Tsunami: Ein einfaches Wort, klanglich grazil und beinahe melodiös – doch es steht für eine der größten Gefahren, die der Mensch überhaupt kennt. Der Mensch vergisst schnell, doch vor nicht einmal zehn Jahren rief sich das unerbittliche Zerstörungspotenzial, dass dieses gigantische Naturphänomen entwickeln kann, mit aller Macht in Erinnerung.
Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer über die ganze Welt: Am zweiten Weihnachtsfeiertag des Jahres 2004 brach die größte von einem Erdbeben ausgelöste Flutwelle der Neuzeit über die Küste von Südostasien herein. Ein gewaltiges Beben im Indischen Ozean erzeugte eine Welle ungekannten Ausmaßes – sie verwüstete weite Teile der angrenzenden Küstenlinien und forderte über 230 000 Menschenleben in acht asiatischen Ländern.
Based On A True Story
Regisseur Juan Antonio Bayona nahm sich die wahre Geschichte der Spanierin María Belón als Grundlage, um die sich überschlagenden Ereignisse anhand eines exemplarischen Einzelschicksals filmisch adäquat aufzuarbeiten. Gemeinsam mit ihrem Mann und ihren drei jungen Söhnen, macht sie gerade einen langersehnten Familienurlaub an der thailändischen Küste, als die Katastrophe völlig unvermittelt über sie hereinbricht.
Durch die schier unaufhaltsame Kraft des über das Land flutenden Wassers von einer Sekunde auf die andere voneinander getrennt, suchen sie nach Überlebensstrategien im absoluten Chaos, nach Wegen, die eigene Haut zu retten, ohne dabei die eigene Menschlichkeit zu opfern. Sowohl Naomi Watts (die für ihre intensive Leistung für den Oscar nominiert wurde) als auch Ewan McGregor waren die Wunschkandidaten für die Besetzung der Hauptfiguren. Gemeinsam mit den famos aufspielenden Kinderdarstellern ist das Ensemble zweifellos einer der größten Trümpfe von „The Impossible“.
Durch die Augen des Einzelnen
Wie verfilmt man das Unbegreifliche, den unfassbaren Schrecken dieser Ausnahmesituation, das eigentlich nicht nachzuvollziehende Leid der Schwerverletzten, die im Augenblick des eigenen Überlebenskampfes mit dem Verlust ihrer Liebsten zu kämpfen haben? „The Impossible“ findet seinen Weg in der radikalen Reduzierung der universalen Katastrophe auf den ganz persönlichen Kern der Geschichte: Der Wille zu überleben und die Suche nach der eigenen Familie ist alles, was zählt.
Alle anderen Aspekte, die das große Ganze betreffen, werdenausgeblendet: Für diesen Moment gibt es nur noch den innersten Kreis derMenschen, die man liebt und die man unbedingt wiederhaben will. Das ist natürlich hemmungslos subjektiv und ohne jede erzählerische Distanz zum Geschehen inszeniert – doch gerade das ist ja die Intention des Films! (Wenn man die nüchtern-objektive Schiene bevorzugt, sollte man sich ohnehin besser eine der vielen Dokumentationen zum Thema anschauen.)
Die Macht der Klänge
Großen Anteil daran, dass dieses gewagte Konzept aufgeht, hat ganz sicher der fantastische Score von Fernando Velázquez, der bisher fast ausschließlich für seine atmosphärischen Arrangements bei so manchem (spanischen) Horror-Hit bekannt war („Das Waisenhaus“, „Devil“ und „Mama“ stehen beispielsweise in seiner Filmografie). Die grandiose emotionale Wucht, die seine elegischen und sehnsüchtigen Streicher-Passagen speziell in den gefühlsbetonten Schlüsselmomenten des Filmes evozieren, ruft fast automatisch den Kitschverdacht auf den Plan. Doch es gibt eben einen feinen Unterschied zwischen platter Gefühlsduseligkeit und echter, fühlbarer Emotionalität in der Musik – und auf diesem schmalen Grat wandelt er mit bewundernswerter Sicherheit sowie einem beneidenswerten Gespür für geniale Melodien.
Katastrophenkino in eindrücklichen Bildern
Mit leichtem Korn und dennoch großer Klarheit der Bilder wird ein Kompromiss zwischen deutlich filmischem Stil und dokumentarischer Präzision angestrebt. Nachts dominiert kühles Grün-Blau die Szenerie, während tagsüber warme, sonnige Farben vorherrschen, die trotz all der Zerstörung ringsumher beinahe noch paradiesisch anmuten. Die gewaltige Klangvielfalt während der Überflutungsszenen zeigt, dass die Soundingenieure jede Menge von ihrem Handwerk verstehen – der orchestrale Soundtrack erklingt überwiegend zurückhaltend, wird aber qualitativ ebenfalls mehr als überzeugend abgebildet. Ein bewegender Audiokommentar (Regisseur, Autor, Produzent sowie Augenzeugin María Belón) ist der wichtigste und beste Beitrag im ansonsten nur durchschnittlichen Bonusmaterial (Miniatur-Making-of, Casting-Featurette, neun Minuten entfernte Szenen).Die Wertung
FILMINHALT: 8 von 10
TECHNIK: 9 von 10
BILDQUALITÄT: 9 von 10
TONQUALITÄT: 9 von 10
Kurzfazit: Eindrucksvolle Annäherung an eine eigentlich nicht zu fassende Katastrophe – ganz und gar auf der persönlichen Ebene gehalten und dadurch extrem emotional.
BONUSMATERIAL: 5 von 10
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Infos zur Blu-ray
Genre: Drama | Originaltitel: Lo Imposible | Land/Jahr: ES/2012 | Vertrieb: Concorde Home | Bild: MPEG-4, 2.35:1 | Ton: DTS-HD MA 5.1| Regie: Juan Antonio Bayona | Darsteller: Naomi Watts, Ewan McGregor, Tom Holland | Laufzeit: 114min | Wendecover: k.A. | Anzahl Discs: 1 | FSK: ab 12 Jahre | Start: 18. Juni 2013
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[Tiemo Weisenseel]
Bildquelle:
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