Böse Überraschung für das Parlamentsfernsehen des Deutschen Bundestags, das seit Januar unverschlüsselt über Satellit verbreitet wird: Das Programm sendet ohne Lizenz und ist damit laut Einschätzung der Medienhüter ein Piratensender ohne rechtliche Grundlage.
„Der Bundestag handelt in einem rechtsfreien Raum. Selbstverständlich muss auch der Bundestag wie alle anderen Institutionen die Möglichkeit haben, über seine Arbeit auf zeitgemäße Art und Weise zu informieren. Derzeit gibt es aber keine Rechtsgrundlage für ein so gestaltetes Parlamentsfernsehen“, erklärte der Vorsitzende der Kommission für Zulassung und Aufsicht der Landesmedienanstalten (ZAK), Thomas Fuchs, am Mittwoch in Berlin.
Das seit 1990 veranstaltete Bundestagsfernsehen sei zunächst rechtlich nicht zu bestanden gewesen, weil es in der ersten Phase ausschließlich hausintern, später dann verschlüsselt im digitalen Kabel in Berlin und dann auch – ebenfalls codiert – bundesweit über Satellit ausgestrahlt worden war. In dieser Form sei das Angebot als Teil der Öffentlichkeitsangebot zugelassen und 1999 mit einer Sondererlaubnis der für Berlin und Brandenburg zuständigen Medienanstalt MABB zunächst in die Kabelnetze eingespeist worden.
Die Vorzeichen hätten sich nunmehr aber geändert, so Fuchs. Neben der Aufhebung der Verschlüsselung, durch die das Programm per Satellit und inzwischen auch per Webstream jedem Bürger zugänglich gemacht werde, erfolge zudem eine zunehmend stärkere redaktionelle Gestaltung des Programs. Eine Prüfung durch die Rechtsbeauftragte der Landesmedienanstalten, Cornelia Holsten, habe ergeben, dass das Parlamentsfernsehen nunmehr ein Rundfunkangebot darstelle und eine Lizenz benötige.
Mit der nachträglichen Beantragung einer Lizenz ist es allerdings für den Deutschen Bundestag nicht getan. Grund ist, dass der Veranstalter ein Verfassungsorgan sei. Wie Fuchs betonte, könnten nach § 20a Abs. 3 des Rundfunkstaatsvertrags aus Gründen der journalistischen Unabhängigkeit juristische Personen des öffentlichen Rechts grundsätzlich keine Rundfunkzulassung erhalten.
Dieses Beratungsergebnis hat der ZAK-Vorsitzende, Thomas Fuchs, am heutigen Mittwoch dem Präsidenten des Deutschen Bundestages, Norbert Lammert (CDU), sowie dem Vorsitzenden der Rundfunkkommission der Länder mitgeteilt. Für Lammert, der sich seit Jahren für das Parlamentsfernsehen stark gemacht hatte, stellt die Entscheidung eine persönliche Ohrfeige dar. Mit einer kurzfristigen Abschaltung der unverschlüsselten Ausstrahlungen auf Astra 23,5 Grad Ost ist zu rechnen. [ar]
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