Lena und die zelebrierten „Douze Points“ fehlten noch, aber sonst war das erste Eurovision-Halbfinale am Dienstagabend schon fast ein richtiger Grand Prix. Nur mit dem Ton müsste es am Samstag besser klappen.
In einem flotten Halbfinale hat sich Deutschland am Dienstagabend als Gastgeber des Eurovision Song Contest vorgestellt. Die Show ließ von der Optik her keine Wünsche offen, nur mit dem Ton haperte es noch: Die Leitungen aus der Düsseldorfer Arena fielen teilweise aus, so dass die deutschen Kommentatoren zum Telefon greifen mussten. Wie viele andere Länder noch darunter zu leiden hatten, war unklar. Pro Sieben sprach von einem „internationalen Problem“, laut NDR ging es nur um „einige wenige Länder“.
Den Einzug ins Finale an diesem Samstag schafften Serbien, Litauen, Griechenland, Aserbaidschan, Georgien, die Schweiz, Ungarn, Finnland, Russland und Island. Als Titelanwärter gelten von diesen Aspiranten vor allem Ell & Nikki, die mit dem Kuschelsong „Running Scared“ der sanften Seite ihrer aserbaidschanischen Heimat Ausdruck verleihen. Die Top-Favoriten Irland und Frankreich waren zunächst noch nicht dabei.
Im zweiten Halbfinale am Donnerstag werden noch mal zehn Teilnehmer ausgewählt. Die Deutschen haben ihren Platz bereits sicher, „weil die am meisten Kohle zahlen, das ist wie in der Europäischen Union“, erläuterte Comedian Kaya Yanar vorab in der ARD. Übertragen wurde die Show von ProSieben.
Nicht zur Wahl, aber ebenfalls unter Beobachtung stand das Moderatoren-Trio Stefan Raab (44), Anke Engelke (45) und Judith Rakers (35). Die in Montreal geborene Engelke spielte aufgrund ihrer perfekten Dreisprachigkeit ganz klar die erste Geige. Ihr wohl bemerkenswertester Satz war: „Halbzeit as we say in German, which means Halbzeit.“
Wenn Raab zuvor behauptet hatte, er werde auf der großen Düsseldorfer Bühne einfach das abziehen, was er jeden Abend bei „TV Total“ mache, so war das kaum zutreffend: Er hielt sich ungewohnt vornehm zurück, und die wenigen Witze, die er sich erlaubte, waren einstudiert.
Die Show hatte ordentlich Tempo. Fast konnte man glauben, es wäre bereits Samstag. Nur die zelebrierte Punkteverteilung („twelve points, douze points“) fehlte noch. Und natürlich Lena. Aber sonst war alles da. Von „Haba Haba“ (Norwegen) über „Boom Boom“ (Armenien) bis „Da Da Dam“ (Finnland). Musik kennt keine Sprachbarrieren.
Optisch wurde der Aufwand getrieben, den Europa zu diesem Anlass erwartet: Mal zauberte die Technik Kirchenfenster auf die Bühne, mal Wolkengebirge oder Retro-Muster der 70er Jahre. Dazu Knalleffekte, Blitz und großer Rauch, aber letztlich gilt natürlich der Lena-Satz: „Beim Hören muss es stimmen.“
Das Rührstück des Abends brachte der Finne Paradise Oskar, eine „männliche Nicole“, wie es Grand-Prix-Experte Jan Feddersen treffend ausdrückte. Der Ausreißer war Portugal mit einer offenbar satirisch gemeinten Nummer zur Wirtschaftskrise des Landes.
Wer letztlich weiterkam, entschieden je zur Hälfte die Jurys in den einzelnen Ländern und das Fernsehpublikum, wobei die Deutschen nicht mitmachen durften, weil sie schon automatisch qualifiziert sind. Ein wenig Gerechtigkeit muss sein in der Mediendemokratie.
Lena sang an diesem Abend nur in einem ganz kurzen Einspielfilmchen, saß aber vorher im Studio und verteilte auch Mahlzeiten an die Gastdelegationen: „I made it myself, it’s called Kartoffelsalat.“ Selbst wenn sie’s am Samstag nicht schafft, meinte Pro-Sieben-Moderator Matthias Opdenhövel, Lena kommt auch so durchs Leben.
[Christoph Driessen/ar]
Bildquelle:
- Inhalte_Fernsehen_Artikelbild: Destina - Fotolia.com