Unicable 2 in der Praxis: Bis zu 32 Receiver mit einer Leitung

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©Grupo Televisa

Für lange Zeit galt die Verkabelung einer Mehrteilnehmer-Sat-Anlage als kompliziert und aufwendig. Einkabelsysteme wie Unicable sorgen hier für Erleichterung. Zudem wurden diese weiterentwickelt und bieten inzwischen sagenhafte Möglichkeiten.

Die klassische Mehrteilnehmer-Sat-Anlage erforderte vom Multischalter oder LNB zu jedem anzuschließenden Receiver eine separate Koaxialleitung. Sternverteilung heißt das im Fachjargon. Sie ist mit hohem Installationsaufwand und auch Kosten für die Antennenkabel verbunden. Um beides zu minimieren, hat man schon seit Längerem versucht, über nur einen Leitungsstrang mehrere Receiver zu versorgen. Zunächst waren bis zu vier Geräte, später bis zu acht möglich. Inzwischen ist man bei bis zu 32 angelangt. Diese Einkabellösungen sind gemeinhin als Unicable bekannt und sind umgangssprachlich zu so etwas wie einem Sammelbegriff geworden. Genauso wie etwa „Tesa-Band“ als Synonym für Klebeband genutzt wird.

Am Rande bemerkt

Bei dem Namen „Unicable“ handelt es sich um einen geschützten Markennamen der FTA Communications SARL. In unseren Breiten wird der Begriff gerne mit europäischen Einkabelstandard SCR (Satellite Channel Router) oder auch CSS (Channel Stacking System) in einen Hut geworfen. Dabei handelt es sich bei Unicable nur um eine mit dem SCR/CSS Standard nach EN 50494 kompatible Anwendung. Sie versorgt bis zu vier Receiver über einen Leitungsstrang. 2011 wurde dieses Verfahren erweitert, erhielt den Namen JESS (Jultec Enhanced Stacking Standard) und wurde 2014 zur Europanorm EN 50607. Sie ist auch als Unicable 2 bekannt und erlaubt die direkte Anspeisung von bis zu 32 Empfangsgeräten über einen Leitungsstrang.

Legacy-Buchsen, Unicable
©Auerbach Verlag/Thomas Riegler – Es gilt auf die Buchsenbeschriftungen zu achten. An den drei Legacy-Buchsen kann nur je ein Receiver direkt angeschlossen werden

Keine einheitliche Bezeichnung

Einkabel-Sat-Komponenten werden unter verschiedenen Namen angeboten und haben das Potential, Konsumenten zu verwirren. Vereinfacht ausgedrückt, unterscheiden sich die einzelnen Verfahren in der Anzahl der über einen Leitungsstrang versorgbaren Sat-Receiver. Beim klassischen Unicable sind es vier, bei Unicable 2 bis zu 32 Teilnehmeranschlüsse.

Wie funktioniert Unicable?

Herkömmliche LNBs spalten das vom Satelliten empfangene Frequenzspektrum in vier Teilbereiche auf. Sie sind als unteres und oberes Ku-Band mit horizontaler und vertikaler Polarisation bekannt. Je nach den vom Receiver zum LNB gesendeten Steuersignalen schaltet dieser auf einen der vier Teilbereiche und überträgt über das Antennenkabel zum Beispiel das gesamte Spektrum von 10,7 bis 11,7 GHz horizontal. Womit zu jeder Zeit eine Bandbreite von 1 000 MHz vom LNB zum Receiver weitergeleitet wird. Aus allen auf diesem Weg gleichzeitig übertragenen Transpondern sucht sich der Sat-Receiver jenen aus, den er zur Wiedergabe des gewünschten Programms braucht.

Einkabelsysteme sind da ungleich effizienter. Bei ihnen werden zwischen dem Unicable-LNB oder –Multischalter und jedem angeschlossenen Receiver je eine fixe Übertragungsfrequenz sowie ein Rückkanal zugewiesen. Über den Rückkanal fordert der Receiver beim LNB an, welchen Transponder er wiedergeben möchte. Egal, ob nun ein Transponder auf 10,75 oder 12,6 GHz empfangen werden soll, zum Receiver gelangt er stets auf derselben, im Zuge der Anlagenkonfiguration vereinbarten Frequenz.

Unicable 2-LNB

Unicable OpenATV
©Auerbach Verlag/Thomas Riegler – Die Unicable-2-Programmierung ist in der Tunerkonfiguration der Menüoberfläche auszuführen. Hier am Beispiel von OpenATV

So leicht ist ein Unicable 2-LNB gar nicht von anderen LNBs zu unterscheiden. Denn die meisten von ihnen kommen mit vier, seltener drei F-Anschlüssen. Insbesondere jene mit vier können leicht mit einem Quad- oder Quattro-LNB verwechselt werden. Quad LNBs besitzen bereits einen integrierten Multischalter und erlauben den direkten Anschluss je eines Receivers an ihren vier Ausgängen. Beim Quattro-LNB wird über jeden der vier Ausgänge nur ein Viertel des Ku-Bands übertragen. Er arbeitet nur in Kombination mit einem herkömmlichen Multischalter.

