Und es wird mindestens noch einen 84. Jahrestag geben… : Die Ultrakurzwelle (UKW) war für die deutschen Radio-Hörer 1949 eine segensreiche Notlösung. Wann Websender und Digitalradio ihr gänzlich den Garaus machen, ist nach wie vor ungewiss.
Die Ultrakurzwelle wird in Deutschland 75 Jahre alt. Am 28. Februar 1949 – also fast drei Monate vor Gründung der Bundesrepublik – ging der erste UKW-Sender in München-Freimann auf Sendung. Einen Tag später wurde eine Anlage in Hannover in Betrieb genommen. „Weitere kamen in Hamburg, Stuttgart, Frankfurt, Kassel, Nürnberg, Würzburg und Köln dazu, sodass bereits Ende April 1950 rund 40 Prozent der Rundfunk-Hörer die Möglichkeit hatten, UKW-Sender zu empfangen“, erläutert die Branchenorganisation gfu – Consumer & Home Electronics in einem Rückblick.
UKW war Notgeburt und Glücksfall zugleich. Bis über den Zweiten Weltkrieg hinaus hatte die Übertragung per Mittelwelle und Langwelle die Radiolandschaft in Europa beherrscht. Nach dem Zusammenbruch des Nazi-Regimes hatten die Deutschen hier aber buchstäblich nur noch wenig zu melden. „Deutschland war Kriegsverlierer und wurde bei der Beratung und der Vergabe von Mittel- und Langwellen außen vor gelassen“, wie der Historiker und Kurator Florian Schütz der dpa 2020 anlässlich der Berliner Ausstellung „On Air. 100 Jahre Radio» sagte. „Dann hat man sich in Deutschland überlegt: Wir müssen einen technologischen Workaround finden, damit wir weiterhin über ausreichend Frequenzen verfügen. Und da hat man dann auf die Ultrakurzwelle zurückgegriffen, die es in technischen Versuchen schon gab, man aber noch nicht für öffentlichen Rundfunk eingesetzt hatte.“
UKW-Radio ist ein Auslaufmodell, nur wann Schluss ist, weiß noch keiner so genau
Auch wenn die geografische Reichweite der einzelnen Sender nicht sehr groß war: „Die Ultrakurzwelle bescherte dem Radio einen Qualitätssprung mit deutlich besserer Klangqualität“, so die gfu über die 50er Jahre. „Die UKW-Übertragung verwendet die sogenannte Frequenzmodulation (FM). Sie verbreitet die Radiosignale mit weniger Störungen und besserem Frequenzgang als die bis dahin auf Lang-, Mittel- und Kurzwelle verwendete Amplituden-Modulation (AM).“ Aber hier geht es natürlich um den Qualitätsanspruch der Adenauerzeit, nicht um das Heute. „Die neuen digitalen Radios ersetzen zunehmend die veraltete analoge UKW-Technik“, erklärte gfu-Geschäftsführerin Sara Warneke dieser Tage.
Die Statistiken sprechen eine klare Sprache: UKW-Radio ist auf dem Rückzug, wenn auch noch auf einem sehr hohen Niveau. 2013 war ein Gerät mit Ultrakurzwelle noch in 78,6 Prozent der deutschen Haushalte der meistgenutzte Radioapparat. Im vergangenen Jahr war das nur noch in 53,0 Prozent der Haushalte der Fall. Das besagen die „Audiotrends 2023“ der Landesmedienanstalten. „Gut ein Drittel hingegen nennt bereits einen digitalen Empfangsweg als meistgenutzten Zugang zum Radioprogramm“, steht in diesem Bericht zu lesen. Ganz genau sind es 34,4 Prozent. „Sofern es sich um einen Digitalhaushalt handelt, also ein Digitalradio vorhanden ist oder zumindest gelegentlich Webradio gehört wird, nutzt mehr als die Hälfte der Personen am häufigsten digitales Radio.“
Zukunft bis 2033 aber vorerst gesichert
Außerdem gilt UKW-Technik bei den Betreibern als vergleichsweise teuer. Die öffentlich-rechtlichen Sender – allen voran das Deutschlandradio – setzen daher zunehmend auf Digital. Das bundesweite DAB+ Netz wurde in den vergangenen Jahren kräftig ausgebaut. „Bestand es zum Start am 1. August 2011 nur aus insgesamt 27 Senderstandorten, so werden die drei Programme von Deutschlandradio mittlerweile von fast 150 Sendern auf der bundesweit einheitlichen Frequenz 5C ausgesendet“, erläutert die Senderfamilie auf ihrer Webseite. „Das bundesweite Netz versorgt aktuell gut 98 Prozent der Fläche in Deutschland mit mobilem Empfang.“
Der digitale Ausbau wird mit der sukzessiven Abschaltung von UKW-Sendern einhergehen. „Wir werden uns auf Dauer zwei terrestrische Verbreitungswege nicht leisten können. Die Zeichen stehen deutlicher darauf als noch vor zwei, drei Jahren“, prophezeite Deutschlandradio-Intendant Stefan Raue schon 2022 im dpa-Interview. Sein Credo: „UKW ist eine Energiefress-Maschine.“ Bleibt abzuwarten, ob die Ultrakurzwelle ihren 100. Geburtstag noch erleben wird.
