Die deutsche Privatsender-Lobby hat den Sportinteressierten in Deutschland mit ihrer massiven Kritik an einem öffentlich-rechtlichen Digitalradio zur bevorstehenden Fußball-EM einen Bärendienst erwiesen. Der WDR hat am Freitagnachmittag aufgrund des wachsenden medialen Drucks angekündigt, die Pläne für das Projekt komplett zu begraben.
Der WDR verzichtet auf die geplante Ausstrahlung des ARD-Sportradios auf dem Digitalkanal Event“, hieß es in einer kurzen Stellungnahme. Damit sehe der öffentlich-rechtlichen Sender „die ins Kraut schießenden Spekulationen um angebliche Pläne für ein bundesweites Sportradio der ARD für beendet an“, verlautete die Programmdirektion. Noch am Morgen hatte WDR-Hörfunkdirektor Wolfgang Schmitz die Pläne verteidigt und Kritik als unbegründet zurückgewiesen (DIGITALFERNSEHEN.de berichtete).
Die geplanten Aktivitäten müssten von der Medienpolitik „ein klares Spielverbot“ erhalten, schimpfte VPRT-Vizepräsident und Radio-Regenbogen-Geschäftsführer Klaus Schunk in einer am Donnerstag verbreiteten Erklärung. Es sei blanker Zynismus, wenn der Westdeutsche Rundfunk ein entsprechendes Projekt öffentlich als „Förderung des Digitalradios“ deklariere, laut internen Papieren aber erfolgreichen privaten Sendeangeboten wie dem Fußball-Radio 90elf „etwas entgegensetzen“ wolle.
Zu empfangen ist „Event. Das ARD Sportradio“ im Digitalradio (DAB Plus) oder als Livestream übers Internet. Wolfgang Schmidt, WDR-Hörfunkdirektor, ist vom Sportradio überzeugt: „Wir glauben, dass wir wie schon bei früheren Großereignissen ein tolles Angebot für alle Sportfans machen.“, so Schmidt, „Wir wollen damit das Digitalradio befördern und etwas Innovatives für die Zukunft des Radios tun.“
Da das Sportradio auf Sportnachrichten und auch auf einzelne Sendungen aus den Programmen der Landesrundfunkanstalten zurückgreift und diese übernimmt, kann „Event. Das ARD Sportradio“ sehr kostengünstig produziert werden. Die bereits erstellten Beiträge werden noch einmal neu verwertet und durch Elemente wie Live-Moderationen und Call-Ins ergänzt. Auf der Agenda stehen aber auch Vollreportagen wie beispielsweise über Fußball-EM.
Dennoch betonte Schmidt, dass ein Sportradio trotz seiner Attraktivität für das Digitalradio nur ein Angebot auf Zeit sein könne. „Dafür fehlen die Voraussetzungen. Wir wollen aber schon genauer wissen, was unsere Hörerinnen und Hörer an so einem digitalen Angebot gefällt.“, erklärt der WDR-Hörfunkdirektor die Strategie. Um die Wünsche der Hörer zu ergründen, wird die Medienforschung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt das Projekt begleiten.
Die Europameisterschaft in diesem Jahr ist dabei keineswegs das erste Mal, dass die öffentlich-rechtlichen Sender mit einem besonderen Angebot über ein Großereignis des Sports berichten. Bereits 2006 nahmen sie die Fußball WM in Deutschland zum Anlass für ein solches Projekt.
Schunk stützte sich bei seiner Einschätzung laut eigener Aussage aber lediglich auf Medienberichte. Ob entsprechende Unterlagen tatsächlich existieren, ist nicht bestätigt. Trotzdem betonte der Privatsender-Vertreter, dass nicht die ARD das Digitalradio fördere, sondern die Gebühenzahler mit Sondermitteln aus der Rundfunkgebühr. Das widerspreche auch den Sparvorgaben der Gebührenkommission KEF.
Ursprünglich hatte der WDR geplant, zwischen dem 19. Mai und 8. Juli 18 Stunden täglich das bestehende Digitalradio-Programm „WDR Event“ umzuformatieren und Zuschauer über Fußball-EM, Leichtathletik- und Schwimm-WM sowie Tennis-Grand-Slam in Wimbledon zu informieren. Neben der Verbreitung über die bundesweite DAB-Plus-Plattform sollte der Audiostream auch via Internet empfangbar sein (DIGITALFERNSEHEN.de berichtete).
Wegen des geplanten Rückgriffs auf Sportnachrichten und einzelne Sendungen aus den Programmen der ARD-Landesrundfunkanstalten hätte das Zusatzangebot nach WDR-Angaben sehr kostengünstig produziert werden können. Die bereits erstellten Beiträge würden noch einmal neu verwertet und durch Elemente wie Live-Moderationen und Call-Ins ergänzt, hieß es vom Westdeutschen Rundfunk. Trotzdem sprach VPRT-Vizechef Klaus Schunk in seiner Kritik von einem „klaren Verstoß gegen den Rundfunkstaatsvertrag“ und einem „gezielten Angriff auf alle Privatradios in Deutschland“.
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