Am Donnerstagabend wurde bei „Unser Song für Österreich“ der deutsche Kandidat für den ESC in Wien gesucht. Gewonnen hat schließlich der „The Voice“-Gewinner Andreas Kümmert, doch der macht einen Rückzieher. Nun fährt eine Frau.
Der deutsche Vorentscheid für den Eurovision Song Contest (ESC) ist mit einem Eklat zu Ende gegangen: Der vom Publikum zum Sieger bestimmte Andreas Kümmert schlug am Ende der Show „Unser Song für Österreich“ die Teilnahme am ESC-Finale aus. „Ich bin nicht wirklich in der Verfassung, diese Wahl anzunehmen“, sagte der 28-Jährige am Donnerstagabend nach der Bekanntgabe des Ergebnisses.
Damit wird die Zweitplatzierte Ann Sophie Deutschland am 23. Mai in Wien vertreten. Die 24 Jahre alte Newcomerin warb anschließend dafür, Kümmerts Entscheidung zu respektieren. „Ich finde das megamutig, dass er in dem Moment so auf sein Herz gehört hat“, sagte Ann Sophie.
Der Vorentscheid wurde live aus Hannover übertragen. Der für die Show verantwortliche NDR war von Kümmerts Entscheidung komplett überrascht worden. „Wir haben da mit offenem Mund gestanden“, sagte ARD-Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber. Es sei Kümmerts Idee gewesen, beim ESC dabei zu sein, betonte er.
Das Team um Kümmert verwies nach der Show auf den öffentlichen Wirbel, dem der Sänger ausgesetzt sei. „Die Lampe ist zu groß, die da angeht“, sagte Siggi Schuller von der Plattenfirma Universal in einem ARD-Video. „Er hat alles gegeben und irgendwann festgestellt, dass er es einfach nicht packt.“ Er glaube, Kümmert habe einfach spontan entschieden.
Moderatorin Barbara Schöneberger akzeptierte auf der Bühne Kümmerts Entscheidung und erklärte Ann Sophie zur Siegerin. Sie habe Kümmert abgenommen, dass er nicht tief in die ESC-Maschinerie eintauchen wollte, sagte Schöneberger nach der Show. „Der hat Angst.“
Ein Sprecher der veranstaltenden European Broadcasting Union (EBU) reagierte gelassen. „Wir haben keine Vorgaben, wie die Nationen ihre Künstler für das Finale auswählen“, sagte EBU-Sprecher Jarno Siim der Zeitung „Die Welt“ (Online). „Für uns gilt derjenige als Kandidat, der im Mai zum Head of Delegations Meeting in Wien erscheint.“ Der Rückzug Kümmerts gefährde Deutschlands Teilnahme nicht, „auch wenn es meinen Informationen nach bisher einzigartig ist“.
Der 28-Jährige hatte vor einem Jahr die Castingshow „Voice of Germany“ gewonnen. Der pummelige Brillenträger mit dem roten Bart wirkte stets in sich gekehrt, brillierte aber mit seiner souligen Stimme in Joe-Cocker-Manier.
In sozialen Netzwerken ließen die ersten Reaktionen auf seinen Verzicht nicht lange auf sich warten. Sänger Rea Garvey sprach bei Twitter von einem „Desaster“ – und rief dazu auf, „Barbara“ (Schöneberger) zum Finale zu schicken. Moderator Oliver Pocher kommentierte den Abend mit einem verlegen-roten Smiley.
Ann Sophie singt jetzt in Wien ihren souligen Popsong „Black Smoke“. Die 24-Jährige hatte sich beim ESC-„Clubkonzert“ in Hamburg die Wildcard für den Vorentscheid gesichert. Internationale Erfahrung bringt die Hamburgerin mit. Sie wurde in London geboren und ging mit 20 nach New York, um Schauspiel zu studieren. Daneben startete sie ihre Musikkarriere, sang in Bars und nahm ihre ersten selbst geschriebenen Songs auf.
Acht Solokünstler und Bands stellten sich am Donnerstag dem Votum der Zuschauer, die per Telefon und SMS abstimmen konnten. Im Halbfinale gewannen Ann Sophie und Andreas Kümmert gegen die Berliner Frauenband Laing und die für den Echo nominierte Sängerin Alexa Feser. Mrs. Greenbird, Faun, Fahrenhaidt und Noize Generation waren bereits nach ihrem ersten Song ausgeschieden.
Der Eurovision Song Contest wird seit 1956 ausgetragen. Deutschland hat bisher nur zwei Mal gewonnen, 1982 mit Nicole und 2010 mit Lena. 2014 war das Frauentrio Elaiza für Deutschland angetreten und auf dem enttäuschenden 18. Platz gelandet. [dpa/fm]
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