Fernsehen war schon mal bunter: Diversity im TV geht zurück

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Streaming, Sender, Fernbedienung © Artur Marciniec - Fotolia.com
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In den Corona-Jahren übertrafen sich TV-Sender und Streamingdienste darin, Minderheiten ins Zentrum von Serien und Filmen zu rücken. Einiges deutet darauf hin, dass nun ein Gegentrend eingesetzt hat.

Wenn sich dieser Tage Tausende TV-Macher im französischen Cannes zum weltweit wichtigsten Branchentreff Mipcom (21. bis 24. Oktober) versammeln, ist die gerechte Darstellung von Minderheiten in Fernsehen und Streaming wieder einmal Top-Thema. Für die Branche war Diversity jahrelang einer der Gradmesser dafür, wie innovativ ein Stoff ist.

Formate wie „Bridgerton“ auf Netflix setzten Maßstäbe darin, People of Color – also nichtweiße Menschen – als Heldinnen und Helden zu inszenieren. Die vielfach ausgezeichnete britische Serie „We Are Lady Parts“ über eine muslimische Mädchen-Punkband in London ist eines vieler Beispiele von Diversity-Formaten mit starken Frauenfiguren, die in der Coronazeit einen regelrechten Boom erlebten. Nach einer Phase des großen Fortschritts werden aber offensichtlich international erstmals Rückschritte deutlich.

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US-Topserien werden wieder weißer

Das Marktforschungsunternehmen Samba TV hat kurz vor der TV-Messe in Cannes bereits Alarm geschlagen: In den USA, eigentlich Vorreiter bei der Abbildung gesellschaftlicher Vielfalt, sank der Anteil an nichtweißer Besetzung in den Top-Serien im ersten Halbjahr 2024 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 7 Prozent. Besonders auffällig: Der Rückgang von 40 Prozent bei hispanoamerikanischen Schauspielern im Vergleich zum Vorjahr – und das trotz des Starts so hochkarätiger Serien wie „Griselda“ mit Sofia Vergara auf Netflix.

Für die Niederlande legt Wissenschaftlerin Serena Daalmans ähnliche Ergebnisse vor: Frauen kommen dort immer noch zu kurz, und nur 5 Prozent der Menschen im Fernsehen waren über 65 Jahre alt, während diese Gruppe mehr als 20 Prozent der niederländischen Gesellschaft ausmacht.

„Welt überall aus den Fugen“

Besonders deutlich wurde der Vorsitzende der britischen Royal Academy of Dramatic Art, Marcus Ryder: Die TV-Branche trage eine Mitverantwortung für die Hetzjagden auf Migranten, die nach der Messerattacke in Southport ausgebrochen waren, beklagte er: Im britischen Fernsehen würden Muslime meistens als Terroristen gezeigt.

Einen Rückgang bei Diversity-Formaten hat Martina Richter ebenfalls bemerkt. Als Direktorin des Film Festivals Cologne analysiert sie alljährlich die internationalen Programmtrends: „Das hat wahrscheinlich damit zu tun, dass die Welt überall aus den Fugen geraten ist – mit vielen Krisenherden und antidemokratischen Kräften, die auf dem Vormarsch sind.“ Gerade die steigende Fremdenfeindlichkeit sei in vielen Ländern spürbar.

Dabei hatte das Thema in Streaming sowie TV zur Corona-Zeit richtig Fahrt aufgenommen, vielleicht weil in der Pandemie so manche marginale Gesellschaftsgruppe wesentlich stärker betroffen war als die Mehrheits-Bevölkerung. Die Streamingportale, die ihre Formate meistens weltweit anbieten, erreichen damit Minderheiten rund um den Globus – die damit eine marktrelevante Masse darstellen.

Als vorbildlich gilt die englische BBC in ihrem Einsatz für die Darstellung gesellschaftlicher Vielfalt. Dort hat man bemerkt, dass auch wirtschaftliche Verwerfungen die Bemühungen in der Branche torpediert haben. Denn gerade die Kreativen, die aus dem Geschäft aussteigen mussten, stammten oft aus Gruppen, die in der Medienbranche früher nicht zu finden waren.

Bei der BBC jedenfalls möchte man den Anteil der Mitarbeiter an einer Sendung, die ethnisch vielfältig, gehörlos, behindert und/oder neurodivers sind oder einen sozioökonomisch vielfältigen Hintergrund haben, von 20 auf 25 Prozent erhöhen. Dafür hat der Sender in den vergangenen drei Jahren fast 320 Millionen Euro investiert.

Andere Länder weit voraus

Auch in Deutschland steht Diversität bei Sendern und Streamingportalen hoch oben auf der Agenda. Es ist allerdings auffällig, dass bei den renommierten „Diversify TV Awards“ in Cannes dieses Jahr kein einziger deutscher Beitrag nominiert ist. Die Umsetzung des Themas gerate hierzulande zuweilen wohl etwas zu schablonenhaft, kritisiert Produzent Michael Souvignier von der Firma Zeitsprung („Oktoberfest 1900“): „Wenn ich in einer Backstory erklären muss, warum die Schwester weiß und ihr Bruder dunkelhäutig ist, dann wirkt das manchmal ein bisschen mit dem Holzhammer vermittelt und wenig organisch.“

Andere Länder seien Deutschland schon weit voraus, glaubt Produzent Nico Hofmann („Ich bin! Margot Friedländer“): „Aber wir sind auf dem Weg.“ Denn eine neue, junge Generation sei am Start, die mit dem Thema ganz selbstverständlich umgehe: „Und sie fordern das auch ein – den selbstverständlichen, natürlichen Umgang mit der Wirklichkeit.“

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2 Kommentare im Forum
  1. Ist man auch schon draufgekommen, dass es teilweise schon zu viel des Guten war? Es soll jeder leben können, wie er will, nur das permanente "Aufs-Auge-drücken" der verschiedenen Lebensweisen nervt!
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