Schwangere Teenies, betrunkene Mütter und aggressive Väter: Billig produzierte „Scripted Reality“ könnte nach aktuellen ARD-Überlegungen künftig auch das öffentlich-rechtliche Vorabendprogramm erobern.
Wie die „Süddeutsche Zeitung“ (Samstagsausgabe) berichtete, steckt ausgerechnet NDR-Programmdirektor Frank Beckmann, der entsprechende Formate zuletzt beim Mainzer Mediendisput in Berlin als „Abwärtsspirale“ brandmarkte, hinter den Plänen. Eine im Juni von Beckmann in Auftrag gegebene Studie unter dem Titel „Scripted Reality – eine Chance für den NDR?“ bezeichnete die umstrittenen Formate als „konsequente Weiterentwicklung der bisherigen Dokusoaps“.
Die „SZ“ zitierte aus der Studie, der NDR habe bereits Kontakt zu den führenden und erfolgreichen deutschen Produzenten von Scripted Reality aufgenommen. Dabei handelt es sich um die RTL-erprobten Anbieter Norddeich TV und Filmpool in Köln sowie Stampfwerk in Hamburg. Die Faszination des Senders erklärt sich auch durch die günstige Produktion. Eine 30-Minuten-Folge koste „deutlich unter 20 000 Euro“, hieß es in der Studie, die „spannende Geschichten zu einem relativ kleinen Budget“ attestiert.
Das Blatt verwies auf ein „Pitching“ zwischen den Produktionsfirmen, das in die Beauftragung von drei oder vier Pilotprojekten mit Gesamtkosten zwischen 100 000 und 150 000 Euro münden soll. Für das „Fiction light“-Projekt kursierten Ideen wie Geschichten aus dem Alltag eines Anwalts oder eines Dorfpolizisten, die im Idealfall selbst als Protagonisten vor der Kamera stünden.
Zwei der Formate, eben jener Dorfpolizist und ein Format unter dem Titel „Traumschiff inklusive“ werden nach Informationen der „SZ“ bereits von der NDR-Produktionstochter Studio Hamburg vorbereitet. Programmdirektor Beckmann wiegelte auf Anfrage ab, „das stimme nur zum Teil“. Er bestätigte lediglich Versuche, ob es gelinge „fiktionale Geschichten mit einfacheren Produktionsmitteln zu erzählen“. Das gehe auf seinen eigenen Wunsch zurück. Wichtig seien ihm „keine Krawallgeschichten, kein Vorführen von Menschen, klare Kenntlichmachung“.
Ob Beckmann, der auch das ARD-Vorabendprogramm betreut, auch in diesem Umfeld mit Scripted-Reality plant, bleibt zunächst offen. Nur wenn die entwickelten Formate den eigenen Ansprüchen genügten, gingen sie tatsächlich auf Sendung. Man müsse „auch einmal etwas ausprobieren dürfen – zumindest als Pilot“, rechtfertigte sich der NDR-Verantwortliche. [ar]
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