Anlässlich des internationalen Tages der Migranten am 18.12.2007 strahlt EinsExtra an zwei aufeinander folgenden Tagen vier Dokumentationen aus.
In Deutschland leben rund 15,3 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund, das sind 18,6 Prozent der deutschen Gesamtbevölkerung.
Als die Gastarbeiter ins Fernsehen kamen, Sendetermin: Montag, 17.12.2007, 20:15 Uhr, Ein Film von Monika Siegfried-Hagenow
„Keine Spur von Krummdolch und Burnus“, wundert sich der Reporter, als er Anfang der 60er Jahre türkische Arbeiter an den Drehbänken und Fließbändern einer Metallfabrik besucht. Es ist ein skurriles Bild, das die Fernsehbeiträge in den frühen Jahren von den Gastarbeitern zeichnen, mal voller Vorurteile, mal von unfreiwilliger Komik. Befremdet spürt man fremdländische Lebensmittel in den Wohnbaracken der Italiener auf, während ein anderer Reporter ins ferne Sizilien reist und mit den weinenden „Bambini“ schluchzt, deren Väter in Köln für ihre Barbiepuppen schuften. Die Kameras sind dabei, als der millionste Gastarbeiter völlig verwirrt und ratlos ein Moped als Begrüßungsgeschenk in Empfang nimmt. Aber auch, als im „Wirtschaftswunderland“ die Begeisterung über die billigen Arbeitskräfte umschlägt, als es 1973 zur Wirtschaftskrise und schließlich zum Anwerbestopp kommt.
…und ab nach Deutschland, Als die Italiener kamen, Sendetermin: Montag, 17.12.2007, 22:00 Uhr, Ein Film von Monika Siegfried-Hagenow
Sechs Jahre lang hatte Raimondo Arzedi als Fischer in Sardinien gearbeitet – ohne Bezahlung. Wie sollte der junge Mann damit eine Familie gründen? Da folgte er lieber dem Ruf deutscher Firmen, die Arbeiter fürs Wirtschaftswunder suchten und dafür außer einem Etagenbett auch 240 Mark im Monat boten. Wie Raimondo stiegen vor 50 Jahren viele junge Italiener in den Zug, von deutschen Ärzten auf Herz und Nieren geprüft, den Parmesankäse von Mama und den Arbeitsvertrag im drahtverschnürten Pappkoffer. Die Korbflasche mit Chiantiwein und Hits von „Marina“ bis „Volare“ sollten ihnen helfen gegen das Heimweh, das manch einen in der Finsternis unter Tage oder am Fließband packte. Deutsche Jungs wehrten sich oft schlagkräftig gegen die Konkurrenz aus dem Süden, die ihnen am Wochenende beim Tanztee die Mädchen ausspannte. Den „Amorebecher“ erfanden allerdings andere, die schon vor über 100 Jahren mit ihren Handkarren den Weg über die Alpen nach Deutschland nahmen: die Eismänner und -frauen aus den Dolomiten. Aus Norditalien kamen auch die Steinmetze, die schon um 1900 in den Steinbrüchen an Rhein und Ruhr als geschätzte Spezialisten Pflastersteine für preußische Straßen brachen. Viele von ihnen wirkten – misstrauisch beäugt von der Obrigkeit – tatkräftig mit bei der Gründung der ersten Gewerkschaften.
Heimat ist da, wo du lebst, Als die Griechen kamen, Sendetermin: Dienstag, 18.12.2007, 21:00 Uhr, Ein Film von Monika Siegfried-Hagenow
Viele verließen Griechenland aus Armut und mit der Hoffnung auf ein besseres Leben. Andere flohen vor der Militärjunta. Die griechischen Gastarbeiter brachten Fetakäse, Souflaki und Tsatsiki mit, und in ihren Restaurants träumten die Deutschen zu Bouzouki-Klängen vom sonnigen Urlaub im Süden. Wer auf der Insel Rhodos seine Töchter verheiraten wollte, musste für jedes Mädchen als Mitgift ein Haus bauen. In den 60er Jahren war das so Sitte. Kein Wunder, dass viele aus dem Dorf Afandou ihr Glück im Norden suchten, nachdem Griechenland und Deutschland einen Anwerbevertrag für Gastarbeiter geschlossen hatten. Sie alle zog es nach Gummersbach, bis schließlich zwei Drittel der Bewohner von Afandou in der oberbergischen Kleinstadt lebten. Der Fischer Nikolaos Kritikos arbeitete in einer Spinnerei, die Schafhirtin Despina Diakou wurde Kranführerin, einem jungen Mann verhalfen seine Künste als Torschütze beim Fußball zu einem Arbeitsplatz in der Metallindustrie. Wie es Despina Nikolaos und anderen erging im grauen, grünen Deutschland und ob sich ihre Träume und Hoffnungen erfüllt haben, zeigt die Dokumentation von Monika Siegfried-Hagenow.
Fremdländer – Deutschländer, Als die Türken kamen, Sendetermin: Dienstag, 18.12.2007, 22:00 Uhr, Ein Film von Monika Siegfried-Hagenow
In der Dokumentation erinnern sich Männer und Frauen der ersten Gastarbeitergeneration an ihre Ankunft in Deutschland, an kuriose Missverständnisse und große Hoffnungen und an ein Leben voller Widersprüche zwischen zwei Ländern, zwei Kulturen. Ein blondes Mädchen würde in Deutschland am Bahnhof stehen und lächelnd jeden frisch angekommenen türkischen Gastarbeiter willkommen heißen – wie ein Lauffeuer verbreitete sich dieses verlockende Gerücht unter den jungen Männern, die 1961 vor dem türkischen Arbeitsamt in Istanbul Schlange standen. Werbebroschüren verhießen ihnen das Paradies im fernen Deutschland. Denn dort suchte man dringend Arbeitskräfte. In Deutschland angekommen, folgte für viele die Enttäuschung auf dem Fuß: Ein Kaufmann, der gern als Gutsverwalter arbeiten wollte, landete im Schweinestall, der Ingenieur Metin Türköz am Fließband und das Zuhause des Börekbäckers Alibaba war zehn Jahre lang eine Baubaracke, die er mit fünf anderen Männern teilen musste. Für ihn, den frustrierten Ingenieur, wurde sein Zorn zur Goldgrube: Er kleidete ihn in Lieder und machte damit Karriere als Sänger. Vielen sprach er aus der Seele, die fremd blieben in einem Land, dessen Sitten ihnen zu freizügig, dessen Bewohner ihnen oft abweisend und dessen blonde Mädchen ihnen unerreichbar erschienen. Für Alibaba, Metin und die anderen war damals klar: Nach ein paar Jahren wollten sie wieder heimkehren. Aber dann sind sie über 40 Jahre lang in Deutschland geblieben. [mg]
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