Die Fußball-Bundesliga darf nach einer Entscheidung des Bundeskartellamts die Medienrechte weiterhin zentral vermarkten und mit einem Internet-Szenario ohne die angestammte Samstags-„Sportschau“ die ARD unter Druck setzen.
Das Bundeskartellamt habe entsprechenden Plänen zugestimmt, teilte die Deutsche Fußball Liga (DFL) am Montag mit. Die DFL will die Ausschreibung mit mindestens zwei verschiedenen Verwertungsszenarien voraussichtlich Ende des Jahres starten. Ein Modell ermöglicht eine „Sportschau“ im Internet, so dass es eine Zusammenfassung im Fernsehen erst später am Abend geben würde. Es gehe „keineswegs darum, bestimmte Sendungen abzuschaffen“, sagte Liga-Präsident Reinhard Rauball.
Der Präsident des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt, nahm seine Behörde am Montag aus dem Schußfeld: „Welche Form der Berichterstattung am Ende den Zuschlag erhält, ist nicht unsereEntscheidung“. Seine Behörde prüfe die Medienrechtepakete lediglich daraufhin, ob dasVermarktungsmodell insgesamt mit dem Kartellrecht vereinbar sei.
„Die vonder DFL ab der Spielzeit 2013/14 geplante Vermarktung erfüllt nachunserer vorläufigen Einschätzung diese Anforderung. Wir werden imweiteren Verlauf der Prüfung insbesondere Einzelfragen zu denverschiedenen Rechtepaketen klären und darauf achten, dass dieAusschreibung diskriminierungsfrei und transparent ablaufen kann“, betonte Mundt.
Bereits im März hatte das Bundeskartellamt eine informelle Befragung unter Vereinen, Fernsehsendernund Plattformen angestoßen, um sich über die künftigen Vermarktungsvarianten einen Überblick zu verschaffen. Dabei hatte sich bereits herauskristalliert, dass für dieZentralvermarktung der 1. und 2. Fußball-Bundesliga, die ab derSpielzeit 2013/2014 auch die Dritte Liga umfassen soll, auf zweiAusschreibungsvarianten gesetzt wird.
Variante 1 entspricht dem bisherigen Modell mit kurzenSpielzusammenfassungen im Free-TV am Samstagabend ab 18.30 Uhr sowie ab21.45 Uhr für das um 18.30 Uhr ausgetragene „Top-Spiel der Woche“. DieAlternative sieht vor, dass erst ab 21.45 Uhr im frei empfangbaren Fernsehen über das Spielgeschehen berichtet werden darf.
Die ARD reagierte am Montag zunächst gelassen auf die Entscheidung des Kartellamtes. „Wir akzeptieren die Entscheidung des Kartellamtes und stellen uns dem Wettbewerb“, sagte Sportkoordinator Axel Balkausky der Nachrichtenagentur dpa. „Wir sind dennoch guter Dinge. Es gibt eine Menge guter Argumente, dass die Zukunft der Bundesliga mit der ‚Sportschau‘ verbunden bleibt“.
Der Markt werde entscheiden, ob die Sportschau verschwinde, zitierte das „Handelsblatt“ einen ungenannten Vertreter aus Reihen der Profiklubs. Der Vize-Deutschlandchef von Yahoo, Heiko Genzlinger, sagte dem Blatt, an einem Einkauf der Internet- und Mobilfunkrechte für eine Bundesliga-Berichterstattung herrsche in seinem Unternehmen nach wie vor großes Interesse. Bereits im November 2010 hatte sich der Internet-Konzern als möglicher Übertragungspartner ins Spiel gebracht (DIGITAL FERNSEHEN berichtete).
Der Hintergrund der Überlegungen ist offensichtlich: Durch die gesteigerte Exklusivität erhofft sich der Ligaverband höhere Einnahmen seitens des Pay-TV-Anbieters Sky. Vorstandschef Brian Sullivan hatte erst kürzlich gegenüber dem Sport-Informations-Dienst den Anspruch formuliert, „in den nächsten 20 bis 30 Jahren die Live-Rechte an der Fußball-Bundesliga zu halten“. Branchenkenner rechnen innerhalb der nächsten sechs Wochen mit einer Entscheidung des Bundeskartellamts, ob grünes Licht für das neue zweigleisige Vermarktungsmodell gegeben wird.
Bereits im Januar hatte „Sportschau“-Chef Steffen Simon betont, eine Zusammenfassung der Samstagsspiele nach 20.00 Uhr komme für seinen Sender nicht in Frage (DIGITAL FERNSEHEN berichtete). Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge hatte dagegen öffentlich mit einer Verdopplung der TV-Einnahmen für die beiden höchsten deutschen Spielklassen geliebäugelt (DIGITAL FERNSEHEN berichtete).
2008 hatte das Bundeskartellamt bereits das Vermarktungsmodell der DFL für die Spielzeit 2009/2010 geprüft. Damals ließ die Behörde erkennen, dass eine zeitnahe Free-TV-Highlight-Berichterstattung für die Frage der angemessenen Zuschauerbeteiligung wesentlich sei. Damals hatten es die Kartellwächter es aufgrund der damaligen Gestaltung des Vermarktungsmodells für notwendig erachtet, die Attraktivität der Free-TV-Rechte durch zeitliche Vorgaben zu erhöhen.
Die für die kommenden Spielzeiten durchgeführten Marktermittlungen des Bundeskartellamtes hätten aber ergeben, dass eine vergleichbare Vorgabe für die jetzt zu prüfenden Ausschreibungspläne der DFL nicht gerechtfertigt wäre. Andreas Mundt: „Die Voraussetzungen von 2008 kann man nicht mit der heutigen Situation vergleichen. Pläne der DFL zu einem eigenen Bundesligakanal oder das ‚Kirch-Modell“‘ standen diesmal nicht zur Debatte“
Über den gesamten Ausschreibungszeitraum betrachtet, könne auch dem Übertragungsweg Web-TV eine größere Bedeutung zukommen, räumte Mundt ein und betonte erneut: „Letzten Endes muss der Markt entscheiden, welches Szenario zum Zuge kommt“.
Update 16.49 Uhr: ARD-Stellungnahme ergänzt[ar]
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