Eine lange Reihe nagelneuer Grimme-Preise treten ihren Weg in das Reich der ARD an. Tadel gab es dennoch: für den „lieblosen Umgang“ mit der Grimme- gekrönten NDR-Comedy-Serie „Tatortreiniger“.
Die ARD und ihre Sender haben mit ihren Fernsehproduktionen bei der diesjährigen Vergabe der Grimme-Preise abgeräumt. Sieben ihrer Produktionen erhielten die begehrten Auszeichnungen. Vier gingen an ZDF-Produktionen. Für die privaten TV-Sender gab es im Bereich „Unterhaltung“ den einzigen Grimme-Preis: Der kleine Sender Tele5 erzielte mit der Reihe „Walulis sieht fern“ den Achtungserfolg, wie das Grimme-Institut am Dienstag in Düsseldorf bekanntgab.
Seinen zehnten Grimme-Preis heimste Regisseur Dominik Graf für die Krimi-Trilogie „Dreileben“ (ARD) ein. Rosa von Praunheim erhielt den Preis für den Dokumentarfilm über Strichjungen: „Die Jungs vom Bahnhof Zoo“ (rbb/ARD). Grimme-Instituts-Direktor Uwe Kammann lobte „tolle Filme“ und „wunderbare Leistungen“ des Fernsehjahres. Die Jury sei stark beeindruckt gewesen.„Tatortreiniger“: Kritik wegen schlechter Platzierung
Der Norddeutsche Rundfunk (NDR) siegte im Wettbewerb „Unterhaltung“ mit dem „Tatortreiniger“, wurde aber von Jury-Mitglied Hans Hoff zugleich dafür gescholten, dass er seine TV-Perle „schlecht und lieblos“ im Programm platziert habe. „So darf man mit gutem Fernsehen, das man selbst in Auftrag gegeben hat, nicht umgehen“, sagte der Fernsehkritiker.
Die bisher produzierten vier Serienfolgen wurden zunächst im Nachtprogramm des NDR Fernsehens gezeigt; später gab es Wiederholungen am späten Abend. „Das Erste“ zeigt die Auftaktfolge „Ganz normale Jobs“ am 17. Mai um 21.45 Uhr; weitere sechs neue Folgen sind laut NDR in Auftrag gegeben.
Die Nähe zum Tod verschaffe der Komödie wohl „die richtige Fallhöhe“, sagte Hauptdarsteller Bjarne Mädel, bekannt aus der ProSieben-Comedyserie „Stromberg“. In jeder Folge werde durch den Tatortreiniger „eine neue Welt“ erzählt.Krimi-Trilogie und Historienfilm überzeugen in der Kategorie „Fiktion“
Im Wettbewerb „Fiktion“ gewann der ARD-Film „Homevideo“ (Arte/NDR/BR), der sich mit Cyber-Mobbing unter Schülern auseinandersetzt. „Die Hebamme“ (ZDF/ORF) erzählt das Leben einer Geburtshelferin im 18. Jahrhundert, dargestellt von Schauspielerin Brigitte Hobmeier.
Mit „Liebesjahre“ (ZDF) erhielt Iris Berben den Grimme-Preis. Berben lobte am Dienstag ihrerseits Regisseur Matti Geschonnek als einen „Dompteur, der genau weiß, wann er die Zügel anzieht und wann er wieder loslässt“. „Schauspielkunst und Regieführung vom Feinsten“, urteilte Jury-Mitglied Prof. Anna Kurek.
Auch die Tragikomödie „Ein guter Sommer“ (ARD/HR) erhielt die Qualitäts-Trophäe. Im Unterbereich „Spezial“ ist erneut Serien-Preisträger Dominik Graf unter den Ausgezeichneten: Die Trilogie „Dreileben“ über die Flucht eines Sexualstraftäters überzeugte die Jury.Information bleibt öffentlich-rechtliche Domäne
Im Wettbewerb „Information & Kultur“ erhielten die Regisseurinnen Regina Schilling und Luzia Schmid den Grimme-Preis für ihren Dokumentarfilm über den sexuellen Missbrauchs-Skandal an der Odenwaldschule – dem hessischen Reform- und Vorzeigeinternat. Sie hätten mehrere Anläufe gebraucht, um einen Sender zu finden für „Geschlossene Gesellschaft – der Missbrauch an der Odenwaldschule“ (ARD/SWR/HR), bekannten beide.
Für „The Other Chelsea“ (ZDF) über den Aufstieg des ukrainischen Fußballclubs Schachtjor Donezk unter den Fittichen eines Milliardärs erhielt Jakob Preuss den Grimme-Preis. „Alarm am Hauptbahnhof – Auf den Straßen von Stuttgart 21“ (ARD/SWR) überzeugte ebenfalls. Beim Aufstand des schwäbischen Bürgertums hätten Sigrun Köhler und Wiltrud Baier einzigartige Szenen eingefangen.
„Mein Leben – Die Fotografin Sibylle Bergmann“ (Arte/ZDF) vervollständigt den Kreis der diesjährigen Preisträger. Maria Wischnewski und Sabine Michel wurden für ihre Hommage an die 2010 gestorbene Fotografin hochgelobt. Die Gala mit der 48. Übergabe der Grimme-Preise 2012 findet am 23. März im Stadttheater von Marl statt, moderiert von ZDF-Mann Michael Steinbrecher. [Frank Christiansen/su]
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