Millionen Fernsehzuschauer haben die ersten beiden Staffeln der historischen ARD-Serie „Charité“ gesehen. Nun haben die Produzenten einen ersten Ausblick auf die Fortsetzung gegeben. Es geht mitten hinein in die Zeit des Mauerfalls und den Alltag an einer DDR-Vorzeigeklinik.
Experten der Berliner Charité wie der Virologe Christian Drosten sind in der Coronavirus-Krise viel gefragt. Doch die Geschichte des ältesten Krankenhauses Berlins ist nicht weniger faszinierend als seine Gegenwart. Das haben auch die Fernsehmacher der ARD längst entdeckt. Vor kurzem wurden die Dreharbeiten für die bereits dritte Staffel der Serie „Charité“ in Prag beendet, nun beginnen Schnitt und Postproduktion.
Nach der Kaiserzeit und dem Zweiten Weltkrieg dreht sich diesmal alles um eine schicksalshafte Nacht. Vom 12. auf den 13. August 1961 begannen DDR-Truppen mit dem Bau einer Mauer durch Berlin. Und die Charité mit ihrem heutigen Campus Mitte grenzte unmittelbar an die neue unmenschliche Barriere.
Die Schauspielerin Nina Gummich findet es spannend zu erzählen, wie sich die politischen Umstände auf das Leben im Inneren des Krankenhauses ausgewirkt haben. „Da gibt es plötzlich Ärzte, die nicht mehr da sind, die noch schnell das Land verlassen haben“, erzählte die 28-Jährige in einer Drehpause. „Oder man kam nicht mehr an Medikamente ran, weil die Zufuhr gesperrt wurde.“
Gummich spielt in der dritten Staffel die Hauptrolle der jungen Ärztin Ella, die mit einem ungeheuren Forschungsdrang an das Universitätsklinikum kommt. Deren Mutter ist an Krebs gestorben, als sie noch klein war. Ella hat sich zum Ziel gesetzt, die Früherkennung bösartiger Tumore voranzubringen. Doch sie muss hart darum kämpfen, Blutproben für ihre Forschung zu bekommen.
„Ella hat da einen sehr großen Dickkopf“, sagt Gummich, die sich sorgfältig auf die Rolle vorbereitet hat. Denn die Handgriffe bei der Untersuchung eines Patienten müssen sitzen und so aussehen, als ob man das tagtäglich macht. „Es ist aufregend, eine Ärztin zu spielen, weil ich sonst damit gar nichts zu tun habe – und auch nicht unbedingt gerne zum Arzt gehe“, sagt die Schauspielerin.
Es geht um starke Frauen. Und eine solche war zweifellos die Kinderärztin Ingeborg Rapoport (1912-2017), gespielt von Nina Kunzendorf. Schlagzeilen machte Rapoport im Mai 2015 mit ihrer nachträglichen Promotion im Alter von 102 Jahren. Denn die Nationalsozialisten hatten ihr allein wegen ihrer jüdischen Vorfahren die Doktorwürde verweigert. Damals gelang ihr die Flucht in die USA. Nach dem Krieg ging sie in die DDR und revolutionierte dort die Behandlung von frühgeborenen Säuglingen.
Das sei damals wegweisend gewesen, sagt der Vorstandsvorsitzende der echten Charité in Berlin, Professor Heyo Kroemer. Generell habe die Medizin in der DDR sehr unter der materiellen Knappheit gelitten. Doch das Engagement der Leute sei „absolut herausragend“ gewesen. Ost-West-Konflikte innerhalb des Klinikverbunds, zu dem längst auch der einstige West-Berliner Campus Benjamin Franklin gehört, spüre er heute nicht mehr so. „Es ist jetzt eine neue Generation da, die nicht mehr mit dieser Konflikt-Situation aufgewachsen ist“, sagt der Pharmakologe.
Für den Abschluss der Dreharbeiten hat sich die Filmcrew eine besonders aufwendige Szene aufgehoben. Der Schauspieler Philipp Hochmair steht vor einem prall gefüllten Hörsaal. In einem viele Minuten langen Monolog schwärmt er als Professor Otto Prokop von seiner neuesten Erfindung – dem Vaterschaftstest. „Vaterlose Kinder sind eine Zeitbombe, denken Sie an Ödipus, Willy Brandt, Jesus Christus“, proklamiert der Professor. Regisseurin Christine Hartmann studiert mit den Komparsinnen und Komparsen präzise ein, wann diese verklemmt zu lachen haben. Denn ein Hörsaal-Publikum von heute reagiert ganz anders als eines vor 60 Jahren.
Bildquelle:
- charite: ARD