„Das Krimi-Duell“: Literatur gegen Polizei

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Bild: Destina - Fotolia.com
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Experiment auf Sat.1: Zwei Schriftsteller haben einen Krimi fürs Fernsehen erdacht, ein echter Kommissar muss ihn lösen. Das könnte spannend werden, wenn auch nicht so ganz ohne Holpersteine.

Krimiautoren unterhalten Millionen Leser auf leichte Art, wirkliche Kommissare leisten zuweilen harte Kärrnerarbeit, um ihre Fälle aufzuklären. Das ist fast immer mit trockener Recherche und Routine verbunden und kommt nicht so massenattraktiv daher wie im Buch oder Film. Was passiert aber, wenn beide Welten aufeinandertreffen? Die Antwort will der Privatsender Sat.1 geben und hat sich dazu das neue TV-Format „Das Krimi-Duell“ ausgedacht, das an diesem Mittwoch (20.15 Uhr) zu sehen ist.

Die beiden Kriminalautoren Volker Klüpfel und Michael Kobr, die bei einer respektablen Leserschaft mit ihren „Kluftinger“-Romanen beliebt wurden, haben sich für Sat.1 einen Mordfall ausgedacht. Der echte Kriminalhauptkommissar Peter Honecker vom Polizeipräsidium Essen soll das Verbrechen klären. Dazu hat er zwar nur 48 Stunden Zeit, aber mit Jessica Gerlach eine Assistentin zur Verfügung. Außerdem darf Honecker kriminaltechnische Untersuchungen veranlassen und die Verdächtigen verhören, wie er es auch in der Wirklichkeit macht.
 
Im für Sat.1 gestrickten Fall geht es um den Mord an der Radiomoderatorin Jasmin Hoffmann, gespielt von Sina-Valeska Jung. Sie wird am Morgen nach der 500. Ausgabe ihres „Moontalks“ für den Hörfunksender FM ONE tot im Studio gefunden: gefesselt, geknebelt, erschlagen. Die Spuren sind vielfältig – das macht die Ermittlungen für Honecker umso komplizierter. Wer hat alles ein Motiv? Vielleicht die Senderchefin, die befürchten muss, dass ihr größtes Zugpferd mit einem besser dotierten Vertrag zur Konkurrenz abwandert?
 
Oder vielleicht ihr Studiogast, der psychologische Berater? Er hat ein Verhältnis mit Jasmin, aber will unter allen Umständen vermeiden, dass seine Frau von der Affäre erfährt, denn Jasmin hat mit ihr Kontakt aufnehmen wollen. Oder der Sohn der Senderchefin, der sich immer wieder von der kecken Jasmin anhören muss, dass er unter der Fuchtel der Mutter steht? Die Ko-Moderatorin, die nie aus dem Schatten Jasmins hat heraustreten können? Der cholerische und alkoholsüchtige Techniker, der sich von ihr triezen lässt? Der Stalker, der sein Idol aus dem Radio nur für sich haben will? Der Taxifahrer, dessen Frau sich – auf Rat von Jasmin am Hörertelefon – von ihm trennte?
 
Die Schauspieler mussten cool bleiben, durften sich von Honecker nicht aus dem Rollenprofil drängen lassen. „Er war oft nah dran, mich aus dem Konzept zu bringen und hat mich mit völlig unvorhersehbaren Aktionen oft kalt erwischt“, sagte Schauspielerin Nova Meierhenrich, die die Rolle der Ko-Moderatorin spielt, nach den Dreharbeiten. Im Hintergrund der Geschichte werden die Autorin Klüpfel und Kobr gelegentlich als Beobachter eingeblendet, ähnlich wie Waldorf und Statler in der „Muppet Show“ mit Sprüchen wie: „Er hat keine Ahnung, welch perfide Geschichte ihn erwartet.“
 
Auch der Zuschauer darf mitraten, denn interessant genug ist der Krimi, wenn auch zuweilen etwas grobkörnig. Die Zahl der Zeugen und Verdächtigen steht von vornherein fest, das macht es für die Ermittler leichter. Der Täter hat die Plastikhandschuhe praktischerweise im Mülleimer des Studios vor der Haustür entsorgt. Die DNA lässt grüßen. Honecker, nach eigenen Angaben übrigens weder verwandt noch verschwägert mit dem einst mächtigsten DDR-Politiker Erich Honecker (1912-1994), setzt dann alle Hebel in Bewegungen, verhört die Verdächtigen und lässt die wichtigen Spuren sichern. Reicht die Zeit?
 
Für Sat.1 stellt sich indes nicht die Frage, ob die Zeit reicht, vielmehr ob die Einschaltquote genügen wird, damit weitere Geschichten gedreht werden? Denn mehr als dieser erste Film ist nach Senderangaben vorerst nicht vorgesehen. Recht ungewöhnlich ist der kurze Vorlauf zur Eigenwerbung fürs neue Format: Auf der eigenen Webseite wird „Das Krimi-Duell“ erst seit Montag angepriesen.

[dpa]

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