Ein offizielles Statement gibt es zwar nach wie vor nicht, aber dass die österreichische Kurzwelle derzeit ihre letzten Atemzüge erlebt, ist fix. Mit Ende 2024 wird der Betrieb des Kurzwellen-Sendezentrums Moosbrunn eingestellt werden.
Das Ende kam in Etappen und ist ein Spiegelbild dessen, dass die Kurzwelle nicht mehr in jenem Ausmaß benötigt wird, wie in der Vergangenheit.
Kurzwellen-Sendezentrum Moosbrunn
Für die Errichtung eines Kurzwellenzentrums wurde 25 km südlich von Wien ein 80 Hektar großes Areal in Moosbrunn erworben. Hier startete Ende 1959, vorerst noch im bescheidenen Ausmaß, der Sendebetrieb auf Kurzwelle. Dazu wurden die Kleinleistungssender aus Wien in einer Baracke auf dem Gelände aufgestellt.
In Folge wurde das Sendezentrum mehrfach erweitert. Es wurden mehrere große Rhombus-Antennen für den Überseeverkehr aufgebaut und bereits ab 1960 konnte man mit 50 kW senden. Ende des Jahrzehnts verfügte man in Moosbrunn über vier 100-kW-Sender.
Österreichischer Auslandsdienst
Während der Zeit des Kalten Krieges wurde die Kurzwelle von Ost und West vielfach für Propaganda genutzt. Österreich war und ist aber ein neutrales Land. Dem entsprechend hatte beim österreichischen Auslandsrundfunk die objektive und neutrale Berichterstattung oberste Priorität. Damit hatte er sich auch recht schnell international einen guten Namen gemacht und war von den Hörern in Nah und Fern geschätzt.
Gegen die objektive Berichterstattung des ORF auf Kurzwelle schienen sogar die damaligen Machthabern im Ostblock nichts auszusetzen gehabt zu haben. Jedenfalls wurde der österreichische Kurzwellendienst nie mit Störsendern angegriffen. Eine besondere Auszeichnung. Gut und ungestört bis weit nach Russland hinein hörbar zu sein, dieses Privileg hatten andere Auslandssender nicht. Auch die Deutsche Welle wurde regelmäßig gestört, damit ihr Empfang im Ostblock erschwert bis unmöglich wurde.
Wurde die Anlage noch erweitert?
Nachdem andere Länder viele 500-kW-Sender in Betrieb genommen hatten, wurde eine Aufrüstung auch in Moosbrunn fällig. Um sich im internationalen Wellenchaos auf Kurzwelle wieder Gehör zu verschaffen, wurden während der frühen 1980er-Jahre zwei 300/500-kW-Sender angeschafft. Weiter wurden eine Quadranten-, sowie eine große Doppelwand- und eine Drehstandantenne, errichtet. Damit war Radio Österreich international weltweit gut zu hören.
Ende auf Raten
2003 wurde Radio Österreich International eingestellt. Stattdessen wurde ein Sparprogramm auf Kurzwelle ausgestrahlt, das primär aus Ö1-Inhalten bestand. Wobei die Sendezeiten laufend reduziert wurden. Zuletzt gab es auf Kurzwelle nur noch das Ö1-Morgenjournal von 7:00 bis 7:30 Uhr. Selbst diese Ausstrahlung wurde mit 19. Oktober 2024 eingestellt.
Wie wurde Moosbrunn weiter betrieben?
Nachdem die Sendezeiten des ORF auf Kurzwelle laufend zurückgefahren wurden, konnten die nun frei gewordenen Sendezeiten an andere Anbieter vermietet werden. Zu den Kunden zählten unter anderem der BBC World Service und die Voice of Vietnam. Die Hauptkunden waren aber religiöse Stationen. Allen voran Adventist World Radio, kurz AWR, das am Ende das Sendezentrum Moosbrunn am Laufen hielt.
Warum wird Moosbrunn geschlossen?
Bereits im Sommer 2024 wurde bekannt, dass sich AWR mit 27. Oktober 2024 von der Kurzwelle zurückzieht. Nicht nur von Moosbrunn. Damit ist der einzige noch verbliebene Großkunde abhanden gekommen. Mit den primär aus Deutschland stammenden Kleinsendern, die nur gelegentlich Sendezeit buchen, lässt sich der Betrieb nicht aufrecht erhalten.
Was passiert jetzt?
Zu Jahresende wird das österreichische Kurzwellenzentrum Moosbrunn seinen Sendebetrieb einstellen. Weiter wurde bereits darüber beraten, wie der Antennenrückbau zu bewerkstelligen sei. Wobei eine Sprengung der großen Drehstandantenne angedacht ist. Einen genauen Zeitpunkt weiß man noch nicht. Gut möglich aber, dass dies eher während der kalten Jahreszeit erfolgen könnte. Wobei wir hier von 2025 sprechen.
Gibt es noch einen Hoffnungsschimmer?
Wie zu vernehmen war, sind die Pläne des knallenden Antennenrückbaus in Moosbrunn dem Generaldirektor des ORF, Mag. Roland Weißmann, zu Ohren gekommen. Dieser soll zu den Plänen gesagt haben: „Gesprengt wird nicht“.
Es könnte also sein, dass die Antennenanlagen weiter bestehen bleiben. Dafür spricht auch, dass sie nach wie vor voll funktionsfähig und sehr gut in Schuss sind. Sie werden bis Ende 2024 ja auch noch für Ausstrahlungen genutzt.
Obwohl sich längst sehr dunkle Wolken über dem Kurzwellenzentrum in Moosbrunn, übrigens eines der letzten dieser Art in Europa, zusammengebraut haben, gibt es zumindest einen kleinen Hoffnungsschimmer. Es wird also die nahe Zukunft weisen, ob und wie die Anlage gerettet werden kann. Selbst ein weiterer Sendebetrieb, wie auch immer der auch aussehen mag, könnte nicht ganz unmöglich sein.
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