„Ad Vitam“ – über das Für und Wider ewigen Lebens

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Bild: Destina - Fotolia.com
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Es ist der ultimative Menschheitstraum, der in dieser Serie Realität geworden ist: Wer will, kann unsterblich sein. Aber ist das wirklich so erstrebenswert? Die Verlierer dieser Zukunft, die junge Generation, sagen nein. Und reagieren radikal.

„Nichts ist unendlich“, erklärt ein Jugend-Experte in der Talkshow, die im Fernsehen der Zukunft läuft. Er irrt sich – zumindest was den menschlichen Überlebenswillen angeht.



Denn der hat die Gesellschaft in ein Zeitalter geführt, in dem der Tod nur noch eine Option, aber kein Muss mehr ist. Mit der richtigen Behandlung gibt es ewige Jugend für alle, die sich an die Regeln halten: kein Alkohol, keine Drogen, gesundheitsbewusstes Leben.

Was für die Erwachsenen utopisch ist, ist für die Jungen eine Welt, die so niemals funktionieren kann. In der sechsteiligen SciFi-Serie „Ad Vitam“, die an diesem Donnerstag (8. November) um 20.15 Uhr bei Arte mit einer Doppelfolge startet, ist es dieser Konflikt, der vom französischen Autor und Regisseur Thomas Cailley gezeichnet wird.

Zugleich bildet er den Rahmen für einen Krimi, in dem der 119-jährige Polizist Darius (Yvan Attal) in einem Selbstmordfall ermittelt. Der Verdacht fällt schnell auf eine Gruppe, die sich schon früher mit Terrorakten in Form von Gemeinschaftssuiziden einen Namen gemacht hat. Es war ihre Antwort auf die menschliche Manipulation der Natur.

Auch die junge Christa (Garance Marillier) wollte bei einem der damaligen Massenselbstmorde dabei sein – überlebte aber. Jetzt fristet sie ihr Dasein in einer Jugendstrafanstalt, sie ist psychotisch und labil. Ihre Haltung zur Frage der Unsterblichkeit hat sich nicht geändert. Darius will dennoch, dass sie ihm hilft. Er schleust sie undercover in eine Gemeinschaft, die für ihre ablehnende Haltung gegenüber der Unsterblichkeit bekannt ist.

Mit ihrer Darstellung verkörpert Marillier das, was passiert, wenn eine Gesellschaft aus den Fugen gerät und ein Teil langfristig das Nachsehen hat: Aus ihren Augen spricht Trotz und Rebellion. Dass es dafür nicht viel braucht, scheint den Machern nicht immer klargewesen zu sein: Man kauft der Jungschauspielerin die Widerspenstigkeit auch ab, ohne dass sie den Stinkefinger zeigt.

Ansonsten wirken die restlichen Zutaten der Geschichte wohl dosiert. Es gibt die typisch scifi-mäßigen Technikspielzeuge und Spezialeffekte, wenngleich nicht zu viele. Es gibt Momente des Lachens und intensiver Spannung. Die Stimmung ist meist unaufgeregt, selten auch hochexplosiv. Musikalisch untermalt Cailley sein Werk mit allem, was das Herz begehrt. Es gibt klassische Töne, balladige, elektronische, transzendentale.

Besonders Spaß machen die kleinen Elemente, die dem Zuschauer gewisse Dinge auf behutsame Weise einordnen. Da ist die Qualle als wiederkehrendes Symbol für Unsterblichkeit – tatsächlich existiert eine Art, die sie sich selbst reproduzieren kann und damit quasi niemals stirbt. Und da sausen Büroangestellte im Hintergrund auf einer Art Hoverboard durch die Tischreihen, was die Lächerlichkeit so mancher Erfindungen – auch von heute – entlarvt.

Auch wichtig für heute: Die Produktion, die beim Festival Séries Mania in Lille als beste französische Serie ausgezeichnet wurde, stellt die Sichtweise auf die Dinge regelmäßig auf den Kopf. Was anfangs vernünftig erscheint, entpuppt sich schon bald als Ideologie. Für festgefahrene Meinungen bleibt gar keine Zeit. Eine definitive Antwort auf die Frage, ob richtig oder falsch, wird nicht gegeben.

[Karolin Rothbart]

Bildquelle:

  • Inhalte_Fernsehen_Artikelbild: Destina - Fotolia.com
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