Regisseur Joe Jonston ist ein alter Hase im Filmgeschäft. Für seine Arbeit als Effekt-Künstler in „Indiana Jones – Jäger des verlorenen Schatzes“ (1981) gewann er einen Oscar. Ein Jahrzehnt später feierte er mit dem Steampunk-Märchen „Rocketeer“ (1991) kleinere Erfolge als Regisseur. Wiederum 20 Jahre danach kehrt er thematisch erneut zum Weltkriegs-Helden zurück. Sein neuster Schützling ist Marvel-Ikone Captain America, der plakativer denn je gegen Comic-Nazis streitet.
Auch nach so vielen Jahren ist seine Handschrift unverkennbar die eines Technikers. Johnstons Filme bewegen sich von Effekt-Shot zu Effekt-Shot, weshalb z. B. „Jurassic Park III“ inhaltlich gar nicht funktionierte, in der Intensität der einzelnen Szenen aber dennoch visuell heraus stach. „Captain Amarica – The First Avenger“ ist nun ein weiterer Beweis dafür, wie festgefahren Jonstons klischeebehafteten Bilderwelten inzwischen sind.
Kurioserweise ist dies jedoch genau das, was einen Film über eine US-Propaganda-Maschine zum funktionieren bringt. Es ist die knallig-kitschige Welt der 1940er und der Gedanke an die Essenz des puren Heldentums, die im Krieg aus einem Schwächling eine dem Staat dienliche Kampfmaschine macht. Dem Land oder den Menschen dienen?
Als Grundlage der Schöpfungsgeschichte des Amerika verkörpernden Superhelden, dient der kleine, schmächtige Steve Rogers (perfekt besetzt durch Chris Evans). Mit seinem Herz aus Gold und dem zwanghaften Drang, in den Krieg ziehen zu wollen, um seinen Beitrag gegen die Tyrannei Nazi-Deutschlands zu leisten, hat er die Sympathien auf seiner Seite. Und auch nach dem geglückten Militärexperiment, ist jede Bewegung des aufgepumpten Supersoldaten vom Heldentum durchströmt, weshalb er gar als Ikone für die US-Propaganda herhalten muss (Da hat er einiges mit Marvels Comic-Heften aus den 1940ern gemein). Selbst die Wahl der Waffe, ein robustes Schild, deutet auf Defensive und Ritterlichkeit hin und nicht auf Angriff. Von einem menschlichen Charakter ist hier nichts zu spüren, denn Cap ist ganz einfach ein moralisch absolut unfehlbarer Saubermann, der offensichtlich auch keine weiteren persönlichen Eigenschaften besitzt – eben Soldat durch und durch. Neues von den Avengers
Während Captain Americas Einsätzen im Kriegsgebiet sticht hier und da ein bisschen „Indiana Jones“ oder „Rocketeer“ heraus. Das suggerieren zumindest die ähnlich wirkenden Kamerafahrten, Settings und Stunt-Einlagen. Aber wie erwähnt, scheinen diese Offensichtlichkeiten dem Film eher zu helfen anstatt ihm zu schaden, selbst die Mottorad-Verfolgungsszene wirkt erstaunlich bekannt, schon fast wie eine Hommage an den „letzten Kreuzzug“ eines gewissen Schlapphut-Trägers. In Red Skull (Hugo Weaving) findet Cap einen würdigen Gegenspieler, zumal dieser die Weltherrschaft mittels „göttlicher“ Technologie aus dem Hause Odin an sich reißen möchte.
Der Tesseract, ein Würfelartiges Juwel, soll Skulls Waffenarsenal als unendliche Energiequelle dienen und ihm damit einen Vorteil im Kampfgeschehen geben. Dass sich dieser Teil der Handlung natürlich perfekt als Vehikel für den kommenden „Marvel’s The Avengers“ (ab 26.04.2012) eignet, dürfte klar sein, denn hier verteidigt das Helden-Team die Menschheit gegen die nordische Götterwelt. Klassische Technik
Die 1940er Jahre werden gerne in matten Farben stilisiert, weshalb auch Marvels erster Avenger in einer fast monochromen Welt agieren muss. Entweder es ist alles in warmen Orangetönen gehalten oder Caps Umgebung ist grau, entfärbt, verdunkelt und neblig. Bei größer angelegten Greenscreen-Aufnahmen treten Unschärfen insbesondere an den Kanten auf, teilweise wirkt Chris Evans Gesicht auf dem hageren Körper von Steven Rogers ein wenig künstlich. Durch die erstklassige Schärfe wirkt auch die 3D-Wiedergabe sauber. Die Objekte sind klar herausgestellt und es gibt einige schöne Räumlichkeiten. Sobald das Bild allerdings dunkler wird und zuläuft, verschwindet auch jeglicher 3D-Effekt. Oft ist dieser zudem so minimal, dass Sie selbst auf einem 3D-Plasma Schwierigkeiten bekommen, eine Tiefe zu erkennen.
Dem Sound wohnt der gewohnte Blockbuster-Bombast inne, die 5.1-Abmischung ist gut, wenn auch nicht begeisternd. Hauptsächlich punktet hier die Dynamik, die Motorrad-Verfolgungsjagd in der 90. Minute erinnert von der Soundkulisse her an die Speeder-Bikes aus „Star Wars Episode VI„. Die Bonusfeatures befinden sich auf der beiliegenden 2D-Blu-ray. Unter anderem dürfen sich Blu-ray-Käufer über eine amüsante Kurzepisode aus Agent Phil Coulsons (Clark Gregg) Leben freuen (HD 4 Min.). Vier entfernte Szenen (HD 5 Min) sowie 7 Featurettes zum Dreh (HD 47 Min.) erfreuen den Marvel-Fan. Zudem lässt sich über das stimmungsvoll animierte Menü auch ein Audiokommentar von Joe Johnston aktivieren. Und wie immer gilt: Abspann vollständig schauen bzw. vorspulen, denn danach gibt es einen kurzen Einblick in Joss Whedons Marvel-Hit „The Avengers“.Die Wertung
FILMINHALT: 7 von 10
TECHNIK: 8 von 10
BILDQUALITÄT: 8,5 von 10
TONQUALITÄT: 8,5 von 10
3D-EFFEKT: 6,5 von 10
Fazit: Marvels Saubermann ist zu sehr mit seinem Helden-Image beschäftigt, als dass er echten Charakter zeigen könnte. Dennoch eine visuell gelungene Umsetzung der Comics.
BONUSMATERIAL: 6 von 10
Infos zur Blu-ray
Genre: Abenteuer/Comicverfilmung | Originaltitel: Captain America: The First Avenger | Land/Jahr: US 2011 | Vertrieb: Paramount Home | Bild: MVC, 2.35:1 | Ton: DD 5.1, DTS-HD MA 5.1 (engl.) | Regie: Joe Johnston | Darsteller: Chris Evans, Tommy Lee Jones, Hugo Weaving | Laufzeit: 124 Min. | Wendecover: ja | Anzahl Discs: 3 | FSK: ab 12 Jahre | Start: 19. Dezember 2011
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[Falko Theuner]
Bildquelle:
- Inhalte_Blu-ray_Artikelbild: © Auerbach Verlag