Frank Zander ist eines von Berlins letzten Originalen, ein Stück Fernsehgeschichte. Ob Schlager wie „Hier kommt Kurt“ oder der „Ententanz“: Er hat viele Hits gehabt. Zur Herzenssache wurde aber etwas anderes.
Manche Leute brauchen keine Adresse. Auf einem Brief an Frank Zander steht: „Sänger (Reibeisenstimme) kennt jeder“. Als Ort Berlin, keine Straße. Der Brief hängt in Frank Zanders privater Kneipe in Charlottenburg, die er neben seinen Studioräumen eingerichtet hat. Bei Bier oder Fassbrause gibt es viel zu gucken: alte Fotos, Souvenirs, Krimskrams, Zeitungsartikel („Frank Zander sauer: Hund durfte nicht ins Restaurant“). Es ist ein bisschen wie ein Museum.
Harald Juhnke und Günter Pfitzmann leben schon lange nicht mehr, neben Dieter Hallervorden ist Zander ist eines der letzten West-Berliner Urgesteine. Ein Stück deutsche Fernsehgeschichte. Ein Händchen für Blödel- und Partysongs hatte Zander oft. Stichwort „Hier kommt Kurt“ oder der „Ententanz“. Die Jüngeren wuchsen mit ihm in der unvergesslichen Titelmelodie der „Teenage Mutant Hero Turtles“ auf, er war auch mal die Synchronstimme von Asterix.
Turtles-Titelmelodie begeistert eine ganze Generation
Wenn nicht gerade „Corinna“ ist, wie Zander zu Corona sagt, lädt er jedes Jahr zu Weihnachten Tausende Obdachlose zum Gänse-Essen ins Hotel Estrel ein, wo Prominente kellnern. Für Hertha BSC singt er die Stadionhymne. Eine Berliner Brauerei bringt ihm als Eckkneipen-Botschafter regelmäßig ein paar Kästen Bier vorbei. Am heutigen 4. Februar wird der Entertainer, Sänger, Maler, Schauspieler und Träger des Bundesverdienstkreuzes 80 Jahre alt. Der RBB feiert ihn heute, um 20.15 Uhr, mit einer Sondersendung im Fernsehen.
Die letzten Jahre waren nicht einfach, aber Jammern ist nicht sein Ding. Die Zanders hatten Ärger mit ihrer Mietwohnung (die Kurzfassung: sie dürfen erstmal dort wohnen bleiben). Er bekam eine zweite Hüfte („mehr Hüften gibt es nicht mehr“) und überstand Krebs („ein bisschen Prostata“). Auch seine Frau Evy war krank. Dann kam noch die Pandemie obendrauf. Damit fielen die Reisen zur Zweitwohnung nach Ibiza aus.
Überhaupt, das Virus, die Flaute im Konzert- und Musikgeschäft. „Wir haben natürlich jetzt schwere Zeiten“, sagt Zander bei einem Bier in seiner Kneipe. „Gott sei Dank habe ich die Malerei.“ Da laufe es ganz gut. Was für Otto die Ottifanten, sind für Zander die Comic-Fische. Er hat viele Facebook-Fans, ist im Netz bei Tiktok unterwegs. Zander führt ein Filmchen vor, das ihn zeigt, wie er ihm Zug sitzt und die Maske kurz zum Biertrinken abnimmt. Seine Fans mögen sowas.
Frank Zander hat eine Kultgefolgschaft wie kaum ein zweiter
An die alten Zeiten denkt Zander gerne. Wenn er in Neukölln ist, werden Kindheitserinnerungen wach. Er ist ein Kind der Nachkriegszeit, als die Amerikaner über die Luftbrücke das geteilte Berlin versorgten. Die Oma hatte ein Milchgeschäft, durch den Bezirk fuhr noch eine Straßenbahn. In den 1960er Jahren machte Zander eine Ausbildung als Grafiker, seine Anfänge als Musiker waren rockig. Was nicht viele wissen: Für 600 Mark hat Zander mal „Adolf“ als einen seiner Vornamen streichen lassen.
Berühmt wurde er in den 1970er und 1980er Jahren. Legendär waren die Zeiten der WDR-„Plattenküche“ mit Helga Feddersen und der Nachfolger „Bananas“, beides Musik- und Sketch-Shows. „Wir waren frech“, sagt Zander. „Wir haben uns alles erlaubt.“ Die schönste Zeit privat? Das ausgelassene Leben auf Ibiza, sagt Zander. Freunde einladen, Grillen auf der Terrasse, ein offenes Haus haben.
Mit seiner Frau Evy (74) ist er mehr als 50 Jahre verheiratet. Er ist ein Familienmensch. Sohn Marcus (53) ist sein Manager, Enkel Elias (20) spielt in seiner neuen Single („Freunde wie Felsen“) Schlagzeug. Die Familie stärke ihm den Rücken. „Wenn es einem dreckig geht, braucht man sowas.“ Wenn Kollegen in siebter Ehe verheiratet sind und sechs Kinder haben, sowas ist nichts für ihn. Er lässt durchblicken, dass seine Frau einiges mitgemacht hat. „Ich bin ein Straßenköter und sie ist ein Kamp-Fffrettchen.“ Also niedlich, aber bissig. Wenn sich ihm andere Frauen näherten: „Feindschaft, sofort“.
„Ich bin ein Straßenköter“
Den Geburtstag will Zander wegen der Pandemie nur in kleinerer Runde feiern. Er hofft, dass „es noch ein bisschen weitergeht“. Mal wieder nach Ibiza zu fahren, vielleicht eine kleine Tournee, Bilder malen, Musizieren, Videos angucken und schneiden. Das wäre was.
Egoisten sind ihm zuwider, Zander ist ein Mann mit Empathie. „Ich kann mich in Gefühle vertiefen.“ Das spielt auch bei seinem Engagement für Obdachlose eine Rolle. Das jährliche Essen zu Weihnachten ist ihm eine Herzenssache. Wer viel hat, kann etwas abgeben, findet er. Das meint er ehrlich, das spüren die Leute.
Dazu passend fällt ihm ein Schlusswort ein: „Auf meinem Friedhof riecht es schwer nach Alkohol.“ Das wird dann an den vielen Obdachlosen liegen, die ihm zu Ehren kommen und sich da „einen reinziehen“. Er imitiert einen Friedhofsbesucher: „Wo liegt denn der Zander? Da, wo es nach Alkohol riecht.“
[Caroline Bock]
Bildquelle:
- df-frank-zander: obdachlosenfest.de