Von Ruhestand will er auch mit 80 Jahren nichts wissen. Hollywood-Regisseur Wolfgang Petersen hat Drehpläne für Deutschland, wenn Corona es wieder zulässt. Bis dahin will er noch viele Treppen steigen.
Seinen Humor hat Wolfgang Petersen in Pandemiezeiten – kurz vor seinem 80. Geburtstag – nicht verloren. Das runde Jubiläum am Sonntag (14. März) wird groß gefeiert, witzelt Deutschlands Hollywood-Regisseur im dpa-Gespräch: „Ich habe 80 Leute eingeladen, wir machen das ganz lustig mit Tanzen, Musik und ohne Masken – nee, natürlich gar nichts“, setzt er gleich hinterher. „Supervorsichtig“ hätten er und seine Frau sich seit Corona-Beginn in ihr Haus in den Hügeln von Los Angeles zurückgezogen.
Über den Geburtstag „segeln wir ganz locker drüber weg“, sagt der gebürtige Ostfriese. „Dann wird es auch nicht so ein dicker Hammerschlag, wenn man plötzlich so ein hohes Alter hat“. Alt hört er sich gar nicht an, wenn er begeistert über eine Handvoll neue Film- und Fernsehprojekte spricht. Den Ruhestand ignoriere er geflissentlich, vermutlich auch noch mit 100 Jahren, versichert der Macher von Film-Hits wie „Das Boot“, „Air Force One“ und „Troja“. Clint Eastwood stehe mit 90 ja auch noch hinter der Kamera.
Dieser ist einer von zig Hollywood-Stars, die für den in Emden geborenen und in Hamburg aufgewachsenen Regisseur und Produzenten vor die Kamera traten. Der Politthriller „In the Line of Fire“ mit Eastwood als Secret-Service-Agent war 1993 ein Kassenhit. Es ging Schlag auf Schlag weiter: „Outbreak“ mit Dustin Hoffman, „Air Force One“ mit Harrison Ford, „Der Sturm“ mit George Clooney, „Troja“ mit Brad Pitt.
Petersen will nicht in der Vergangenheit leben
Mit 80 Bilanz ziehen? Er sei nicht der Typ, der in der Vergangenheit lebt, meint Petersen. „Für mich geht der Blick immer noch mehr nach vorne. Ich schaue mir auch nur selten Filme an, die ich gemacht habe. Aber ‚Das Boot‘ war ganz klar die große Wende in meinem Leben und in meiner Karriere.“
Der aufwendig gedrehte Kriegsfilm mit Jürgen Prochnow und Herbert Grönemeyer bahnte Petersen den Weg nach Hollywood. „Sechs Oscar-Nominierungen für einen deutschen Film, das war eine tolle Sache“, blickt er fast bescheiden auf 1983 zurück. Es waren die meisten Anwartschaften, mit denen ein deutscher Film jemals von der Oscar-Akademie bedacht wurde. Petersen, damals Anfang 40, war für Regie und adaptiertes Drehbuch nominiert, hinzu kamen Kamera, Schnitt, Sound und Tonschnitt. Am Ende war „Gandhi“ unter der Regie des Briten Richard Attenborough der große Oscar-Abräumer.
Mit dem Fantasy-Märchen „Die unendliche Geschichte“ landete Petersen einen weiteren Kassenhit, gefolgt von dem Science-Fiction-Film „Enemy Mine“, alle bei Bavaria Film nahe München gedreht. 2019 taufte das Studio zum Dank eine große Produktions-Halle auf Petersens Namen. Der war zu diesem Zeitpunkt schon lange Wahl-Kalifornier. 1987 hatte sich Petersen mit seiner Frau Maria in Los Angeles niedergelassen.
Nach den „Schreckensjahren“ unter Donald Trump schaut Petersen mit Joe Biden und Vizepräsidentin Kamala Harris im Weißen Haus wieder hoffnungsvoll in die politische Zukunft. Es wäre nun denkbar, dass mit Harris erstmals eine Frau und eine Schwarze US-Präsidentin werden könnte. „Stellen Sie sich vor, was für ein neues und anderes Amerika das wäre“, begeistert sich der Filmemacher.
„Das Reifezeugnis“ machte Nastassja Kinski zum Star
Er hatte bereits 1997 in dem Action-Thriller „Air Force One“ dem Leinwand-Präsidenten Harrison Ford eine weibliche Vize-Präsidentin zur Seite gestellt. „Wir waren damals so stolz darauf, dass wir so progressiv waren“, erzählt Petersen. „Wir waren früh dran!“. Der damalige Präsident Bill Clinton habe in einem Plausch mit Harrison Ford für die Rolle Glenn Close vorgeschlagen, verrät der Regisseur. „Bingo! Das ist es doch, dachte ich mir, und Close hat natürlich gleich zugesagt.“
Petersen hat auch ein Gespür für junge Talente, von denen viele zu Weltstars zu wurden. Für den „Tatort“-Krimi „Reifezeugnis“ holte er 1977 Nastassja Kinski vor die Kamera und machte die junge Darstellerin über Nacht berühmt. Diane Kruger („Aus dem Nichts“) war noch unbekannt, als Petersen ihr 2004 in dem Historienepos „Troja“ neben Brad Pitt und Orlando Bloom die Rolle der schönen Helena gab. Das Studio wollte unbedingt einen Star casten, aber er suchte ein neues, „unschuldiges“ Gesicht, erzählt Petersen. Unter tausenden Casting-Videos habe er dann Kruger entdeckt.
Für ein Remake seiner alten Fernseh-Komödie „Vier gegen die Bank“ aus den 1970ern Jahren, kehrte Petersen 2016 in seine Heimat zurück. Der Gaunerfilm war mit Til Schweiger, Matthias Schweighöfer, Jan Josef Liefers und Michael „Bully“ Herbig prominent besetzt. „Das hat unheimlich Spaß gemacht, mal wieder nach Deutschland zu kommen und mit diesen tollen Jungs zu drehen“, erzählt Petersen. Nur den kalten Ostwind im winterlichen Berlin habe er nicht genossen.
Sein nächstes Regieprojekt würde ihn genau da wieder hinführen. Es ist eine Liebesgeschichte um einen KGB-Agenten und eine junge Ostdeutsche, nach einer wahren Begebenheit, kurz vor dem Mauerbau. Für dieses Jahr sei der Dreh in Deutschland, Moskau und in der Ukraine geplant gewesen, doch wegen Corona „wahrscheinlich erst im Sommer danach“, seufzt Petersen.
Die Corona-Impfung liegt schon hinter ihm, nun hofft Petersen auf eine baldige Rückkehr in den Arbeitsalltag. „Man muss ja auch mal wieder raus. Das Leben war für mich immer eine Reise durch die Welt, mit immer neuen Leuten und Teams.“ Aber: „Ich will ja nicht jammern. Wir haben ein wunderschönes Haus in Los Angeles mit einem riesigen Garten, herrlich am Hang, da kann man sich viel bewegen.“ Er halte sich mit Treppentraining fit, verrät Petersen. „Ich renne alle Treppen auf dem Grundstück rauf und und runter – und davon gibt es viele.“
Bild: Wolfgang Petersen (S Pakhrin, Lizenz CC BY-SA 2.0)
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- wolfgangpetersen: S Pakhrin via Wikipedia