80 Jahre „Feuerzangenbowle“: Der Kult-Klassiker an Heiligabend

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Heinz Rühmann
©ARD Degeto

Mitten im Krieg sollte die Pennälerkomödie „Die Feuerzangenbowle“ die Leute amüsieren. Nun wird der scheinbar unpolitische Klassiker mit Heinz Rühmann 80 Jahre alt und läuft heute Abend im Ersten.

Deutscher Humor aus dem letzten Jahrhundert. Ort: Klassenzimmer. „Sie heißen?“, „Johann Pfeiffer!“, „Mit einem F oder mit zwei?“, „Mit drei, Herr Professor!“, „Mit drei F?“, «Eins vor dem Ei, zwei hinter dem Ei!»; viele wissen bei diesem Dialog gleich, woher er stammt: natürlich aus der „Feuerzangenbowle“, dem vielleicht bekanntesten deutschen Kultfilm. Vor bald 80 Jahren kam das Werk ins Kino. Am heutigen Heiligabend läuft es wieder im Fernsehen um 21.45 Uhr im Ersten.

Kult in Ost und West

Der wohl berühmteste Rühmann-Film erlangte im Nachkriegsdeutschland Kultstatus. Wie kaum ein anderer deutscher Film prägte er sich ins kollektive Gedächtnis. Viele Millionen in Ost und West sahen ihn wieder und wieder bei den Wiederholungen im TV. An deutschen Unis gab und gibt es Vorführungen in der Vorweihnachtszeit. Ganz so unpolitisch wie der Film erscheint, ist er Historikern zufolge nicht. Braune Ideologie ist in der Schulkomödie aber eher versteckt. Etwa wenn der schneidige Lehrer Dr. Brett junge Menschen mit Bäumen vergleicht („Disziplin muss das Band sein, das sie bindet, zu schönem geraden Wachstum“). Oder wenn es im Unterricht etwas rassenideologisch um die Völkerwanderung geht.

"Die Feuerzangenbowle" mit Heinz Rühmann
© ARD Degeto – Im Karzer landen die schlimmen Finger. Diese Schul-/ Universitäts-Arrestzelle gibt es schon lange nicht mehr. Die Praxis des Nachsitzens gilt aber als Überbleibsel des Karzers.

Rühmann reiste extra zu Hitler

Die Premiere war im Januar 1944. In Europa tobt der von Deutschland entfesselte Zweite Weltkrieg aufs Schlimmste. An der Ostfront holt die Rote Armee zum großen Gegenschlag aus. Nach einer Bombennacht in Berlin findet am 28. Januar um 10.45 Uhr im Tauentzienpalast an der Ecke Nürnberger Straße die Erstaufführung des Films statt, der im Frühling 1943 gedreht worden ist. Einige der Darsteller der Oberprimaner erleben diesen Tag schon nicht mehr, weil sie zwischen Dreharbeiten und Premiere an der Front getötet wurden.

Rühmann selbst hat sich in den Wochen zuvor für den Film ins Zeug gelegt, nachdem es im Funktionärsapparat, vor allem aus dem Erziehungsministerium, Widerstände gegen die Pennälerkomödie gegeben hatte, die angeblich die Lehrerschaft verunglimpfe. Adolf Hitler persönlich soll die Freigabe des Films angeordnet haben, nachdem Rühmann mit einer Filmrolle unter dem Arm im Hauptquartier „Wolfsschanze“ nach Ostpreußen gereist war. Demnach fragte Hitler, der sich in jener Zeit keine Spielfilme mehr ansah, seinen Reichsmarschall Hermann Göring nur: „Ist der Film zum Lachen?“ und meinte nach der bejahenden Antwort kurz: „Dann ist dieser Film sofort für das deutsche Volk freizugeben.“

"Die Feuerzangenbowle" mit Rühmann
© ARD Degeto – Heinz Rühmann war einer der wenigen, der sich über den Willen des Propagandaministers Joseph Goebbels hinwegsetzte, denn Letztere wollte die Aufführung der „Feuerzangenbowle“ verhindern

„Die Feuerzangenbowle“ basiert auf einem Roman

Rühmann war ein großer Star in den 1940er Jahren. Sein Name stand auf der legendären „Gottbegnadeten-Liste“ der Nazis, auf der die Künstler verzeichnet waren, die vom Kriegsdienst befreit bleiben sollten. Er galt als weitgehend unpolitisch, was ihm später manchmal den Vorwurf des Opportunismus einbrachte. Seine Karriere ging im Nachkriegsdeutschland weiter. In Rühmann (1902-1994) konnten sich weite Teile des Publikums wiedererkennen.

„Die Feuerzangenbowle“ beruht auf einem 1933 in vielen Fortsetzungen erschienenen Zeitungsroman von Heinrich Spoerl (1887-1955). Beim Treffen alter Freunde kann der Schriftsteller Dr. Johannes Pfeiffer bei den Schul-Anekdoten nicht mitreden, weil er einen Privatlehrer hatte. Um die Jugend nachzuholen, macht er sich als Schüler zurecht und besucht das Gymnasium im beschaulichen Babenberg. Mit tollkühnen Streichen treibt er die schrullige Lehrerschaft in den Wahnsinn – und findet nebenbei die Frau fürs Leben: die Tochter des Schuldirektors.

"Die Feuerzangenbowle" von 1944 mit Heinz RÜhmann
© ARD Degeto – Die Dreharbeiten im Jahr 1943 mussten immer wieder wegen Fliegeralarm abgebrochen werden

Vergangenheitsverklärung

Am Ende kommt jedoch heraus, dass die ganze Binnenhandlung nur ausgedacht ist – nur die Rahmenhandlung des Herrenabends mit Feuerzangenbowle ist am Ende wahr. „Die Feuerzangenbowle“ ist somit der vielleicht schizophrenste Film der Nazi-Zeit, in der stets die leuchtende Zukunft der Deutschen propagiert wurde. In der durchaus melancholischen Komödie wird nämlich die Wilhelminische Epoche (1890 bis 1914) zur guten alten Zeit stilisiert. Und (Jugend-)Erinnerungen werden hier zu einem rettenden Paradies verklärt, die einem niemand nehmen kann; die man aber auch im Nachhinein nicht wirklich reproduzieren kann.

Bildquelle:

  • Die Feuerzangenbowle (2): ARD
  • Feuerzangenbowle: ARD
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