Bis heute besuchen Tausende Menschen die Shows im Berliner Friedrichstadt-Palast. Das ZDF hat dort nun eine neue Serie gedreht. Sie erzählt die Geschichte zweier Schwestern. Mit Drama, Brüsten, großer Politik.
Manchmal finden Leute ja, man habe Ähnlichkeit mit jemandem. Vielleicht erinnert eine Geste an eine andere Person. Oder ein Ausdruck im Gesicht. Aber wie wäre es wohl, einem Menschen zu begegnen, der genauso aussieht wie man selbst? Mit einer solchen Szene beginnt die ZDF-Serie „Der Palast“. In den späten 1980er Jahren, kurz vor dem Mauerfall, besucht Marlene Wenninger den Friedrichstadt-Palast im Osten Berlins.
Als sie die Treppe hochkommt, wird sie schon begrüßt. „Das ist unser Gast aus der BRD“, wird sie vorgestellt. Die Geschäftsfrau trifft sich mit einem Vertreter des DDR-Außenhandelsministeriums. „Und das ist also Ihr Las Vegas?“, will Marlene wissen, während die beiden im Saal auf die Show warten. „Das größte Revuetheater in ganz Europa“, antwortet ihr Gesprächspartner etwas stolz, „ja“.
Ikonische Schauplätze bieten eine gute Vorlage für Serien. Der Friedrichstadt-Palast gehört dazu. Bis heute besuchen Tausende Menschen jährlich die Glitzershows. Keine Bühne in Berlin hat mehr Zuschauerinnen und Zuschauer. Abends halten oft Reisebusse vor dem Haus, das zwar nach expressionistischen 1920er Jahren aussieht, aber erst in den 1980er Jahren eingeweiht wurde.
Doppeltes Lottchen mit Ost-/West-Pointe
Auch als Filmkulisse dient der „Palast“, wie er manchmal genannt wird. In der Netflix-Serie „Das Damengambit“ taucht das Gebäude als Drehort auf. Das ZDF erzählt dort nun eine Geschichte über die deutsche Teilung, denn in der Serie trennt die Berliner Mauer die Stadt. Als Marlene in der Show sitzt, greift sie plötzlich zum Fernglas: Eine Tänzerin sieht ihr zum Verwechseln ähnlich.
Marlene läuft zum Hinterausgang und folgt ihrer mysteriösen Doppelgängerin. Die Tänzerin heißt Christine Steffen. Und bald stellt sich heraus, dass beide Frauen eigentlich Zwillinge sind, getrennt als Babys. Während Marlene im Westen aufwuchs, blieb Christine mit ihrer Mutter in der DDR. Aber was ist damals passiert? Und wie können sie das Leben der anderen kennenlernen, während das politische System sie trennt?
„Der Palast“ erzählt nicht nur etwas über die Nickeligkeiten des Showgeschäfts („Maske wird ma‘ wieder nicht jenannt“), sondern auch über deutsche Geschichte. Schauspielerin Svenja Jung übernimmt dabei eine Doppelrolle. Auch Heino Ferch und Anja Kling spielen mit. Die sechs Folgen ist seit 27. Dezember in der ZDF-Mediathek zu sehen. Im linearen Fernsehen zeigt das ZDF den Sechsteiler vom heutigen 3. Januar an täglich jeweils ab 20.15 Uhr in Doppelfolgen. Regie führte Uli Edel („Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo„).
„Der Palast“ ist etwas vorhersehbar, aber trotzdem gute Unterhaltung
Die Miniserie zeigt natürlich viele schöne Bilder. Frauen mit prächtigem Lidschatten und exzentrischen Kostümen, heute wirkt das herrlich aus der Zeit gefallen. Dazu gibt es Berlin im Nebel. Und Berlin im Regen. Und Lieder wie „Bataillon d’Amour“ und „99 Luftballons“. Die Geschichte erinnert erstmal an Erich Kästners „Das doppelte Lottchen“. Auch dort treffen sich zufällig zwei Schwestern wieder, die getrennt aufgewachsen sind.
In der Serie wird das Ganze mit politischen Themen unterfüttert. Zum Beispiel, wenn die Theaterleute irgendwie zwischen ihrer Kunst auf der Bühne und politischer Führung agieren müssen. „Nadja, ich bräuchte nochmal ein Papier zur inhaltlichen Relevanz. Was macht das Besondere unserer Revue aus? Wo repräsentiert sich der sozialistische Alltag? Und so weiter und so weiter.“ – „Fürs Kulturministerium. Alles klar“
Es geht auch irgendwie um BRD-Mief, um den Umgang mit Homosexualität und die unterschiedlichen Lebenswege der beiden Schwestern. Manche Dialoge sind etwas aufgesetzt, die Geschichte eher vorhersehbar. Aber trotzdem bieten die Folgen einige Stunden gute Unterhaltung mit interessantem Thema.
[Julia Kilian]
Bildquelle:
- df-der-palast: ZDF