Der Deutsche Fernsehpreis wurde am Wochenende in Köln in zwölf Kategorien verliehen. Der große Pepp fehlte der am Montagabend bei RTL ausgestrahlten Gala. Der große Skandal blieb aus. Die Fernsehschaffenden waren aber zufrieden: Gottlob kein Ärger.
Jörg Hartmann. Jörg Hartmann? Wer ist Jörg Hartmann? Jörg Hartmann ist der beste deutsche Schauspieler des Jahres. Dazu hat ihn zumindest die Jury des Deutschen Fernsehpreises am Sonntag gekürt. „Mich kennt man weniger, weil ich erst vor zwei Jahren vom Theater gekommen bin“, sagte der 42-Jährige am späten Abend, nachdem schon viele Besucher der Preisvergabe in Köln sich gefragt hatten: Wer war noch gleich der beste Schauspieler?
Der Deutsche Fernsehpreis ist die Königsklasse, auch und gerade für Hartmann. Der gebürtige Nordrhein-Westfale aus Hagen spielte in der in Ostberlin in den Achtzigern angesiedelten ARD-Serie „Weissensee“ den fiesen Stasi-Major Falk Kupfer, der selbst vor seiner eigenen Familie nicht zurückschreckt. Er sei – obgleich Wessi – zu der Rolle gekommen, weil er bereits einen Stasi-Mann im Mehrteiler „Die Wölfe“ verkörperte, sagte Hartmann. Auch diese Produktion entstand im Hause Ziegler.
Hartmann, der beim Fernsehpreis in Köln von seiner Frau Simone begleitet wurde, hatte gar nicht so sehr mit der Trophäe gerechnet, denn bereits vor ihm wurde „Weissensee“ als beste Serie geehrt. „Da habe ich gedacht, es müsste eigentlich ein anderer Sender drankommen.“ Aber nein – Es wurde wieder „Weissensee“ – mit Hartmann, dessen Marktwert nun steigt? Ja, räumte er ein, seine Verhandlungsposition könne sich ändern. Die Anbieter könnten vielleicht zurückschrecken, weil sie wüssten, er habe nun den Preis.
Und dann Joachim Fuchsberger: Seine Frau Gundel kämpfte mit den Tränen, während er den Plexiglas-Obelisken von einer Hand in die andere schob. „Was Sie jetzt hier sehen“, hob der 84-Jährige auf der Bühne an, „was Sie jetzt hier sehen, ist vom jugendlichen Liebhaber übrig geblieben. Enjoy the age – the rest is not recommendable.“ Genieß das Alter – der Rest ist nicht empfehlenswert. Showmaster Frank Elstner hatte Fuchsberger gerade die Ehrung für sein Lebenswerk überreicht.
„Ich bin kaum 85, und schon habe ich diesen wundervollen Preis in der Hand“, fuhr der Schauspieler und Moderator fort. „Das ist mein erster Fernsehpreis. Auf dich hab‘ ich gerade gewartet.“ Seinem Laudator, Frank Elstner, gratulierte Fuchsberger ganz nebenbei noch zum Gewinn der Goldenen Henne wenige Tage zuvor. Fuchsberger dankte seiner Frau, die ihn gelenkt und gewarnt habe. Auch vor langen Reden. Deswegen machte er zeitig Schluss bei der Dankesrede und sagte: „Mein Herzenswunsch ist zu sagen: Auf Wiedersehen.“ Fuchsberger nahm also den Preis, im Gegensatz zu Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki, der ihn mürrisch ausgeschlagen hatte.
