Die Österreicher tun sich mit der Einführung des digitalen Radiostandards noch schwerer als die Deutschen. Bisher scheiterten die Versuche vor allem an der Verweigerungshaltung des ORF. Nun soll der Testbetrieb für DAB Plus endlich kommen – allerdings ohne die Branchenführer.
Österreichs Umstieg auf Digitalradio gestaltet sich noch zögerlicher als der deutsche. Während andere europäische Länder die UKW-Abschaltung schon mit festen Terminen auf den Weg gebracht haben, will man sich hierzulande nicht festlegen. In Österreich ist bisher noch nicht einmal der Pilotversuch für den digitalen Radioempfang angelaufen. Seit 2011 sind in diese Richtung unternommene Versuche immer gescheitert, nicht zuletzt an der Verweigerungshaltung des Marktführers in der österreichischen Radiolandschaft, dem ORF, der sich dem Testbetrieb seit Jahren entgegenstellt. Nun scheint allerdings Bewegung in die Entwicklung zu kommen: So twitterte der Verein Digitalradio Österreich am Sonntag, der sich die Etablierung von Digitalradio in dem Alpenland zum Ziel gesetzt hat, dass der Testbetrieb für den digitalen Radioempfang am 28. Mai im Großraum Wien starten werde.
Der Digitalradio-Testbetrieb war ursprünglich für den 15. April angesetzt gewesen, war aber nach dem Ausstieg der führenden Radiosender ORF und Kronehit auf unbestimmte Zeit verschoben worden. Ende März hatte der öffentlich-rechtliche Sender seine Beteiligung am Testbetrieb abgesagt. ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz hatte den Ausstieg in einem Brief an Gernot Fischer, Geschäftsführer des Verein Digitalrado Österreich, mit „rechtlichen Gründen“ gerechtfertigt.
Der ORF wollte ursprünglich mit einem an jüngere Hörer gerichteten Radioformat an dem Testbetrieb teilnehmen. Doch die Medienbehörde KommAustria hatte dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk die Veranstaltung des neuen Formates mit dem Titel „Ö3 Visual“ untersagt. Die Medienbehörde wehrte sich gegen diese Begründung des ORF, ein für den Testbetrieb veranstaltetes Programm hätte problemlos an den Start gehen können.
Auch Kronehit, Österreichs einziges bundesweites Privatradio, hatte sich von dem für April geplanten Testbetrieb zurückgezogen. Kronehit-Geschäftsführer Ernst Swoboda bezeichnet den Digitalradio-Empfang Mitte März im Interview mit der Tageszeitung „Der Standard“ als „Frontalangriff auf UKW“, der von der Elektrobranche initiiert sei und der die Gattung Radio „demolieren“ werde. Diesen Versuch wolle er nicht mittragen.
Nach dem Ausstieg der beiden Marktführer schien zunächst der Testbetrieb fraglich. Doch nun soll laut dem Verein Digitalradio Österreich der Testbetrieb für den digitalen Radioempfang endlich kommen – wenn auch ohne die beiden Brancenführer Österreichs. Die Aufbauarbeiten sind bereits in vollem Gange.
Währenddessen hat die österreichische Medienbehörde KommAustria ihr jüngstes Digitalisierungskonzept verabschiedet, das im Mai bereits in Kraft trat. In der alten Verordnung von 2013 war für den Geltungszeitraum keine Ausschreibung von Lizenzen für digitale Multiplexe vorgesehen gewesen. In der neuen Verordnung heißt es nun, dass „spätestens im ersten Halbjahr 2017“ der digitale Radioverbreitungs-Standard auf den Weg gebracht werden soll. Die Anzahl der technischen Plattformen, die dann ausgeschrieben werden, hängt von den Ergebnissen der Pilotstudie ab.
Auch die Position von Digitalradioradio-Verweigerern wird in der neuen Verordnung berücksichtigt: „Die betriebswirtschaftliche Entscheidung einzelner Hörfunkveranstalter von einer digital terrestrischen Verbreitung gänzlich Abstand zu nehmen, ist zu respektieren. Sie stellt aber keinen Grund dar, anderen Marktteilnehmern, die in DAB Plus eine zukunftsträchtige Technologie sehen, die Möglichkeit zu verwehren, entsprechende Geschäftsmodelle zu entwickeln.“[kw]
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