Sat-Betreiber Eutelsat wegen Russland in der Zwickmühle

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Russland Fernseher, russischer Sender
©alexlmx via stock.adobe.com

Seit zweieinhalb Jahren hält der Ukraine-Krieg Europa im Bann. Damit verbunden sind auch Sanktionen der EU gegenüber Russland. Wieder einmal ist in diesem Zusammenhang der Satellitenbetreiber Eutelsat in die Schusslinie geraten.

Warum ist Eutelsat in den Fokus geraten?

Aktuell berät die Europäische Union über zusätzliche Sanktionen gegenüber Russland. In diesem Zusammenhang hat man sich noch einmal angesehen, welche russischen TV-Programme noch über westliche Satelliten ausgestrahlt werden.

Wir erinnern uns, dass bereits 2022 die Verbreitung mehrerer russischer Programme wegen der Verbreitung von Hetze und Unwahrheiten, so der offizielle Tenor aus Brüssel, über westliche Satelliten und im Kabel eingestellt wurde. Allem voran die Ausstrahlung des deutschsprachigen Ablegers von Russia Today, kurz RTD.

Werden noch russische Sender über Westsatelliten verbreitet?

Aber einige russische Sender sind nach wie vor auf dem auf 13 Grad Ost positionierten Eutelsat Hot Bird für uns mit geringem Aufwand frei empfangbar vertreten. Auf 11,034 GHz vertikal (27.500, ¾, DVB-S) finden wir gleich vier. Nämlich 8 Kanal International, TNT International Europe und Just TV.

TNT zählt zu den reichweitenstärksten TV-Sendern Russland. Auf 13 Grad Ost ist TNT International frei empfangbar

Wie gefährlich sind diese Sender?

Auf den ersten Blick handelt es sich bei diesen russischen Fernsehsendern um kommerzielle Kanäle. Doch anders als bei uns, befinden sich viele russische Privatsender quasi im Staatsbesitz oder der Staat kann direkt auf sie einwirken.

Das trifft etwa auf TNT zu, der einer der erfolgreichsten russischen TV-Sender ist. TNT ist der bedeutendste TV-Kanal der Gazprom Media, dem größten Medienunternehmen Russlands. Gazprom ist das weltweit größte Erdgasförderunternehmen und ist zur Hälfte im Besitz des Staates.

Sonderfall Perviy kanal Eurasia?

Auf 11,137 GHz horizontal (27.500, ¾, DVB-S) wird zudem Perviy kanal Eurasia ausgestrahlt. Er taucht in der Kanalliste als Eurasia Worldwide auf.

Genau genommen handelt es sich bei Perviy kanal Eurasia um den erfolgreichsten Fernsehsender Kasachstans. Allerdings lassen der Name und zu einem geringen Grad auch das Logo eine Verbindung nach Russland erkennen. Kein Wunder, schließlich ist der russische Perviy kanal Miteigentümer des kasachischen Senders. Der russische Perviy kanal ist nicht nur der meistgesehene russische TV-Kanal, sondern ist auch ein halbstaatlicher Sender. Nachdem der Perviy kanal Eurasia viele Programmelemente des russischen Perviy kanals übernimmt, ist es nicht ausgeschlossen, dass so zwangsweise auch russische Propaganda ins kasachische Fernsehen und somit über Hot Bird, auch zu uns gelangt.

Genau genommen ist Periy kanal Eurasia ein kasachischer Sender. Wesentliche Programmteile kommen aber aus Russland.

Ist da noch mehr?