Auf diesen Skandal 2008 spielte Denis Scheck, der ARD-Bücherwurm, an. „Ich nehme den Preis nicht an“, sagte Scheck, als er die Auszeichnung für besondere Leistungen im Bereich Information entgegennahm. „Ich nehme den Preis nicht an, ohne zu sagen, dass die Literatur ein gefährliches Pflaster für den Fernsehpreis ist.“
Dann war da noch der Auftritt von Komiker Oliver Pocher, der tönte, dass Bernd das Brot der einzige beim MDR ohne Vorstrafen sei – und erntete nur „Beifall der Privatsender“, wie er meinte, woraufhin die ARD-Vorsitzende Monika Piel einen Solo-Beifall inszenierte. „Und viel Spaß das eine Jahr mit Gottschalk“, rief Pocher, der selbst rund zwei Jahre bei der ARD war, der ARD-Chefin zu.
Den Preis für die beste Schauspielerin vergab die Jury an Nina Kunzendorf. Die 39-Jährige erhielt die Trophäe für ihr Rolle im ARD-Drama „In aller Stille“. Sie spielt darin eine Polizistin, die zunächst wie gewohnt ihre Tochter in den Kindergarten bringt und dann einen dramatischen Tag erlebt. Kunzendorf bedankte sich wie in solch einem Falle üblich bei allen Produktionsbeteiligten.
Weitere Preise bekamen der RTL-Mehrteiler „Hindenburg“ und die ARD-Show „Eurovision Song Contest“. Den Publikumspreis – die Zuschauer konnten am Telefon und im Internet abstimmen – erhielt als bester Entertainer Stefan Raab, der damit Günther Jauch und das Duo Klaas Heufer-Umlauf und Joko Winterscheidt auf die Plätze verwies. Raab heimste damit zwei Preise ein, denn auch am Show-Preis für den Eurovision-Song-Contest (ESC) in der ARD war er beteiligt, ähnlich wie Anke Engelke, die für den Dauerbrenner „Ladykracher“ den Preis bekam sowie für die Moderation beim ESC.
Für die Statistiker: Die ARD heimste mit sechs Preisen in den zwölf Werkskategorien die meisten ein, den Arte/NDR-Film „Homevideo“ eingerechnet. Auf Platz 2 folgt RTL mit zwei Auszeichnungen vor dem WDR, Kabel eins, ZDF und Sat.1.Alle Gewinner des Deutschen Fernsehpreises 2011:
Bester Fernsehfilm: „Homevideo“ (Arte/NDR/BR)
Bester Mehrteiler: „Hindenburg“ (RTL)
Beste Serie: „Weissensee“ (ARD)
Bester Schauspieler: Jörg Hartmann („Weissensee“, ARD)
Beste Schauspielerin: Nina Kunzendorf („In aller Stille, ARD)
Beste Comedy: „Ladykracher“ (Sat.1)
Beste Unterhaltung/Show: „Eurovision Song Contest 2011“ (ARD)
Beste Unterhaltung Doku: „Stellungswechsel – Job bekannt, fremdes Land“ (Kabel eins)
Beste Information: Ranga Yogeshwar (ARD) als Experte im Rahmen der Fukushima-Berichterstattung
Beste Dokumentation: „Wärst Du lieber tot?“ (ZDF)
Beste Reportage: „die story: Adel vernichtet – Der bemerkenswerte Niedergang des Bankhauses Oppenheim“ (WDR)
Beste Sportsendung: „RTL Boxen: Klitschko vs. Haye – Der Kampf“ (RTL)
Ehrenpreis der Stifter fürs Lebenswerk: Joachim Fuchsberger
Besondere Leistung Fiktion: Christian Petzold, Dominik Graf und Christoph Hochhäusler für „Dreileben“ (ARD)
Besondere Leistung Information: Denis Scheck und Andreas Ammer für „Druckfrisch – Neue Bücher von Denis Scheck“ (ARD)
Besondere Leistung Unterhaltung: Rolf Seelmann-Eggebert als Adelsexperte der ARD-Royalty-Berichterstattung, für insbesondere „Küss mich Kate! William traut sich“ (ARD)
Förderpreis: Jonas Nay in „Homevideo“ (Arte/NDR/BR)
Publikumspreis 2011: Bester Entertainer Stefan Raab[Carsten Rave/ar]
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