Klaus Scherer (50), ARD-Korrespondent in Washington, guckte recht verwundert: War er hier in der Mongolei? Nein, er befand sich in Alaska. Aber vor ihm stand eine leibhaftige Jurte. Ihre Bewohner finden sie nun mal gemütlicher und praktischer als jedes feste Haus.
„Das ist so typisch für Amerika und unterscheidet die Menschen dort von den Europäern“, sagt Scherer. „Dass man viel mehr Leute trifft, die oft in der Mitte des Lebens einen Wechsel von Ort und Beruf riskieren, noch einmal neu anfangen und sich ihre eigene Welt schaffen“.
Und von ihnen traf er eine ganze Reihe auf der Reise, die er im vergangenen Winter und Frühjahr unternahm. Das Resultat ist am morgigen Neujahrstag um 18.15 Uhr in der ARD zu sehen, 75 Minuten lang: „8000 Meilen bis Alaska“. Eine zweiteilige Fassung zu je 45 Minuten wird später in den dritten Programmen gezeigt.
„Ich will nicht beschwören, dass es wirklich genau 8000 Meilen waren“, meint Scherer zu der Route, die er in zweimal drei Wochen mit einem Fünf-Köpfe-Team zurücklegte. Sie führte von Neuenglands Atlantik-Küste westwärts bis zum Pazifik und von dort in den Norden bis zum Eismeer, mit wechselnden Transportmitteln, mal im Hubschrauber, dann wieder per Bahn, und auch mal zu Pferde oder wieder auf Schneeschuhen über die Großen Seen.
In die gezeigten Aktionen war Scherer immer wieder einbezogen: Man sieht ihn hoch zu Ross in Dakota, „obwohl ich kein besonders guter Reiter bin“, er paddelt in Booten über Meeresbuchten, und einmal war ihm ein bisschen schlecht geworden, als es im Hubschrauber eines Rettungspiloten unter die Niagara-Fälle ging: Aber die Bilder der silberweiß gischtenden und tosenden Fälle können sich sehen lassen.
Schöne Bilder waren auch sein Ziel. Bilder, die ein etwas anderes Amerika zeigen als gewohnt, ohne Hektik, Stress und Tempo. „Amerika ist nicht Washington“, hält er nach fünfjähriger Korrespondentenzeit in der US-Hauptstadt fest, die er im Sommer verlassen wird, um wieder nach Deutschland zu seinem Stammhaus NDR zurückzukehren.
Manches sah er dabei selbst zum ersten Mal: Idaho zum Beispiel oder die Landschaft der Großen Seen. So entdeckte er auch für sich selbst ein Amerika jenseits der großen Städte, spürte die unendliche Weite des Landes, die erst manches daran verständlich macht: „Wenn es in Louisiana eine Ölkatastrophe gibt, geht man deshalb in Nebraska nicht auf die Straße. Man ist sich in diesem Land zu fern, die Entfernungen sind einfach zu groß“.
Seine Reise endete auf der Doppelinsel Diomede, die teils noch in Alaska, teils schon in Russland liegt. Hier saß er Inuit-Familien gegenüber, die eine feste Gemeinschaft bilden, bei der jeder auf jeden angewiesen ist – und hier saß er die Crew tagelang fest, weil ein Sturm über die Polarregion wegfauchte. Erst musste der Wind nachlassen, die Landepiste auf der Eisdecke von Schnee wieder frei sein. Und das war denn auch gleich eine kleine Angstpartie. Denn das Frühjahr zog herauf, Tauwetter hätte Start und Landungen unmöglich gemacht, ein Nervenkitzel und fast so arg wie der Abenteuer-Flug an den Niagara-Fällen. [Paul Barz]
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