Eine Leiche hockt im Einkaufskorb. Killer hetzen einen halbnackten Mann durch Wien. Und diesmal liegen im Container voller Hühnerfüße drei erfrorene Chinesen. Doch der Schock der „Tatort“-Fans dürfte sich in Grenzen halten. Inzwischen wissen sie: Wenn es in der ARD-Krimireihe nach Österreich geht, kommt man zur Sache.
Grausam und gründlich. Alexander Vedernjak, „Tatort“-Redakteur beim ORF, seufzt dabei schwer: „Das hat gewiss mit der österreichischen Sicht der Dinge zu tun. Der Österreicher ist nun mal eher pessimistisch, neigt zu Larmoyanz und Depressionen, sieht hinaus in die Welt und findet sie nun mal nicht so wunderschön.“
Zum Beispiel nicht, was sich im „Tatort“ an diesem Sonntag (25. März, 20.15 Uhr) unter dem Titel „Falsch verpackt“ zuträgt: Geflügel wird eingeschleust, das astrein bio sein soll – Enten aus Frankreich, Gänse aus Ungarn, Hühner aus der Steiermark. Dabei kommt all das Federvieh aus China. Und mit dem Vogelgrippe-Virus ist es auch noch behaftet. Aber für die Importeure bleibt es ein blendendes Geschäft. Und wenn das aufzufliegen droht, ist es bis zum nächsten Mord nicht weit.
Martin Ambrosch schrieb das Buch, Sabine Derflinger inszenierte es mit deutlicher Lust am schaurigen Detail. Da spürt schon mal ein Hund im Park eine abgeschlagene Hand auf, aus dem Kühlfach des Kommissars grinst der Kopf eines Toten. Harald Krassnitzer als Kommissar Moritz Eisner, wegen einer Abmagerungskur sowieso schon von Depressionen geplagt, nimmt das nicht so tragisch, ein kriminalistischer Don Quijote, der eigentlich weiß, dass er an Gottes skurriler Schöpfung nichts wesentlich verbessern kann, es aber doch immer wieder von neuem versucht.
Sein Sancho Pansa: nun schon ein viertes Mal Adele Neuhauser als Partnerin Bibi Fellner. Wie ein Sturmwind, mit einem explosiven Temperament, war sie in die „Tatort“-Landschaft eingebrochen, eine Alkoholikerin als Kriminalerin, befreundet mit einem Typen, den als „Strizzi“ (Zuhälter) zu bezeichnen eine charmante Umschreibung ist, voll überschäumender Lebenslust und dann wieder voll tiefer Verzweiflung. Wie jetzt im neuen Fall, da sie nicht hat widerstehen können und wieder mit dem Saufen angefangen hat. Als ein Häufchen Elend muss sie Freund und Kollege Eisner am Wiener Naschmarkt auflesen.
Nein, sie brauchte keine große Schamgrenze überwinden, um eine Alkoholikerin zu spielen, meint die Wiener Schauspielerin: „Alkoholismus ist eine schwere Krankheit. Das zu zeigen und so spannend wie möglich zu erzählen, ist doch auch eine Chance für die Betroffenen.“
Am Ende darf sie dann immerhin mit Eisner auf einer Parkbank sitzen, echten Kaviar löffeln und das Lied von den „Drei Chinesen mit dem Kontrabass“ anstimmen. Im nächsten Film soll dann der Alkoholismus fürs erste wieder überwunden sein. Dort wird es um ein vermeintliches Selbstmordattentat gehen. Im Film darauf um die Kämpfe der konkurrierenden Völkerschaften im Kärntner Grenzland zwischen Österreich und Slowenien und dann um Frauenhandel in Wien. Die brandheißen, bitterbösen Themen gehen also nicht aus. Und die dazugehörigen Grausamkeiten sicher auch nicht.
[dpa/su]
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