Der Verband Privater Medien (Vaunet) begrüßt derweil die Absicherung der UKW-Verbreitung von ARD und Deutschlandradio bis 2033. Man ziehe als Schluss aus dem am Freitag vorgelegten Bericht der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF), dass die Länder mit dem für den Herbst geplanten Reformmedienstaatsvertrag Auftrag und Struktur für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten noch einmal konkreter festschreiben müssen, wenn sie eine nachhaltige Beitragsstabilität gewährleisten wollen.
Vaunet: „Ball für eine nachhaltige Beitragsstabilität liegt bei den Ländern“
Der Vaunet begrüßt die Ausführungen der KEF zu den erforderlichen Einsparungen der Rundfunkanstalten und die Anpassung des Abschmelzmodells für die Finanzierung der Distribution der Hörfunkprogramme von ARD und Deutschlandradio über UKW um 4 Jahre. Die ursprünglich für die Beitragsperiode ab 2029 vorgesehenen Einsparungen bei UKW werden damit frühestens ab der Beitragsperiode ab 2033 realisiert.
Marco Maier, Vorsitzender des Fachbereichs Radio und Audiodienste des Vaunet und CEO der FFH MEDIENGRUPPE: „Die aus der KEF-Entscheidung resultierende Absicherung der UKW-Verbreitung bis mindestens Ende 2032 ist eine weitsichtige und realistische Einschätzung zur weiteren Entwicklung bei den Verbreitungswegen des Radios. Sie entspricht den Marktanforderungen und der Einschätzung des VAUNET. Im dualen Rundfunksystem schafft die KEF damit auch auf privater Seite Planungssicherheit für den Verbreitungsweg UKW. Dennoch werben wir beim Thema UKW/DAB+ weiterhin für Technologieneutralität und die freie Entscheidung der Rundfunkanbieter für ihre Verbreitungswege. Hier darf nicht schon wieder die nächste einseitige Deadline für UKW geschaffen werden. Der Hörermarkt soll und wird das regeln. Nach wie vor sind die Verbreitungskosten im Simulcast durch die KEF-Entscheidung nur für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk geklärt, eine adäquate finanzielle Unterstützung der Privaten wäre ein wichtiger Schritt zu mehr Wettbewerbsgerechtigkeit.“
Claus Grewenig, Vorstandsvorsitzender des Vaunet sowie Chief Corporate Affairs Officer von RTL Deutschland: „Der KEF-Bericht unterstreicht die Bedeutung einer unabhängigen KEF auch für die Debatte um die Ausgestaltung des Auftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die die wesentliche Grundlage seines Finanzbedarfs ist. Der Ball für eine nachhaltige Beitragsstabilität liegt bei den Ländern. Nur ein noch konkreteres Nachjustieren des öffentlich-rechtlichen Auftrags kann hierfür die Voraussetzung schaffen. Eine neuerliche Steigerung der finanziellen Ausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks würde die bestehende Schieflage zu Lasten der unter erheblichem Marktdruck stehenden privaten Anbieter weiter verschlechtern.“
Zu den Ausgaben für Sportrechte betont der Vaunet die Notwendigkeit, die angebliche Deckelung im Rahmen einer Selbstverpflichtung durch die Rundfunkanstalten kritisch zu hinterfragen. „Wenn die KEF z. B. für 2022 enorme Kostenblöcke für den Sport im hohen dreistelligen Millionenbereich dokumentiert, stellt sich die Frage der Wirksamkeit von Selbstverpflichtungen“, so Grewenig. Diese waren das Ergebnis einer Beihilfe-Beschwerde des früheren VPRT (heute: Vaunet) bei der EU-Kommission.
Der Verband kritisiert schon länger die fehlende Transparenz der von den Anstalten und KEF veröffentlichten Zahlen für diesen Bereich. Grewenig: „In den Verhandlungen um Sportrechte haben die Privaten unverändert nicht den Eindruck, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk hier unter einem großen Sparzwang steht.“
[Christof Bock, bey]
Bildquelle:
- df-radio-sendemast: ©Eberhard via stock.adobe.com