Blu-ray der Woche: „El Ardor“ – Stimmungsvoller Neo-Western

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Bild: © Auerbach Verlag
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Regisseur Pablo Fendrik hat bei der Verfilmung seines selbst verfassten Drehbuches sein Bestes gegeben, um das aktuelle Problem der Landräuber im lateinamerikanischen Raum darzustellen. Das Ergebnis ist ein stimmungsvoller Neo-Western im argentinischen Regenwald. „El Ardor“ ist unsere Blu-ray der Woche.

Auch wenn die Rolle des mysteriösen Dschungel- Kriegers Kaí (Mexikos Superstar Gael García Bernal) anfangs, als er die Tabakfarm betritt, noch unklar ist, wird seine Aufgabe bald deutlich. Zunächst einmal gilt er als Fremder gegenüber dem Farmbesitzer (Chico Díaz) und dessen Tochter Vanía (Alice Braga). Doch im Gespräch mit ihnen wird deutlich, dass eine große Gefahr aufzieht.
 
Angeführt von Tarquinho (Claudio Tolcachir), suchen einige Landräuber die Bewohner der Farm heim. Stark bewaffnet und skrupellos demonstrieren sie ihre Übermacht. Nach Vanías Versuch, die Angreifer abzuwehren, wird sie entführt. Kaí macht sich auf den Weg in den dichten Regenwald, um sie zu finden und die Übeltäter ihrer gerechten Strafe zuzuführen. Dessen Weg, fernab von der Zivilisation, stellt Überlebenswillen und -kenntnisse auf die Probe, als er barfuß die Verfolgung aufnimmt.
 
Sein Leben in und mit der Natur steht im Gegensatz zu dem Wesen der „Grileros“, die sich mit Macheten ihren Weg durchs Unterholz bahnen und mit ihren Gewehren ihr materialistisches Vorhaben in die Tat umsetzen. Zudem lauert zwischen den Blättern des Dschungels noch ein weiterer Schrecken: Ein wilder Jaguar, der ihnen auf Schritt und Tritt folgt. 

Vor allem, da sein Knurren immer sehr deutlich unter die Dschungel-Geräusche gemischt wurde, ist die drohende Gefahr stets präsent, ähnlich eines Damoklesschwertes. Auf einen Angriff des Tieres wartet man aber vergeblich – stattdessen lässt sein Handeln Interpretationsspielraum. Im Prinzip verkörpert der Jaguar die unbändige, schöne, aber auch gefährliche Natur, die sich in einer Szene sogar neben den naturverbundenen Kaí bettet.
 
Vanía aus den Klauen der Eindringlinge zu befreien, ist nicht dessen größtes Problem. Es sind die rachelüsternen Grileros, denen er nun in Guerilla-Manier beikommen muss. Dabei drängt sich die Frage auf, wo währenddessen die Bauerntochter abgeblieben ist. Offenbar ist ihre Figur an dieser Stelle dermaßen unwichtig, dass sie in den Hintergrund der Geschichte gedrängt bzw. völlig wegrationalisiert wurde. Die Charaktere des Films sind durchaus tiefgründig dargestellt. Die Identifikation bleibt dennoch nahezu unmöglich und man fühlt sich sehr distanziert.
 
Das mag vor allem daran liegen, dass Protagonist Kaí immer wieder unerklärte Dschungel-Riten anwendet, die für den Zuschauer einfach nicht greifbar sind. Etwas überheblich zeigt seine Körpersprache die meiste Zeit einen „Ich regle das!“-Ausdruck. Die Mimik, die ihn vermutlich als mutig und furchtlos darstellen soll, hat somit eher etwas Überhebliches. Zusätzlich lassen die kurz gehaltenen Redeanteile die Situation primitiver erscheinen, als man sie vielleicht einschätzen würde.
 
Kaí übernimmt damit die Rolle des wortkargen Western-Helden à la Clint Eastwood und erinnert darüber hinaus an Mads Mikkelsen in „Walhalla Rising“. Spätestens in den Szenen mit Schusswechsel wird die Western-Struktur sowie das Genre-typische Flair überdeutlich. Diese Wirkung wurde ganz bewusst erzeugt. Vielleicht auch um die Hoffnung zu wecken, die Guten mögen über die Ungerechtigkeit triumphieren. 