Einen entscheidenden Hinweis zur Identifikation eines Unicable-LNBs gibt es aber doch. Der Einkabel-Ausgang, also jener, über den mit einem Leitungsstrang mindestens vier Receiver angesteuert werden können, ist in gold ausgeführt. Weitere Hinweise liefert das Typenschild. Beim ursprünglichen Unicable werden auf ihm oft die zum Einsatz gelangenden Frequenzen gelistet. Auf Unicable 2-LNBs deutet etwa dCSS auf den neuen Standard hin. Auch die Angabe der versorgbaren Receiver, zum Beispiel 24+3, ist ein eindeutiger Hinweis darauf.

Was heißt 24+3?

Unicable-LNBs besitzen meist nicht nur den goldenen Anschluss für den Einkabelstrang, sondern bis zu drei zusätzliche in Silber. Diese sind mit „Legacy“ beschriftet. Darunter versteht man einen herkömmlichen LNB-Ausgang, an dem, wie seit jeher gewohnt, ein einziger Receiver angeschlossen werden kann. Damit lassen sich auch ältere Geräte weiter verwenden, die noch kein Unicable unterstützen. Damit kann über jede der silbernen Legacy-Ausschlüsse je ein weiterer Receiver in Sternverteilung versorgt werden. Damit lassen sich mit einem 24+3-LNB bis zu 27 Boxen mit Sat-TV versorgen. Entscheidend ist, dass jedem über die SCR- oder die Legacy-Buchsen angeschlossenen Receiver ohne Einschränkungen alle Satelliten-Programme zur Verfügung stehen.

Signalverteilung

Unicable LNB, Empfangseinstellungen
©Auerbach Verlag/Thomas Riegler – Nur wenn unter „LNB“ „LNB 1“ eingestellt ist, kann man unter „Unicable Gerätetyp“ „Unicable-LNB“ auswählen

Das Tolle an Unicable 2 ist, dass mit ihm die alte TV-Verteilung aus der Kabelfernsehzeit weiter genutzt werden kann. Es sind lediglich die bisherigen Antennen-Steckdosen gegen Sat-taugliche zu tauschen. Meist werden so genannte Durchgangsdosen benötigt. An ihnen sind das vom LNB kommende und zur nächsten Antennen-Steckdose führende Koaxialkabel anzuschließen. Am Ende des Leitungsstranges ist eine Enddose vorzusehen. Der Fantasie, wie die Verteilanlage aufgebaut ist, sind kaum Grenzen gesetzt. Auch der Einsatz von Verteilern ist zulässig. Etwa, wenn in der Wohnung ursprünglich nur ein Antennen-Anschluss im Wohnzimmer vorgesehen war, man aber Sat-TV auch in weiteren Räumen nutzen möchte. Einzige Voraussetzung an den oder die Verteiler ist, dass diese den Strom ungehindert passieren lassen.

Unicable am Receiver

Nicht alle Receiver beherrschen Unicable und insbesondere Unicable 2. Davon betroffen sind zunächst ältere Boxen, etwa aus der Zeit von vor 2014. Boxen, die kein Unicable beherrschen, dürfen nicht an Einkabelanlagen angeschlossen werden, da sie als potenzielle Störquelle den Empfang an allen anderen angeschlossenen Receivern unbrauchbar machen würden. Aber auch neuere Modelle müssen damit nicht zwangsweise klar kommen. Davon können vor allem exotische Produkte betroffen sein, die sich oft nur auf das ursprüngliche Unicable verstehen, das maximal acht Receiver über einen Leitungsstrang versorgt.

Keine Probleme hingegen gibt es mit Enigma-Boxen. Also all jenen Geräten, auf denen zum Beispiel die OpenATV-Benutzeroberfläche läuft. Allerdings muss man wissen, wie man an ihnen Unicable 2 programmiert.

Warum geht nichts?

Unicable JESS, LNB Gerätetyp
©Auerbach Verlag/Thomas Riegler – Unter „LNB / Gerätetyp“ ist „Unicable / JESS“ auszuwählen. Darin enthalten ist auch die Unicable 2-Funktionalität

Aus Fehlern lernt man. Auch wir. So haben wir einen unserer Receiver an einer Unicable-2-Anlage angeschlossen und bei der LNB-Konfiguration für die Unicable-Versuche einfach eine neue LNB-Konfiguration angelegt. OpenATV erlaubt schließlich 64 solcher Konfigurationen und es ist grundsätzlich egal, ob wir für Astra die LNB-Konfiguration 1 oder 64 anlegen, so unser Gedanke. Zumindest müssten auf diese Weise unsere üblicherweise genutzten Konfigurationen nicht überschrieben werden.

