Astronauten im Weltall sollen sich künftig mit PC-Spielen fit halten. Wissenschaftler der Uni Freiburg haben Spiele getestet, mit denen in der Schwerelosigkeit der Gleichgewichtssinn trainiert und der Muskelschwund bekämpft werden kann.
Playstation statt Laufband, Spiele spielen statt Hanteln stemmen: Astronauten im Weltall sollen sich künftig mit Computerspielen fit halten. Wissenschaftler der Universität Freiburg haben Spiele getestet, mit denen in der Schwerelosigkeit der Gleichgewichtssinn trainiert und der Muskelschwund bekämpft werden kann.
In den nächsten zwei Jahren soll die Technik erstmals auf der Internationalen Raumstation ISS eingesetzt werden, teilte die Hochschule am Freitag mit. Mit Spielkonsolen, die aus einem Gleichgewichtsbrett bestehen und die mit Körperkraft gesteuert werden, werden sich Astronauten körperlich fit halten können.
Der Freiburger Sportwissenschaftler Albert Gollhofer und seine Kollegin Ramona Ritzmann haben sich für die neue Technik in die Tiefe gestürzt – mit Parabelflügen. Dabei lässt sich ein Flugzeug in die Tiefe fallen, dadurch entsteht bei den Passagieren für kurze Zeit Schwerelosigkeit. Gollhofer und Ritzmann haben bei diesen Flügen die von ihnen entwickelte neue Fitnesstechnik für Astronauten am eigenen Leib getestet. Auch Ski-Olympiasieger Georg Hettich, der an der Freiburger Uni gerade seine Doktorarbeit schreibt, war dabei.
Das Problem: „Die bisherigen Trainingsmethoden reichen nicht aus, um negative Anpassungen des Körpers an die Schwerelosigkeit auszugleichen“, sagt Professor Gollhofer, der Leiter der Studie. Astronauten leiden im Weltall unter Muskelabbau, Knochenschwund und den Verlust des Gleichgewichts- und Bewegungssinns. Zurück auf der Erde können sie weder Laufen noch Stehen. Denn der menschliche Körper leidet unter der Schwerelosigkeit, verliert deutlich an Kraft.
Dagegen kämpften Astronauten bislang mit Krafttraining und sportlichen Übungen, beispielsweise auf dem Laufband. Doch dies ist unzureichend, sagen Mediziner. Deshalb forschen die Freiburger Wissenschaftler gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, der Europäischen Raumfahrtagentur Esa, dem Raumfahrtunternehmen Astrium in Friedrichshafen am Bodensee sowie einem Videospiel- und Konsolenhersteller.
„Die Spielkonsolen fordern den Astronauten intelligente Bewegungsabläufe ab, das Training im Weltall wird dadurch effektiver“, sagt Ritzmann. Im Gegensatz zum bisherigen Training werde der gesamte Körper in Bewegung gebracht. Es werden koordinierte Bewegungsabläufe trainiert, anstatt nur einzelne Muskeln aufgebaut. „Die Spiele erfordern vollen Körpereinsatz, Astronauten bleiben dadurch fit“, sagt Ritzmann. „Und es macht mehr Spaß, als einfach nur auf dem Laufband zu stehen.“
Das neu entwickelte Training schafft die Grundlage für lange Aufenthalte im Weltall, beispielsweise bei einem Flug zum Mars. „Zum Mars sind die Astronauten 500 bis 600 Tage unterwegs. Mit den herkömmlichen Trainingsmethoden ist das nicht zu machen“, sagt Gollhofer. Doch auch auf der Erde sollen Patienten vom in Freiburg entwickelten Videospiel-Fitnesstraining profitieren.
„Für Menschen, deren Körperkraft eingeschränkt ist, ist diese Trainingsmethode besonders geeignet“, sagt Ritzmann. Eingesetzt werden kann sie in der Rehabilitation nach Unfällen, Operationen und Krankheiten. Aber auch in der Sturzprävention bei älteren Menschen, für stark Übergewichtige oder für Menschen mit Hüftproblemen. [Dorothea Dörner/su]
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