Nachdem sie zuletzt nur noch selten im TV zu sehen war, kehrt die Vollblutschauspielerin Christine Neubauer nun zu ihrem Haussender ARD zurück. Im Interview sprach sie über das Drama „Die Briefe meiner Mutter“, in dem sie am Samstag um 20.15 Uhr im Ersten zu sehen sein wird.
Ihr aktuelles Familien- und Politdrama spielt in Chile, woher ja Ihr Lebensgefährte, der Fotograf José Campos, stammt. Sicher waren Sie am Zustandekommen der Geschichte stark beteiligt?
Christine Neubauer: Also die Idee, in Chile zu drehen, ist natürlich aus der privaten Verbindung entstanden. Aber auch in Verbindung mit der Filmproduzentin Regina Ziegler, die dort schon zweimal mit mir gedreht hat. Dabei habe ich auch 2008 meinen heutigen Freund – aber zunächst ohne Folgen – kennengelernt. Was für mich bei „Die Briefe meiner Mutter“ entscheidend ist, ist die politische Situation, die die Menschen während der Pinochet-Diktatur bis 1990 erlebt haben. Ein kleines Beispiel: Mein Freund war zehn Jahre alt, als er aus Hunger mit seinem Vater durch die Hauptstadt Santiago gelaufen ist, um irgendwo geröstete, mit Maismehl bestäubte Zwiebeln zu kaufen. Dort angekommen, wurden sie aus einem Jeep von den Militärs beschossen und mussten sich bis zum Anbruch der Dunkelheit verstecken. Es herrschte Ausgangssperre. Ich habe viele solcher Erzählungen gehört – sie sind sehr nah an mir dran. Im Grunde aber stehen sie stellvertretend für alle Geschichten über Folter, Schüsse und Lebensmittelknappheit – die uns ja alle betreffen, weil sie noch heute auf der Welt passieren. Davon wollen wir in einer sehr menschlichen, hoch emotionalen Weise erzählen.
Wie wirken Chiles Land und Leute heute auf Sie?
Neubauer: Als Bayerin, die Berge kennt, war ich von Patagonien im Süden, das sehr ähnlich ist, nicht ganz so beeindruckt. Doch das dasselbe Land, das so lang und schmal ist, noch tiefer im Süden Eisberge hat und sich im Norden zu einer Wüste entwickelt, die als trockenste der Welt gilt, mit einer Landschaft, die einen demütig macht – das ist in Worte nicht zu fassen. Mit dem Auto bin ich zwei Monate durch diese Wüste gereist – dort sind einem die Sterne so nah wie sonst nirgendwo auf der Welt. Mein Lebensgefährte hat mir natürlich sein Land gezeigt und wir haben viele Abenteuer erlebt. Außerdem gefallen mir die Herzlichkeit und Gastfreundschaft der Menschen – diese innere Wärme.
Sie haben zwei Jahre lang nicht für die ARD gedreht. Woran lag’s?
Neubauer: Ganz normal, wie in jeder anderen Firma auch, hat es in der ARD-Produktionstochter Degeto eine Umstrukturierung gegeben. Die Chefposition wurde neu besetzt mit Christine Strobl und sie hat sich ihre Mannschaft neu zusammengestellt. Das hat zwei Jahre lang gedauert, um sich neu zu sortieren und Stoffe zu entwickeln. Jetzt geht es wieder los. Die Pause, die es gab, hat nicht singulär etwas mit mir zu tun, sondern auch mit tausend anderen Schauspielerinnen. Ich bin nur diejenige, die dabei von der Presse fantasielos als bekanntestes Gesicht herausgestellt wird. Allerdings bin ich auch insofern besonders betroffen, als die ARD-Degeto in der vergangenen Zeit mein Hauptauftraggeber gewesen war.
Haben Sie die Pause auch kreativ für sich und Ihre Zukunft nutzen können?
Neubauer: Im Nachhinein hat es mir tatsächlich die Chance gegeben, ganz viele Dinge aus dem Privaten zu verarbeiten. Außerdem hatte ich so die Zeit, Dinge, die mich schon immer verfolgt haben, endlich umzusetzen. Wie das lange Reisen und die Malerei. Auf der großen Dachterrasse meiner Wohnung auf Mallorca habe ich das schöne Licht und den Platz, großformatige Bilder zu gestalten, auf denen ich umsetze, was mich beschäftigt. Für die Zukunft wünsche ich mir mehr denn je, Filme zu machen, die mit einer hohen Menschlichkeit zu tun haben und Menschen anders zeigen, als man sie mit seinen Vorteilen eingeordnet hätte.
Vielen Dank für das Gespräch. Archiv
[Ulrike Cordes/das]
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