Der niedersächsische Landtag hat am 20. Juni beschlossen, statt auf eine DAB-Plus-Verbreitung für das Radio zukünftig auf eine breitbandige Internetverbreitung, wie sie der neue 5G-Standard zukünftig bieten wird, zu setzten. Das treibt Peter Lepper, Gründer und Geschäftsführer der TechniSat Digital GmbH, regelrecht auf die Palme.
Der Digitalpionier aus Daun formulierte einen offenen Brief an Dr. Stefan Birkner, dem Fraktionsvorsitzender der FDP im Landtag Niedersachsen, dessen Partei den Antrag auf Verzicht der DAB-Plus-Förderung eingebracht hat:
Betreff: FDP jetzt auch Enteignungspartei?
Sehr geehrter Herr Dr. Birkner,
das scheint so zu sein, wenn auch zunächst „nur“ in Niedersachsen.
In Berlin ist es der Rot-Rot-Grüne Senat, der Hausbesitzer enteignen will. Beim Bund ist es der SPD Bundes- vorsitzende der Jusos Kevin Kühnert, der BMW enteignen möchte.
Irgendwie läuft bei der FDP Niedersachsen etwas falsch in Richtung DAB Plus.
Der niedersächsische Landtag hat am 19. Juni 2019 einen Antrag der FDP einstimmig angenommen, der die Förderung von DAB Plus beenden will. DAB Plus habe sich nicht durchgesetzt und sei Geldverschwendung und lediglich eine Übergangslösung.
DAB Plus gibt es in der BRD fast flächendeckend. Wenn es irgendwo Lücken gibt, dann in Norddeutschland. Durch DAB Plus hat Berlin eine noch größere Radiovielfalt bekommen. In Bayern ist die Radiovielfalt sogar noch viel größer dank DAB Plus.
Die niedersächsische Landesregierung werde nun aufgefordert die Beendigung von DAB Plus umzusetzen. In Deutschland höre man heute Radio noch immer zu 92% über UKW und nur etwa 10% der Rundfunkhörer nutzen DAB Plus – so die Behauptung.
Eindeutig mehr als 10% der Radiohörer nutzen DAB Plus. Selbst, wenn es „nur“ 10% wären, wären dies noch immer mehr Menschen als die, die die FDP wählen.
DAB Plus hat sich eindeutig durchgesetzt in Deutschland, der Schweiz, Norwegen und anderen Ländern. Auch in Österreich hat die Einführung von DAB Plus 2018 begonnen. Ebenso in Frankreich und in anderen europäischen Ländern. In Großbritannien ist DAB Plus bereits seit einer Dekade ein großer Erfolg. Der Bauer Verlag aus Hamburg betreibt in England über DAB Plus die meisten Privatprogramme.
5G kann kein vernünftiger Radioübertragungsstandard werden. Außerdem dauert es viele Jahre, bevor 5G flächendeckend vorhanden sein wird. Bis jetzt ist es dank der „grandiosen“ Politik noch nicht einmal gelungen LTE flächendeckend auszubreiten.
Internetradio kann eine Ergänzung sein, nicht aber die Radiobasis. Das kann nur DAB Plus schaffen. DAB Plus sorgt für Vielfalt. Alleine auch deshalb, weil es frequenzschonend dank der Möglichkeit der Gleichwellennetze ist und so die Senderanzahl größer als über UKW sein wird.
Die FDP in Niedersachsen will aber offensichtlich keine Radiovielfalt, sondern die großen Privat-Radio-UKW- Sender vor Wettbewerb schützen.
Wir hatten bislang geglaubt, dass die FDP eine liberale Partei ist, die auch die Wirtschaft – und hier auch den Wettbewerb – unterstützt.
Es gibt ein nahezu flächendeckendes DAB Plus Sendenetz in Deutschland. Sollen die Eigentümer der Sendeanlagen durch die FDP-Maßnahme aus Hannover sozusagen zwangsenteignet werden?
Sollen die Sender, gleich ob öffentlich-rechtlich oder privat, die über DAB Plus senden und nicht über UKW- Frequenzen verfügen, abgeschaltet werden und auf das neue „Radiowunder 5G“ warten?
Leider sind offensichtlich immer mehr Politiker/innen weltfremd. Die Wahl-Ergebnisse (und die Ergebnisse der Umfrage) der sogenannten Volksparteien sprechen Bände, aber sie sehen die geänderte Situation der Bevölkerung nicht.
Die meisten Politiker/innen sind weit weg von der Realität, sie wissen nicht, was die Bürger/innen bewegt.
Zurück zu DAB Plus: Soll der Staat aus Steuergeldern Entschädigungen an Sendenetzbetreiber zahlen und auch an die rausgeworfenen privaten Radioveranstalter? Und der nationale bundesweite öffentlich-rechtliche Rundfunk soll seine Reichweite wieder verkleinern?
Kennen Sie die Verordnung der EU, dass ab Ende 2020 in jedem Fahrzeug ein Autoradio auch eine terrestrische digitale Empfangsmöglichkeit eingebaut sein muss: sprich DAB Plus?
In diesem Jahr werden wiederum Millionen DAB Plus Empfangsgeräte in Deutschland verkauft.
Sie verunsichern den freien Markt mit ihren Beschlüssen, sind auf einem Enteignungswege und stützen – zumindest in Niedersachsen – private Radiomonopolisten.
Man kann nur sagen: Armer Norden, arme Politik. Hier gibt es offensichtlich weitgehend keine klare Sicht auf die Realität.
Nichts für ungut, Herr Dr. Birkner, aber die FDP kann man jetzt auch nicht mehr wählen. Es ist einfach nicht nachvollziehbar, dass die Politik auf Kosten der Steuerzahler Dinge nach vorne treibt, obwohl die rechtlichen Gegebenheiten dazu noch nicht geschaffen waren.
Warum hat der Bundesverkehrsminister Scheuer (CSU) das Urteil des Europäischen Gerichtshofes bezüglich der Maut in Deutschland nicht abgewartet? Jetzt muss er bzw. der Staat und damit die Steuerzahler Schadensersatzansprüche befriedigen. Unter anderem an die deutsche Firma CTS Eventim und die österreichische Firma Kapsch TrafficCom. Aber man wollte etwas durchsetzen, was man sich in den Kopf gesetzt hat auf Biegen und Brechen. So wollen Sie es jetzt in Niedersachsen mit DAB Plus machen. Machen Sie sich schon auf Schadensersatzansprüche verschiedener Seiten gefasst. Dann muss der Steuerzahler wieder zahlen.
Sie werden das Thema nicht gewinnen können. Auch nicht mit Brachialgewalt.
Mit freundlichen Grüßen
TechniSat Digital GmbH
Peter Lepper
Gründer und Geschäftsführer
PS: Wissen Sie, sehr geehrter Herr Dr. Stefan Birkner, Ihre Maßnahmen sind ein weiterer Beweis dafür, dass die Politik vom Boden abgehoben ist und nur noch ihre eigenen Pfründe sieht; offensichtlich in diesem Falle die der Privatradiosender Niedersachsen und ihre Eigentümer: überwiegend Zeitungsverleger.
Bis Ende 2015 waren wir einer der drei großen Radio- und Navi-System-Lieferanten des Volkswagen Konzerns. Wir haben bei TechniSat Digital in Dresden das VW System MIB 2 entwickelt. Natürlich mit DAB Plus Funktion („variabel einsetzbar“). Anfang 2016 wurde das Projekt auf Wunsch des Volkswagen Konzerns an einen Dritten verkauft.[fp]
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