 

Erschütternde Hintergründe

Die brasilianisch-argentinische Koproduktion „El Ardor – Der Krieger aus dem Regenwald“ soll nicht nur der Unterhaltung dienen, sondern auch jede Menge Stoff zum Nachdenken bieten. Die behandelte Problematik der Landräuber, so genannter „Grileros“, hat in Südamerika einen ganz aktuellen Stellenwert. Mit gefälschten Besitzurkunden bemächtigen sie sich der Ländereien der Bauern, beispielsweise um an exotische Hölzer zu kommen, die sie teuer verkaufen können.
 
Ein anderes Motiv ist die steigende Nachfrage nach Soja, das in solchen Gegenden ideale Anbaubedingungen hat. Oft werden große Flächen abgebrannt, damit die Bauern ihr eigenes Land nicht wieder erkennen. Für den Fall, dass die Bewohner sich weigern, ihre Heimat zu verlassen und ihren gesamten Besitz an illegale Siedler zu verschenken, sind die Grileros diese durch die Brandrodung gleich mit los. Die Dramatik dieser verschwenderischen und zerstörerischen Vorgehensweise wird schon zu Beginn des Films dargestellt. Die Bilder des brennenden Regenwaldes erzeugen dabei eine verstörende Atmosphäre.Überzeugendes Dschungel-Feeling

Die permanent aus dem Dickicht gefilmte Perspektive, oft auch mit Pflanzen im Bild, gibt das Gefühl, als versteckter Beobachter dabei zu sein. Das und die Geräuschkulisse der Vögel und Insekten des Regenwaldes, vermag eine umfassende Räumlichkeit zu erzeugen. Die warme Farbdarstellung, vor allem in den Szenen auf der Tabakfarm, sorgt dafür, dass die sengende Hitze in dieser Umgebung praktisch fühlbar wird.
 
Die Farben wirken dadurch weniger natürlich. In den meisten Szenen ist die Detailschärfe überdeutlich und nur in wenigen, dunklen Aufnahmen ist ein störendes Bildrauschen wahrnehmbar. Die Dialoge fallen eher knapp aus und nur selten nimmt man Hintergrundmusik wahr – vor allem deswegen hätten die zahlreichen Dschungel-Geräusche auch öfter auf die hinteren Kanäle gelegt werden können.
 
Das Bonusmaterial besteht aus einem 16-minütigen Making-of, worin Hintergrundinformationen bezüglich der Landräuber-Problematik leider fast gänzlich ausbleiben. Insgesamt liefert es einen interessanten Einblick in die Dreharbeiten mitten im Regenwald und in die angenehme Zusammenarbeit der Beteiligten.
 
 
Den stimmungsvollen Neo-Western „El Ardor – Der Krieger aus dem Regenwald“ gibt es beim Onlinehändler Amazon derzeit für 13,99 Euro.Die Wertung

 

 

FILMINHALT: 6,5 von 10


 
TECHNIK: 7,5 von 10
 
BILDQUALITÄT: 7,5 von 10
 
TONQUALITÄT: 8 von 10
 
Kurzfazit: Abenteuerreiches Dschungel-Drama mit bewegendem Hintergrund. Der Film regt auch nach seinem Ende noch zum Nachdenken an.
 
BONUSMATERIAL: 3 von 10


Infos zur Blu-ray


 

Genre: Abenteuer/Drama | Originaltitel: El Ardor | Land/Jahr: AR, BR, FR, MX, US 2014 | Vertrieb: Tiberius Film | Bild: MPEG-4, 2.35:1 | Ton: DTS-HD MA5.1 | Regie: Pablo Fendrik | Darsteller: Gael García Bernal, Alice Braga, Claudio Tolcachir | Laufzeit: 101 min | Wendecover: k.a. | Anzahl Discs: 1 | FSK: ab 12 Jahre | Start: 06. August 2015


 
 
 
An dieser Stelle präsentiert Ihnen das BLU-RAY MAGAZIN immer dienstags die „Blu-ray der Woche“, die aus Sicht unserer Redakteure die  interessanteste Veröffentlichung der kommenden Tage darstellt. Zur Blu-ray-Vorstellung der vergangenen Woche „Der Admiral“ geht es hier.

 
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[Anika Bahn]

Bildquelle:

  • Inhalte_Blu-ray_Artikelbild: © Auerbach Verlag
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