzeile der anderen. Ein Meutereflex, der nicht nur bei den Medien festzustellen ist. Auch Politiker – siehe Wulff in seiner Aufstiegsphase – hecheln und jagen der Presse nach einer positiven Schlagzeile hinterher. Sie sind weiß Gott nicht nur Gejagte.“
In der Kredit-Affäre um Bundespräsident Christian Wulff nimmt Brender die Kollegen allerdings in Schutz. „Sicher gibt es im Fall Wulff auch Kritisches anzumerken, eine Medienkampagne ist es jedenfalls nicht. Da dirigiert kein Strippenzieher die Empörung. Es ist die individuelle Enttäuschung von Journalisten über das würdelose Verhalten eines Bundespräsidenten“, sagt Brender. „Was sollten die Medien auch anderes tun als immer weiter zu bohren, wenn sie vom ersten Repräsentanten des Staates alles erfahren, aber nicht die Wahrheit“. [Esteban Engel]
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