Was wäre, wenn es Zeitreisen wirklich gäbe? Wenn diese von staatlichen Unternehmen ausgenutzt würden, um die Geschichte zu korrigieren? Wenn jemand durch die Zeit reisen würde, um die größten Verbrecher der Menschheit dingfest zu machen. Welche Konsequenzen würden sich außer dem Tod von Hitler (das wohl berühmteste Zeitreise-Attentat-Thema) also noch daraus ergeben? Mit seiner Kurzgeschichte „All You Zombies“ nahm sich Science-Fiction-Autor Robert A. Heinlein dieser Frage an und schuf das wohl extremste Zeitreise-Paradox, was das Science-Fiction-Genre je hervorgebracht hat.
Wer die Kurzgeschichte bereits kennt, darf gespannt sein, wie die Spierig-Brüder („Daybreakers“), dieses Horror- Szenario eines Zeitreisenden auf Film gebannt haben. Allen anderen sei gesagt: Herzlichen Glückwunsch! Sie haben einen Tripp vor sich, dessen unglaublichen Twists Sie vollkommen überraschen werden. Und keine Sorge, das unfassbare Geheimnis hinter dieser Handlung wird selbstverständlich in keinem Wort dieses Artikels erwähnt. Sie können also beruhigt weiter lesen, ohne eine Zeitmaschine bemühen zu müssen.
Er ist ein Mann ohne Name. Sein letzter Auftrag sollte der gefährliche Sprengstoff-Attentäter namens Fizzle-Bomber sein. Bereits seit Jahren ist der Ermittler hinter ihm her. Doch kurz bevor er ihn stellen kann, verunstaltet eine Explosion das Gesicht des Ermittlers. Monate später ist der Körper wieder hergestellt, das Gesicht wurde komplett neu konstruiert und der Mann ohne Namen macht sich mit komplett anderem Aussehen bereit, durch die Zeit zu reisen und zu beenden, was er anfing. Seine Erinnerung aus früheren Sprüngen führt ihn zu einer Bar im New York der 1970er Jahre. Verkleidet als Barkeeper erwartet er dort sein Schicksal.
Plötzlich betritt ein Fremder (Sarah Snook) das verrauchte Etablissement, setzt sich an die Theke und beginnt eine zunächst unverfänglich wirkende Konversation. Der Fremde ist ein Journalist, der unter dem Pseudonym „Ledige Mutter“ so genannte „Lebensbeichten“ im Herald Digest verfasst. Aus dem Small Talk wird schnell ein tiefer gehendes Gespräch, an dessen Höhepunkt eine Wette um die beste Flasche Likör des Ladens steht. Schafft es der Fremde den Barkeeper mit seiner Geschichte zu überraschen, so gehört die Flasche ihm. Gespannt lauscht der Barkeeper der Erzählung, die mit der Geburt eines kleinen Mädchens beginnt und ungefähr 50 Prozent des Filmes ausmacht …
Science Fiction pur
Es gibt so viele tolle Science-Fiction-Filme, die mit einem nur kleinen Cast auftrumpfen und dafür aber in die tiefsten Abgründe der menschlichen Natur vordringen. Ähnlich wie „Moon“, „A Scanner Darkly“ oder auch „Vanilla Sky“ baut „Predestination“ auf wenige Hauptcharaktere auf, konzentriert sich auf deren Entwicklung und führt diese zu einem schockierenden Ende – Ein Erzählschema, dem die meisten Science-Fiction-Kurzgeschichten folgen. Dadurch wird die Handlung zu einer anthropologischen Selbstbetrachtung, die zwar phantastische Erzähl-Werkzeuge verwendet, aber im Prinzip nichts weiter ist als der sehr persönliche Blick in den menschlichen Geist. Worauf die Spierig-Brüder besonderen Wert legten, waren die vielen kleinen Details und versteckten Hinweise auf den großen Twist am Ende. Wir empfehlen daher eine mehrmalige Konsumierung des Films, um all jene Gags bewusst wahrnehmen zu können. Wir sagen nur: Feuerzeug.
Was die visuelle Qualität anbelangt, so fällt vorwiegend die Zeilenverschiebung bei dem Bildmaterial auf, die besonders bei dargestellten Kanten für Treppchenbildung sorgt. Beim Colorgrading achteten die Filmemacher in der Postproduktion darauf, dass die unterschiedlichen Erzählebenen auch verschiedene Farbcodes erhalten. Beispielsweise ist die Bar, in der sich die beiden Protagonisten treffen, eher dunkel und mit vielen warmen Braun- und Orange-Tönen versehen, während die Erzählung des geheimnisvollen Fremden eher kalte Blau- und Türkis- Töne bereit hält. Die Farbsättigung ist jedenfalls relativ hoch , sodass einige „Marker“ bewusst ins Auge fallen. Der Kontrast bleibt durchgängig sehr hoch. Die Dunkelflächen verleihen den Charakteren mehr Kontur. Auch die Soundqualität bleibt Durchschnitt. Verzerrte Stimmen und die selten eingesetzte Räumlichkeit trüben den inhaltlich und visuell lohnenswerten Filmgenuss geringfügig.
Ethan Hawks Sci-Fi-Abenteuer „Predestination“ gibt es beim Onlinehändler Amazon derzeit für 16,99 Euro. Die 3D-Variante können Sie sich für 19,99 Euro sichern.Die Wertung
FILMINHALT: 7,5 von 10
TECHNIK: 6 von 10
BILDQUALITÄT: 6,5 von 10
TONQUALITÄT: 6 von 10
Kurzfazit: Science-Fiction-Fans werden Heinleins großartige Kurzgeschichte bereits kennen. Für alle anderen ist es ein brillanter Thriller mit verblüffendem Ende.
BONUSMATERIAL: 1 von 10
Infos zur Blu-ray
Genre: Science-Fiction | Originaltitel: Predestination | Land/Jahr: AU 2014 | Vertrieb: Tiberius Film | Bild: MPEG-4, 2.35:1 | Ton: DTS-HD MA 5.1 | Regie: Michael Spierig, Peter Spierig | Darsteller: Ethan Hawke, Sarah Snook, Noah Taylor | Laufzeit: 97 min | Wendecover: ja | Anzahl Discs: 1 | FSK: ab 16 Jahre | Start: 05. Februar 2015
An dieser Stelle präsentiert Ihnen das BLU-RAY MAGAZIN immer dienstags die „Blu-ray der Woche“, die aus Sicht unserer Redakteure die interessanteste Veröffentlichung der kommenden Tage darstellt. Zur Blu-ray-Vorstellung der vergangenen Woche „Sin City 2“ geht es hier.
90 weitere Tests lesen Sie im neuen BLU-RAY Magazin 02/2015, das ab sofort am Kiosk, im Online-Shop und auch im Abo erhältlich ist.
Durchsuchen Sie unsere Online-Datenbank nach weiteren Blu-rays
[Falko Theuner]
Bildquelle:
- Inhalte_Blu-ray_Artikelbild: © Auerbach Verlag