Sein Witz ist beißend, seine Filme oft brutal: Takeshi Kitano ist eine der schillernsten Persönlichkeiten Japans und im Westen mit seinen Mafia-Filmen eine Kult-Figur. Nun feiert der Regisseur, Komödiant, Maler und Fernsehmoderator seinen 65. Geburtstag.
Der Hieb sitzt. Da heißt es in japanischen Medien, dass ein Minister zu Beginn des Atomunfalls in Fukushima den Feuerwehrleuten mit Kündigung gedroht habe, wenn sie nicht weiter Wasser auf die Reaktoren spritzen. „Geh und spritz gefälligst selber Wasser drauf, bevor Du den Feuerwehrmännern drohst“, entfuhr es dazu Takeshi Kitano – und das Publikum am Fernseher jubelte. Das ist es, was die Japaner an dem Filmregisseur so lieben. Seine Direktheit, seinen bissigen Humor, seine respektlose Art gegenüber Autoritäten. Er selber sieht sich zwischen Komik und Ernsthaftigkeit. „Meine Psyche braucht stets diese beiden Extreme. Sonst fehlt mir die Energie“, sagte er einmal. Am 18. Januar wird Kitano, der im Westen vor allem für seine blutigen Yakuza-Filme über die japanische Mafia bekannt ist, 65 Jahre.
Kitano wuchs als jüngstes von vier Kindern in einem Arbeitervorort von Tokio auf. Sein trinkender Vater war Handwerker und soll Mitglied der Yakuza gewesen sein. Seine Mutter sorgte dafür, dass Takeshi es bis zur Universität schaffte. Doch nach seiner Beteiligung an Studentenprotesten brach er sein Ingenieurstudium ab und begann seine Karriere in den 70ern nach etlichen Gelegenheitsjobs als Komiker. Mit Kiyoshi Kaneko gründete er das für rasante und respektlose Auftritte bekanntgewordene Komiker-Duo „The Two Beats“, daher stammt sein Spitzname „Beat Takeshi“.
Das Multitalent wurde einer der beliebtesten TV-Komiker Japans und ein Superstar des japanischen Fernsehens mit täglicher Bildschirmpräsenz in unzähligen Shows. Noch heute ist Kitano aktiv im TV-Geschäft, allerdings nicht mehr als Klamauk-Komiker, sondern als Showmaster und Moderator ernsterer Sendungen zu Wissenschaft, Kunst und Gesellschaft. Dabei nimmt er auch Stellung zu aktuellen brisanten Themen.
Er nannte es zum Beispiel ungerecht, dass den Menschen im Nordosten das Risiko des Atomkraftwerks Fukushima aufgehalst worden sei, während die Menschen in Tokio in sicherer Entfernung von dem dort produzierten Strom profitieren könnten. Man sollte in der Bucht von Tokio ein Kernkraftwerk bauen, meinte Kitano. Dann würde garantiert dafür gesorgt, dass das Kernkraftwerk sicher ist und auch die schlimmsten Erdbeben überstehen würde.
In einer Umfrage unter 10 000 Japanern zwischen 20 und 59 Jahren gab die Mehrheit auf die Frage, wem sie am liebsten die Führung des Landes nach der Erdbebenkatastrophe vom 11. März 2011 anvertrauen würden, Kitano als erste Wahl an.
In Europa schätzt man Kitano vor allem für seine dunkle Seite. In seinen Yakuza-Filmen geht es um Ehre, Freundschaft, Rache, Verrat und Wertezerfall. In seinen langen, statischen Einstellungen explodiert die Gewalt aus der Stille heraus. Gewalt sei in bestimmter Weise wie Humor, wurde er einmal zitiert. „Sie kommen beide unerwartet.“ Und je unvorhersehbarer sie im Film auftauchen, „desto besser wird’s“.
Lange Zeit wurden seine Filme vom eigenen heimischen Publikum ignoriert und erst richtig beachtet, nachdem europäische Kritiker sie bejubelt hatten. So erhielt er 1997 für „Hana-Bi“ den Goldenen Löwen bei den Filmfestspielen in Venedig. Es folgten weitere Ehrungen, darunter für den Samurai-Firm „Zatoichi“. Im März 2010 wurde Kitano in Frankreich geehrt. Sein Film „Outrage“ erhielt im selben Jahr eine Einladung zum Wettbewerb der 63. Filmfestspiele von Cannes. Neben seiner Film- und Fernseharbeit ist Kitano auch als Maler und Kunstdozent tätig. In Kürze läuft in Japan eine Ausstellung mit Skulpturen und Bildern von ihm – nachdem sie zuvor schon in Paris zu sehen war.PORTRAITS im Überblick
[Lars Nicolaysen]
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