Der neue Intendant des Bayerischen Rundfunks, Ulrich Wilhelm, hat sich für ein stärkeres Gewicht der Informationsangebote in öffentlich-rechtlichen Medien ausgesprochen.
Die Demokratie beruhe auf der Annahme, dass Staatsbürger mündige Entscheidungen treffen und informiert sind, sagte Wilhelm der „Süddeutschen Zeitung“ (Samstag) in seinem ersten großen Interview seit dem Wechsel zum Bayerischen Rundfunk. „Die Vermittlung dieser Kenntnisse müssen Medien leisten.“
Interesse wecken, erklären, ein Forum schaffen – das sei der wichtigste Auftrag. „Ich bin überzeugt: Nur die Gesamtheit aus Qualitätszeitungen und öffentlich-rechtlichen Sendern arbeiten das Geschehen umfassend auf, beispielsweise das, was auf den Finanzmärkten passiert oder wie sich neue europäische Konflikte aufbauen.“ Wilhelm steht seit Anfang Februar an der Spitze des Bayerischen Rundfunks. Zuvor war er Sprecher der Bundesregierung und einer der engsten Vertrauten von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
Wilhelm warb angesichts der wachsenden Informationsflut für eine Entschleunigung in den Medien. Die Nachrichtenzyklen in Deutschland würden als zu hektisch empfunden und nervten immer mehr Menschen. „Wir müssen nachhaltiger an den wichtigen Themen dranbleiben, die langfristigen Entwicklungen und Hintergründe solide aufarbeiten und uns fragen: Was kann dabei eine Talkshow leisten, ein Themenabend, ein Brennpunkt, ein Expertengespräch oder eine Dokumentation?“, sagte er. Durch die globale Vernetzung seien Politik oder Wirtschaft immer schwerer zu durchschauen. „Das heißt, der Aufwand, den wir treiben müssen für die angestammte Aufgabe, den Menschen die Welt zu erklären, wird größer.“
Ein reines Informationsprogramm greift aus Sicht von Wilhelm aber auch zu kurz. „Jeder Mensch will sich auch entspannen, ausruhen. Zum Verständnis eines Vollprogramms gehören selbstverständlich Sport und Unterhaltung.“ Eine gut gemachte und innovative Sendung werde ihr Publikum auch finden. „Die Sendung mit der Maus oder der Tatort haben beides: Publikum und Kultcharakter. Sie sind erfolgreich und unverwechselbar öffentlich-rechtlich.“ Hoher Anspruch und hohe Reichweichte seien kein Widerspruch. [dpa]
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