UKW-Aus: Warum sind die Hörerverluste vor allem in der Westschweiz und Tessin dramatisch?

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Die SRG hat nach der UKW-Abschaltung massiv an Hörern verloren. Wir analysieren, warum die Hörerverluste in der Westschweiz und im Tessin dramatischer sind als in der Deutsch-Schweiz.

Wie berichtet, hat die SRG in der Schweiz nach der UKW-Abschaltung zum Jahreswechsel – zumindest temporär – viele Hörer verloren. Besonders dramatisch waren die Verluste in der Westschweiz (französische Schweiz) und im Tessin (italienische Schweiz). Hier hat die SRG 25 Prozent (Westschweiz) und im Tessin sogar 29 Prozent einge­büßt, während sie in der Deutsch­schweiz nur 18 Prozent an Reich­weite verloren hat. Nur ein Beispiel: Die Pop-Welle Couleur 3 musste in der Westschweiz den Verlust der Hälfte ihrer Hörer in Kauf nehmen. Doch warum ist das so?

Mehr Konkurrenz

Die Antwort könnte die Konkurrenzsituation liefern. Sowohl in der Westschweiz, vor allem der Genfer See-Region, aber auch im Tessin gibt es massive Konkurrenz durch einstrahlende Sender aus Italien und Frankreich. Diese sind ja nach wie vor über UKW verfügbar, genauso wie die regionalen Privatradios, die sich – anders als in der Deutsch-Schweiz – bisher nicht von UKW-Frequenzen getrennt hatten. Es ist also davon auszugehen, dass viele bisherige UKW-Hörer der SRG sich nicht etwa neue Radios zum DAB+-Empfang angeschafft haben oder Webradio hören, sondern nach der Abschaltung auf UKW einfach zu Konkurrenten aus dem In- und Ausland gewechselt sind, die nach wie vor analog-terrestrisch verbreitet werden.

In der Genfer See-Region strahlen einige französische Sender wie NRJ oder Nostalgie sogar regionale Fenster für die Schweiz aus. Kein Wunder, warum Privatradios mit Schweizer Lizenz wie Radio Lac, One FM oder LFM schon jetzt Angst vor dem Jahr 2026 haben. Denn dann müssen auch sie runter vom UKW-Band, während ihre französischen Kollegen munter analog weitersenden können. Daher kämpfen vor allem dort die Veranstalter um einen Aufschub der Abschaltung, da sonst massive Hörerverluste und damit finanzielle Einbußen drohen. Die jetzigen Hörerverluste der SRG in der Region könnten ihnen Rückendeckung geben.

Keine Spachbarrieren

Zudem gibt es für die Hörer in der Westschweiz und im Tessin keine Sprachbarrieren. Bis auf minimale, regionale Sprachunterschiede wird die gleiche Sprache gesprochen wie in den Nachbarländern Frankreich und Italien. In der Deutsch-Schweiz dagegen wird „Schwyzerdütsch“ als Umgangssprache gesprochen, und auch die Radioprogramme sind zum Großteil nicht in Hochdeutsch, sondern im Dialekt moderiert.

Hinzu kommt, dass in der Deutsch-Schweiz auch viele Privatradios schon ihre UKW-Sendernetze ausgedünnt und zahlreiche Frequenzen abgeschaltet haben. In einigen Bergregionen ist auf UKW somit nur noch Rauschen zu hören. Betroffene Hörer müssen also auf digitale Wege wechseln, um überhaupt noch Radio hören zu können.

Fazit: Der Umstieg von UKW auf digitale Wege kann nur funktionieren, wenn alle an einem Strang ziehen und es für Hörer gar keine Möglichkeit mehr gibt, zu Konkurrenten im UKW-Band zu wechseln. Das könnte auch den Radioveranstaltern, die in diesem Jahr und den kommenden Jahren in Schleswig-Holstein ihre UKW-Frequenzen abschalten (müssen), auf die Füße fallen.

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