Eutelsats Russland-Aktivitäten, wenn man sie so nennen darf, sind aber noch weitaus größer und viel komplizierter, als die meisten von uns vermuten. Trotz mehrerer längst in Kraft getretener Sanktionspakete werden nach wie vor viele der sanktionierten Sender über Eutelsat-Satelliten verbreitet. Dies stößt nicht nur den französischen Behörden auf, sondern auch der britischen Regierung, die seit der Fusionierung von Eutelsat mit dem britischen Unternehmen OneWeb eine nicht zu verachtende Beteiligung an Eutelsat erhalten hat. Geht es doch auch sicherzustellen, dass russische Propaganda nicht über die Hintertür durch westliche Steuergelder mit finanziert wird. Zudem wird auch seitens der Ukraine Druck auf Eutelsat ausgeübt und gefordert, die Ausstrahlung russischer Programme zu beenden.
 

Die Macht der Medien

Wie groß die Macht der Medien ist, wissen wir seit mindestens 90 Jahren. So gab es während des Dritten Deutschen Reichs nicht umsonst ein eigenes Propagandaministerium, das sehr genau darauf achtete, was die deutsche Bevölkerung wie zu lesen (Zeitung), hören (Rundfunk) und zu sehen (Kino) bekam. Längst wissen wir auch, dass die TV-Berichterstattung Wahlen stark beeinflussen kann und dass durch geschickte Wahl der Worte und Bilder, man könnte dazu auch Propaganda sagen, bestimmte Meinungen im Volk erzeugt werden. Es geht also um Stimmungsmache und die Verbreitung „geschönter Nachrichten“. Sie finden wir übrigens nicht nur in russischen Medien. Dafür gibt es viele Beispiele. Die Spitze des Eisbergs bilden da sicher nicht nur Nordkorea und der Iran…

8kanal ist ein weiterer russischer Sender, der über Hotbird frei empfangbar ist

Wo sind denn die vielen russischen Sender?

Die vielen russischen Sender finden wir auf der Orbitposition 36 Grad Ost. Hier versehen zwei Satelliten ihren Dienst. Nämlich Eutelsat 36D und Eutelsat 36C. Letzterer trägt auch die Bezeichnung Express AMU1. Nicht ohne Grund. Demnach zeichnet Russland zumindest für einen Teil der Transponder des gemeinschaftlich betriebenen Satelliten verantwortlich. Eine schwierige Situation, wenn aus einem Freund ein Feind geworden ist.

Welche russischen Programme sind auf 36 Grad Ost?

Auf beiden auf 36 Grad Ost positionierten Satelliten finden sich echt viele russische TV-Sender. Sie werden über zwei Pay-TV-Pakete verbreitet. Im Tricolor-Paket sind nicht weniger als 292 TV-Kanäle in SD, HD und UHD enthalten. Als Alternative steht der russischen Bevölkerung mit NTV Plus ein zweites Pay-TV-Paket mit 254 TV-Kanälen zur Verfügung. Keine Frage, dass darin neben den typischen Pay-TV-Spartensendern auch die üblichen landesweiten Vollprogramme enthalten sind, denen regierungsfreundliche Propaganda im teils ärgsten Stil, nachgesagt wird.

Wer kann diese Pakete empfangen?

Die Pay-TV-Pakete von Tricolor und NTV Plus werden über spezielle Russland-Spotbeams verbreitet, die zumindest im deutschen Sprachraum nicht bis kaum zu bekommen sind. Abgesehen davon sind ohnehin so gut wie alle Programme verschlüsselt und die Chancen an ein Abo zu kommen, dürfte ohne russische Verwandt- oder Freundschaft so ziemlich bei Null liegen.

Warum dann die Aufregung?

Tricolor und NTV Plus erreichen über 36 Grad Ost – und somit auch über Eutelsat – viele russische Haushalte. Damit hilft Eutelsat indirekt mit, dass die russische Propaganda auf die russische Bevölkerung einwirkt.

Würden die Ausstrahlungen beider Pay-TV-Pakete, soweit es in der Macht von Eutelsat steht, beendet werden, würden viele russische Haushalte in Sachen TV auf dem Trockenen sitzen. Das würde freilich einiges an Ärger hervorrufen. Am Ende könnte auch das dazu beitragen, der russischen Bevölkerung zumindest ein wenig die Augen zu öffnen.

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