Mit ungewöhnlich drastischen Worten hat ein ARD-Verantwortlicher das Programm eines privaten Konkurrenten kritisiert. Der Programmplaner des Ersten sagte, das RTL-Angebot bestehe aus „Sozialpornos“ für „Assis“.
Der Programmplaner des Ersten, Volker Herres, hat auf einer Pressekonferenz am Mittwoch den Privatsender RTL ungewöhnlich scharf attackiert. Herres sagte: „Ich kannte den Begriff Fremdschämen nur aus dem Privatleben, aber das RTL-Programm ist zwischen banal und anal.“
Das Angebot des Kölner Senders besteht nach Ansicht von Herres aus „Sozialpornos“ für und über „Assis“. Die sogenannte „scripted reality“ habe mit der Realität nichts zu tun. Herres meinte auch die wahre Bedeutung der Abkürzung RTL gefunden zu haben. Dies bedeute nichts weniger als „Realität total lädiert“.
Die Pressekonferenz fand wegen des Endes der Amtszeit des ARD-Vorsitzenden und SWR-Chefs Peter Boudgoust statt. Dieser zog eine positive Bilanz seiner Amtszeit (DIGITAL FERNSEHEN berichtete). Auch Boudgoust schlug in die selbe Kerbe wie Herres: Die ARD wolle auch künftig „nicht jeden Limbo unter der niedrigsten Niveau-Messlatte mittanzen“, beteuerte er. Anlass der Äußerungen der beiden ARD-Manager war ein internes Papier des NDR, in dem die Übernahme etwa von „scripted reality“-Formaten ins Spiel gebracht wurde. „Dieses Papier war nicht das klügste“, sagte dazu Herres.
Beobachter vermuten, dass bei der ARD wegen der vergleichsweise schwachen Einschaltquoten die Nerven blank liegen. Vor allem bei der sogenannten „werberelevanten Zielgruppe“ hat RTL die Zuschauer fest im Griff und erzielt durchweg Spitzenquoten. Mit 19,8 Prozent bei den Jüngeren hat der Kölner Sender so gut abgeschnitten wie seit 13 Jahren nicht mehr – weit vor den Öffentlich-Rechtlichen. Im gesamten laufenden Jahr liegt RTL mit 13,6 Prozent vor der ARD mit 13,2 Prozent. Dabei erzielen vor allem umstrittene Formate wie „Das Supertalent“ oder „Mitten im Leben“ meist Spitzeneinschaltquoten.
Ein RTL-Sprecher reagierte auf die Kritik der ARD und sagte dem Branchendienst Meedia: „Das kreativeWortspiel von Herrn Herres zum Erfolg unseres Programm erinnert uns andie Worte von H.G. Wells, der da sagte: ‚Moralische Entrüstung ist Neidmit einem kleinen Heiligenschein.'“[mw]
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