[Tiemo Weisenseel]
[Tiemo Weisenseel]Kaum ist die TV-Premiere der Abenteuer des neuen Sherlock Holmes vorbei, kann man sich die überaus gelungene „Sherlock“-Reihe auch schon auf Blu-ray ins Regal stellen. Warum sich das unbedingt lohnt, verraten wir Ihnen in unserem Blu-ray-Test der Woche!
Der Name Steven Moffat (der als Showrunner für „Sherlock“ verantwortlich zeichnet) könnte dem einen oder anderen Serien-Freund durchaus bekannt vorkommen – und das aus gutem Grund. Zu seinen Karrierehighlights zählen die schlichtweg geniale Beziehungs-Sitcom „Coupling“, die in Großbritannien extrem erfolgreiche Neuauflage von „Doctor Who“ (die inzwischen bereits acht Staffeln umfasst) sowie eine mutige Neuinterpretation der klassischen Geschichte von Dr. Jekyll und Mr. Hyde als sechsteilige Miniserie für die BBC.
Sein neuester Coup „Sherlock“ versetzt nun den berühmtesten Detektiv aller Zeiten aus dem Viktorianischen England in unsere hochtechnisierte Gegenwart. Sir Arthur Conan Doyle schuf mit den Kurzgeschichten und Romanen rund um Sherlock Holmes und Dr. Watson ein komplexes Universum aus Figuren, Orten und Geschichten, dessen mannigfaltige Eigenheiten von immer neuen Leser-Generationen begierig aufgesogen wurden. Dem Team um Steven Moffat und seinen Koautor Mark Gatiss gelingt mit „Sherlock“ die heikle Gratwanderung, den typischen Charme und die gewitzte Intelligenz des Originals zu bewahren, und doch im gleichen Augenblick etwas völlig Neues, Verblüffendes und im besten Sinne des Wortes Zeitgemäßes zu erschaffen. Krimi-Kost der Spitzenklasse
Die drei jeweils knapp 90-minütigen Folgen der ersten Staffel sind TV- und Krimi-Unterhaltung auf ganz hohem Niveau. Das beginnt schon bei den ersten Bildern, die stylish sowie farblich leicht entsättigt für Atmosphäre sorgen und doch auch jeden High-Definition-Nutzer glücklich machen werden. Das geht weiter mit dem perfekt ausgewählten Cast, aus dem Martin Cumberbatch als charismatisches, hochbegabtes und grenzenlos von sich überzeugtes Superhirn noch einmal deutlich heraussticht – so, wie es sein muss für die Titelrolle des Sherlock Holmes.
Doch auch für Dr. John Watson, seinen wackeren Mitstreiter, hat man mit Martin Freeman ein passendes Gesicht gefunden, das spätestens mit der Premiere von Peter Jacksons „Der Hobbit“ im Dezember 2012 nicht nur in England jedermann kennen wird. Was die Serie letztendlich zu etwas ganz Besonderem macht, sind die höchst intelligent geschriebenen und ausgesprochen spannend inszenierten Fälle. Holmes für das neue Jahrtausend
Wie organisch und mühelos unzählige Details der Vorlage ins 21. Jahrhundert geholt werden, ist einfach ein Heidenspaß, sowohl für Hardcore-Fans der Bücher wie auch für den unbedarften Gelegenheitszuschauer, der die Trademarks des Holmes-Kanons nicht vollständig verinnerlicht hat. Watson kommt traumatisiert aus einem Einsatz in Afghanistan zurück (bei Conan Doyle noch der zweite Anglo-Afghanische Krieg) und versucht, seine Erlebnisse in einem Blog (statt ganz klassisch in handschriftlichen Memoiren) zu verarbeiten.
Holmes selbst nutzt für seine scharfsinnigen Ermittlungen ganz selbstverständlich alle Hilfsmittel, die ihm die moderne Technik zugänglich macht: Mit GPS, Überwachungskameras und mobilem Internet geht die Verbrecherjagd eben doch etwas leichter von der Hand, als nur mit Pfeife und Lupe bewaffnet. Alte Bekannte im neuen Gewand
Liebgewonnene Figuren wie Detective Inspector Lestrade, die Haushälterin Mrs. Hudson (selbstredend im Apartment in der Baker Street 221b) und Sherlocks Bruder Mycroft sind alle mit dabei. Last but not least natürlich auch Professor Moriarty: Dieser diabolische Gegenentwurf zu Holmes (seine Nemesis, sein späterer Erzfeind) wird nach und nach aufgebaut, mit Andeutungen und immer bedrohlicher werdenden Hinweisen auf ihn durch ganz verschiedene Schergen der Londoner Unterwelt. Auf das erste echte Aufeinandertreffen der beiden im Staffelfinale „Das große Spiel“ dürfen Sie mehr als gespannt sein … Genuss in Serie, dank nativem HD
Der Look der Serie kommt weniger filmisch daher, sondern vielmehr wie die brandaktuelle HD-Serie, die „Sherlock“ nun einmal ist. Die Bilder wirken sehr sauber, sehr klar und glatt, ohne jedoch Charakter und passende Düsternis vermissen zu lassen. Die zurückhaltende Farbgebung, die sich vornehmlich auf braune, gelbe und gräuliche Töne konzentriert, passt ausgezeichnet zum inhaltlichen Ton der Serie. Starkes digitales Rauschen in einigen Nachtaufnahmen lässt sich allerdings nicht übersehen. Vorbildlich ist, dass auch die deutsche Tonspur im bestmöglichen Master-Audio-Standard vorliegt – was keineswegs eine Selbstverständlichkeit ist, schon gar nicht im soundtechnisch oft etwas stiefmütterlich behandelten Serienbereich.
Die Klangqualität kann also vollends überzeugen – mehr Mut zu Dynamik und generell mehr Einsatz der Surroundmöglichkeiten würden wir uns für die heiß erwartete und bereits abgedrehte zweite Staffel dann aber doch wünschen.
Bei den Extras finden sich interessante Audiokommentare, ein toll gemachtes halbstündiges Making-of sowie die nie gesendete englische Pilotfolge, die allerdings nichts anderes als eine auf 55 Minuten eingedampfte, frühe Version von „Ein Fall in Pink“ ist, die mit der letztendlichen Folge aber nicht wirklich Schritt halten kann.
Die Wertung
FILMINHALT: 9 von 10
BILDQUALITÄT: 8 von 10
TONQUALITÄT: 7 von 10
TECHNIK: 7,5 von 10
BONUSMATERIAL: 6 von 10
GESAMT: 16,5 von 20
Fazit: Sherlock Holmes ist zurück – und zwar mit einem Paukenschlag von einer Serie, wie er in dieser fantastischen Qualität nur zu erträumen war. Kaufen, ansehen und Spaß haben, ganz einfach!
Infos zur Blu-ray
Genre: Krimi | Originaltitel: Sherlock | Land/Jahr: GB/2010 | Vertrieb: Polyband | MPEG-4, 1.78 : 1 | Ton: DTS-HD MA 5.1 |Regie: Paul McGuigan| Darsteller: Benedict Cumberbatch | Martin Freeman | Rupert Graves | Laufzeit: 3×88 Min. | Wendecover: ja |Anzahl Discs: 2 | FSK: 12 | Start: 8. August 2011
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Bildquelle:
- Inhalte_Blu-ray_Artikelbild: © Auerbach Verlag