Das Fernsehen klopft sich auf die Schulter: Die Gala zum Deutschen Fernsehpreis wird sogar wieder im TV gezeigt. Der große Gewinner des Abends ist dabei eine kleine Überraschung.
Jürgen von der Lippe (70) steht da, aber er sieht eigentlich nicht aus wie Jürgen von der Lippe. Eher wie Hans-Jürgen Dohrenkamp, wie er ja bürgerlich heißt, was man aber längst vergessen hat. Der Grund: Es fehlt etwas an von der Lippe – das obligatorische Hawaiihemd. Er trägt heute Schwarz. „Ich habe mich in diesen zu kleinen Anzug gezwängt, um niemanden zu verprellen“, gesteht er. Eigentlich aber sei das Hawaiihemd für ihn Berufskleidung.
„Alles andere würde die Leute verunsichern. Ähnlich wie, wenn ein Feuerwehrmann als Tanzmariechen verkleidet zum Einsatz fährt. Das würde auch unnötig verunsichern und den Menschen auch Angst machen.“
Am diesem Donnerstagabend hat von der Lippe allerdings gute Gründe, von seinem eisernen Dresscode abzuweichen. Der Anlass ist festlich: Er bekommt den Deutschen Fernsehpreis für sein Lebenswerk – etwa den Quotenhit „Geld oder Liebe“. Die Gala in Düsseldorf ist so etwas wie ein großes Absolvententreffen der TV-Branche, man wirft sich in Schale. Prämiert werden die besten TV-Macher, Schauspieler, Journalisten, Filme und Serien 2018.
Etwas überraschend wird der Mehrteiler „Gladbeck“ (ARD/Radio Bremen) über das Geiseldrama von 1988 zum großen Gewinner des Abends. Mit insgesamt drei Auszeichnungen läuft er den hoch gehandelten Serien „Bad Banks“ (ZDF/Arte) und „Das Boot“ (Sky) den Rang ab. „Bad Banks“ mit Paula Beer und Désirée Nosbusch war mit sechs Nominierungen ins Rennen gegangen, „Das Boot“ (Sky) gar mit neun.
„Gladbeck“ gewinnt in den Kategorien „Bester Mehrteiler“ und „Bester Schnitt“. Zusätzlich wird Darsteller Albrecht Schuch als bester Schauspieler ausgezeichnet. „Bad Banks“ kann bei „Beste Regie“ (Christian Schwochow) und in der wichtigen Kategorie „Beste Drama-Serie“ die Jury überzeugen. Dort setzt sie sich auch gegen „Das Boot“ durch. Die Serie basiert auf demselben Stoff wie der gleichnamige Kino-Welterfolg von Regisseur Wolfgang Petersen aus dem Jahr 1981. Am Ende bleiben für das Remake die „Beste Kamera“ und mit Vicky Krieps die beste Schauspielerin.
Weitere Überraschung durch „ranNFL“ als beste Sportsendung
Bei den Filmen setzt sich „Aufbruch in die Freiheit“ durch. Der ZDF-Streifen behandelt das Thema Abtreibung und spielt Anfang der 70er Jahre in einer Provinzstadt. Die Macher widmeten den Preis Frauen, die sich für die Abschaffung des Paragrafen 219a einsetzen.
Als beste Primetime-Show kann sich die etablierte Tanz-Show „Let’s Dance“ (RTL) durchsetzen. Bei den Moderatoren zeigt Luke Mockridge unter anderem Kai Pflaume die lange Nase. Als „Beste Unterhaltung Late Night“ wird „Inas Nacht“ (ARD/NDR) mit Ina Müller ausgezeichnet.
Als „Beste Comedy“ nimmt „Kroymann“ (ARD/Radio/Bremen/SWR/NDR/rbb) mit Maren Kroymann einen Preis mit nach Hause. In der Schwester-Kategorie „Beste Comedy-Serie“ triumphiert dagegen „jerks.“ (ProSieben/maxdome). Die Trödel-Show „Bares für Rares“ (ZDF) mit Horst Lichter wird „Bestes Factual Entertainment“, „ranNFL“ von ProSieben und ProSieben MAXX „Beste Sportsendung“.
Bei den Dokumentationen erhält „Kulenkampffs Schuhe“ (ARD/SWR/HR) die Ehrung. In der Doku wirft die TV-Autorin Regina Schilling als Kind eines Kriegsheimkehrers einen ganz subjektiven Blick auf Deutschlands große Entertainer wie Hans-Joachim Kulenkampff und Peter Frankenfeld. Als beste Auslandsreporterin würdigt die Jury Antonia Rados für ihren Bericht „Jemens langsamer Tod“ (N-TV).
Der Deutsche Fernsehpreis wird seit 1999 von den großen TV-Anbietern vergeben – Stifter sind die Intendanten und Geschäftsführer von ARD, ZDF, RTL und Sat.1. Die Geschichte der Auszeichnung ist allerdings durchaus wechselhaft. 2015 fiel die Verleihung aus – der Preis war zuvor stark in die Kritik geraten. Die Ausgabe 2019 – moderiert von Barbara Schöneberger und Steffen Hallaschka – wurde nun auch wieder übertragen. Wer wollte, konnte im Internet zuschauen oder später bei einer Aufzeichnung bei One. Im vergangenen Jahr etwa hatte es gar keine ausgestrahlten Bilder gegeben. [Jonas-Erik Schmidt, dpa]
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