Es heißt, je höher die Frequenz, umso schwieriger wird es mit dem Empfang in der Ferne. Demnach sollte man mit DAB+ ungleich schlechtere Karten haben, als mit UKW. Die Realität sieht etwas anders aus.
Was es braucht
Für Fernempfang braucht es, ganz allgemein gesprochen, vor allem eine freie Frequenz und einen Empfangsort mit großer theoretischer Sichtreichweite. Darunter versteht man im Wesentlichen, dass sich zwischen einem fernen Sender und dem Empfangsort keine nennenswerten Hindernisse befinden. Wohnt man im weiteren Sinne im Flachen oder im Hügelland eher weiter oben, hat man recht gute Karten in der Hand. Unter Berücksichtigung der Erdkrümmung sind mit tragbaren Radios Empfänge von bis etwa 100 km entfernten Sendern möglich. Mit leistungsstarker Dachantenne lassen sich, stark abhängig von der Topografie, auch bis etwa 150 km und mehr überbrücken.
Umso schlechter stehen die Chancen in Gebirgstälern. Da versperren die umliegenden Berge jegliche Sicht zu fernen Sendern. Dies trifft übrigens auf alle DX-Empfangsmöglichkeiten zu.
Stichwort Sendeleistung: Klar ist man bei leistungsstarken entfernten Sendern im Vorteil. Dennoch zeigt die Praxis seit vielen Jahrzehnten, dass bei einer freien Frequenz auch weit entfernte leistungsschwächere Stationen eine Chance haben.
Im Tal der Ahnungslosen
Die Region rund um Dresden hatte zu DDR-Zeiten nicht gerade den Ruf, eine gute Gegend für Westempfang zu sein. Einige DXer aus der Region beweisen beinahe täglich, welch faszinierende Empfänge hier auf DAB+ möglich sind. Digitalradio-Pakete aus dem gesamten NDR-Sendegebiet, Hessen und Bayern gehören, man kann sagen, zum Alltag. Wobei wir hier von überbrückten Distanzen von bis über 300 km sprechen. Vergleichsweise oft geht ihnen aber auch Digitalradio aus NRW und dem deutschen Südwesten, SWR und OAS, ins Netz. Und mit etwas Glück schaffen sie auch immer wieder Auslandsempfang. Zu ihren Highlights zählen Großbritannien, Frankreich (zum Beispiel Nizza) und Norwegen. Daneben erfreuen sie sich immer wieder auch am DAB+ aus Belgien, den Niederlanden, Dänemark und Österreich. Zu den absoluten Raritäten zählt Digitalradio aus Schweden. Wohl auch, weil im Lande bislang nur wenige DAB+-Senderstandorte in Betrieb sind. Neben „normalen“ Fernempfängen spielen hier auch Tropo-Überreichweiten eine Rolle.
Welche Antenne braucht es?
Weit entfernte Signale kommen üblicherweise ziemlich schwach. Mit der Teleskopantenne eines tragbaren Digitalradios ist man da chancenlos. Was es braucht, um schwache, ferne Signale aufzuspüren, ist eine große Antenne am Dach. Je höher und je größer, desto besser. Dies schließt auch die Installation von mehreren Antennen nicht aus. Diese können etwa zu einer Zwillingsantenne oder Vierergruppe zusammengeschaltet sein oder auf unterschiedliche Senderstandorte ausgerichtet sein. Einige Freaks arbeiten mit Rotoren, die es ihnen erlauben, die Antenne bei Fernempfängen exakt auszurichten. Oft wird auch mit Verstärkern gearbeitet, um das Letzte herauszuholen. Belohnt wird man mit einem erweiterten Angebot an Programmen, das weit über dem Ortsüblichen liegen kann.
Nachdem über Tropo empfangene DAB+-Signale in der Regel nur schwach bei uns ankommen, ist auch dafür eine große Antenne im Freien von Vorteil. Mit ihr steigt jedenfalls die Wahrscheinlichkeit, ferne Multiplexe zu hören. Schließlich sind Tropo-Bedingungen in unseren Breiten gar nicht so selten und erlauben überraschend oft Empfänge von rund 300 bis 400 km entfernten Senderstandorten.
Kanal 13
Bei uns wird DAB+ nur auf den Kanälen 5A bis 12D ausgestrahlt. In Dänemark, Norwegen, sowie vereinzelt in Italien kommen zusätzlich die Kanäle 13A bis 13F zum Einsatz. Gerade auf ihnen gelingt Skandinavien-Empfang am ehesten. Deshalb sollte man sie beim DXen jedenfalls auch im Auge behalten. Der automatische Sendersuchlauf unserer Digitalradios berücksichtigt die 13er-Kanäle ohnehin.
Zur Empfangbarkeit
Je größer die Distanz zwischen Sender und Empfänger ist, umso höher ist auch die Wahrscheinlichkeit von Signalstärkeschwankungen. In ihnen liegt auch die Ursache, weshalb verschiedene DAB+-Pakete aus benachbarten Regionen nicht ständig verfügbar sein müssen. Selbst bei Distanzen von nur 120 bis 140 km muss man im Laufe eines Tages ohne weiteres mit einer Schwankungsbandbreite von 6 dB oder mehr rechnen. Womit selbst hier die Leistungsfähigkeit der verwendeten Antenne bestimmt, ob man einen fernen Multiplex nur stundenweise oder rund um die Uhr hören kann.
Wie gut Tropo-Empfänge gelingen, hängt zunächst von der Großwetterlage ab. Sie kann unter optimalen Voraussetzungen über viele Stunden hinweg ortssenderähnliche Empfänge bescheren. Wobei ausgeprägte Tropo-Bedingungen über mehrere Tage für herausragende Empfänge sorgen können. Wie lange und mit welcher Qualität sie gelingen, hängt davon ab, wie lange etwa ein Wellenleiterkanal in der Inversionsschicht bestehen bleibt. Hier reicht, wie bei Tropo allgemein, die Palette vom gerade mal kurz die Kennung eingelesen bekommen ohne Audio bis zum stundenlangen, weitgehend störungsfreien Empfang.
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