Degeto-Filme sind gleichbedeutend mit Kitsch, übertriebener Romantik und jeder Menge Herz-Schmerz – mit diesem Image will die neue Geschäftsführerin des ARD-Tochterunternehmens, Bettina Reitz, aufräumen.
„Wir gehen heute nicht mehr davon aus, dass eine neue Liebe automatisch in eine Ehe mündet und die einzige Glückserfüllung im Leben bedeutet“, sagte Reitz in München. Dies gelte vor allem für Frauenfiguren. „Die Botschaft unserer Filme, speziell an Frauen, sollte nicht sein, dass nach einer romantisch geschlossenen Ehe die eigenen Interessen vollkommen aufgegeben werden sollen“.
Die Ehe sei nicht mehr die Versorgungsinstitution für junge Frauen. „Von so einem antiquierten Frauenbild müssen wir Abschied nehmen“, sagte Reitz, die vor rund vier Monaten vom Bayerischen Rundfunk (BR) zur Degeto Film in Frankfurt am Main gewechselt ist. 2010 gab die ARD-Tochter rund 84,5 Millionen Euro für Lizenzeinkäufe aus. Etwa 90 Millionen Euro steckte die Degeto in Auftrags- und Coproduktionen.
Ändern will die langjährige Leiterin der BR-Abteilung Spiel Film Serie auch den Umgang mit Filmideen. „Künftig wird nicht jeder Drehbuchauftrag gleich ein Produktionsauftrag sein, diese Zeiten sind vorbei“, erklärte Reitz. „Wir wollen erst mal sehen, wie sich ein Drehbuch entwickelt und dann die Produktionsentscheidung treffen“. In Zeiten knapper Kassen müsse die Qualität entscheiden. Das sollte auch im Interesse der Produzenten sein. „Die Degeto darf kein Selbstbedienungsladen sein, sondern hat die Aufgabe, qualitativ hochwertige, unterhaltende Formate in Auftrag zu geben“.„Auch Märchen können filmische Qualität besitzen“
Spannend findet die Degeto-Chefin vor allem Geschichten nah an der Lebenswirklichkeit: „Mich reizen interessante Paarbilder von heute und die Frage, wie sich Beziehungen gerade verändern“. Nicht nur Frauen müssten sich in der Gesellschaft neu positionieren. Männer seien genauso auf der Suche nach ihrer Identität. „Auch die Frage Land oder Stadt muss moderner erzählt werden als immer nur zu sagen: das Land steht für Romantik und die Stadt für Kälte, Singleleben und Einsamkeit“.
Einen völligen Richtungswechsel werde es am Freitagabend aber nicht geben. „Es ist falsch zu behaupten, dass Degeto-Produktionen nur aus unerträglichem Herz-Schmerz bestehen“, betonte Reitz. „Ich finde es vollkommen richtig, dass der Freitag als Unterhaltungstermin das Wochenende einläutet“. Sie wolle die Qualitäten aber stärker herausarbeiten. „Auch im Unterhaltungsgenre muss es möglich sein, filmische Kostbarkeiten zu schaffen“.
Melodramatisches, Tragödien und Liebesgeschichten sollen weiter am Freitag ausgestrahlt werden, ebenso wie Komödien oder Märchenhaftes: „Leider haben wir nicht „Pretty Woman“ erfunden, das wäre ein schönes Thema für die Degeto gewesen!“ Gerade solche Märchen müssten dann aber auch von entsprechend hoher Qualität sein. Diese Filme dürften nicht so aussehen, als seien sie wie vor 15 Jahren gemacht. „Dann wirken solche Stoffe sehr schnell flach oder inhaltsarm. Wobei Qualität auch zeitlos und nachhaltig funktioniert. Das ist eben der feine Unterschied“. [Interview: Cordula Dieckmann]
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