Doch mit dieser Überlegung sind wir gründlich gescheitert. Das fing bereits damit an, dass in der Menü-Oberfläche nicht der von uns genutzte Unicable-2-LNB zur Auswahl angeboten wurde. Generell haben wir ausschließlich nur Unicable-1-Produkte mit maximal acht Userbands, kurz UB, in der Liste vorgefunden. Unter UB versteht man übrigens die Frequenzen, über die die Receiver über Unicable mit dem LNB kommunizieren und die gewünschten Transponder zugespielt bekommen. Mit einigen verfügbaren Einträgen haben wir Unicable 2 dennoch zum Laufen gebracht. Allerdings ausschließlich auf dem UB-Kanal 1. Auf die 23 weiteren Kanäle unseres LNBs konnten wir erst gar nicht zugreifen.

Richtig programmieren

Unicable 2 erfordert bei der LNB-Konfiguration zwingend, bei 1 zu beginnen. Nur so gelingt es uns, nicht nur unter „LNB/Gerätetyp“ die Option „Unicable / JESS“ einzustellen, sondern unter „Unicable Gerätetyp“ auch „Unicable-LNB“. Erst daraufhin können wir unter „Hersteller“ den die unter „Modell“ genannte genaue Type auswählen. Und tatsächlich werden nun unter „Kanal“ auch wirklich alle von unserem LNB bereitgestellten 24 Kanäle (SCR 1 bis 24) und in der Zeile darunter die ihnen zugewiesenen Frequenzen gelistet. Gerade die Kanal-Frequenz-Zuweisung ist wichtig, da es hier zwischen den einzelnen Herstellern sehr wohl Unterschiede gibt. Sie machen sich insbesondere über Kanal 8 bemerkbar. Jedenfalls gelingt nun der uneingeschränkte Zugang zu allen vom Unicable-2-LNB angegebenen Kanälen und wir können die Einkabellösung ohne jedwede Einschränkungen nutzen.

Stichwort Kanäle

Unicable Sat-Anlage
©Auerbach Verlag/Thomas Riegler

Bei der Vergabe der SCR-Kanäle eines Unicable-2-LNBs an die anzuschließenden Teilnehmer, gilt es zwei Punkte zu beachten. Zunächst einmal beinhaltet Unicable 2 auch alle acht vom ersten Unicable unterstützten Frequenzen. Es ist also abwärtskompatibel. Sollen in der Anlage auch ältere Boxen, die noch kein Unicable 2 beherrschen, angespeist werden, sind ihnen die ersten acht Kanäle SCR 1 bis 8 zuzuweisen.

Für Unicable 2 kommen Frequenzen ab etwa 1 000 MHz bis über 2 100 MHz zum Einsatz. Je höher die Frequenz, umso deutlicher macht sich die Kabeldämpfung bemerkbar. Sie ist längenabhängig und sorgt etwa dafür, dass bei langen Leitungen hohe Frequenzen mitunter nicht mehr ausreichend stark beim Empfangsgerät ankommen. Dieser Mangel tritt zudem mit zunehmendem Alter des Koaxialkabels vermehrt in Erscheinung.

Um dem entgegen zu wirken, sollte den entferntesten Teilnehmern des Kabelstrangs die tiefsten Frequenzen zugewiesen werden. Jene, die am nächsten zum LNB sind, würden dann mit höheren Frequenzen bedacht werden. Da die SCR-Kanäle nicht zwingend in aufsteigender Reihenfolge zugeordnet sind, gilt es, den den LNBs beiliegenden Kanallisten Aufmerksamkeit zu schenken.

Fazit

Unicable 2 bringt eine gravierende Erleichterung bei der Antennenkabel-Verlegung mit sich. Sie wird auf ein Minimum reduziert und hilft so auch Kosten zu sparen. Für Mehrteilnehmer-Anlagen bietet sich Unicable 2 auch deshalb an, weil diese ohnehin nur für Standard-Sat-TV-Anwendungen vorgesehen sind. Speziell bei Boxen mit FBC-Tuner ist Unicable heute schon unumgänglich. Die Technologie ist immer noch ein Wachstumsmarkt im leider schwächelnden Sat-Segment. Ein Unicable 2-LNB kann aber auch helfen, noch über Jahre bei bereits altersschwachen Antennenkabeln uneingeschränkten Astra-Empfang zuzulassen. Einfach, indem man alle Transponder über eine fix zugewiesene tiefe Frequenz übertragen bekommt.

Text: Thomas Riegler / Redaktion: Felix Ritter

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