Zwar versorgt ein bundesweiter Multiplex den Großteil der Bevölkerung mit Digitalradio, dennoch steckt die Digitalisierung des Rundfunks in Deutschland gewissermaßen in den Kinderschuhen. Nach Meinung führender Radioexperten könnte der Umstieg auf DAB Plus allerdings mit dem Erlös aus der Frequenzauktion vorangetrieben werden.
Zwar ist der erste bundesweite Multiplex seit fast vier Jahren auf Sendung und ein Großteil der Bevölkerung kann inzwischen mindestens einen DAB-Plus-Multiplex empfangen, dennoch steht der Umstieg auf Digitalradio hierzulande noch am Anfang. Am 15. Juli diskutierten in Berlin auf dem Digitalradio-Kongress „DAB Plus in Europa“ Branchenvertreter darüber, wie sich der Digitalisierungsprozess in Deutschland gestalten lässt.
So sprach sich der Großteil der Radioexperten dafür aus, dass ein solcher Umstieg mit einer staatlichen Finanzspritze vorangetrieben werden könne. Dadurch würde den privaten Radioprogrammen der Umstiegsprozess erheblich erleichtert werden. Denn diese könnten Ausstrahlung und Investitionskosten nicht stemmen, wie Martin Deitenbeck von der Sächsischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM) betonte.
Eine mögliche Finanzierungsquelle sei dabei ein Teil der bei der Frequenzauktion vereinnahmten Gewinne, hieß es dabei sowohl von
Willi Schreiner, Geschäftsführer der DRD Digitalradio Deutschland GmbH, als auch von Gerd Bauer, Direktor der Landesmedienanstalt Saarland (LMS), sowie weiteren Branchenvertretern.
Bei der Versteigerung von Frequenzen für mobiles Breitband waren im Juni 5,1 Milliarden Euro erzielt worden. Über zwei Wochen hatten die drei größten Mobilfunkanbieter Deutschlands auf die durch den Umstieg auf den neuen terrestrischen Verbreitungsstandard DVB-T2 frei werdenden Frequenzen geboten. Nach anfänglichen zögerlichen Geboten war die Auktion doch noch in Fahrt gekommen, so dass am Ende sogar das prognostizierte Ergebnis übertroffen wurde.
Da die erzielte Summe aus dem Rundfunk stamme, sei es laut Jochen Fasco, Stellvertretender Vorsitzender der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten, nur rechtmäßig, das erzielte Geld mit der Förderung von DAB Plus erneut in den Rundfunk fließen zu lassen.
Am Montag hatte Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) nun über die Verteilung der Erlössumme informiert, die zwischen Bund und Ländern aufgeteilt werden soll. Ein wesentlicher Teil des Geldes soll dabei in den Breitbandausbau, insbesondere in Investitionen für Glasfaser, gesteckt werden.
Auf dem Digitalisierungskongress hatte Gerd Bauer, Direktor der Landesmedienanstalt Saarland (LMS), angemahnt, dass sich die Digitalisierung nicht im Breitbandausbau erschöpfen könne, sondern auch Vielfalt bedeuten würde, wozu auch der Hörfunk gehöre.
Alternativ hatten die Branchenvertreter die Mehreinnahmen aus dem Rundfunkbeitrag, die bisher auf einem Sperrkonto liegen, für eine alternative Finanzierungsquelle für den Umstieg auf DAB Plus vorgesehen. Norbert Holzer von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs für die Rundfunkanstalten (KEF) wies darauf hin, dass auch für UKW ein Teil des vereinnahmten Rundfunkbeitrags verwendet werde.
Klaus Schunk, Vorsitzender des Fachbereichs Radio- und Audiodienste beim Verband Privater Rundfunk und Telemedien e.V. (VPRT), beanstandete, dass das Geschäftsmodell der Privaten nicht durch den Umstieg auf Digitalradio beschädigt werden darf, vielmehr muss das Geschäftsmodell auch bei digitaler Verbreitung hundertprozentig gesichert werden. Bisher besteht die einzige Einnahmequelle der privaten Radioveranstalter im UKW-Empfang.
So wird hierzulande auch am 1. August noch die Gestaltung des Digitalisierungsprozess der Radiolandschaft diskutiert werden, wenn der Start des ersten bundesweiten Multiplexes sich zum vierten Mal jähren wird. [kw]
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